Allgemein

Coronakrise: Deutschlands schwarze Null – jetzt ein Vorteil?

Bringt Deutschlands Politik der „schwarzen Null“ das Land nun in der Coronakrise in eine bessere Ausgangsposition als andere Länder?

Jahrelang wurde Deutschlands Austeritätspolitik kritisiert, zuletzt auch immer stärker vom IWF. Man solle endlich Schulden machen, um die Inlandskonjunktur anzukurbeln und um das Ungleichgewicht im Außenhandel endlich zu reduzieren. Deutschland hat es geschafft – ausgehend von der Finanzkrise mit einem Haushaltsdefizit über 80 Prozent – dieses bis auf knapp 60 Prozent zu reduzieren. Und damit in den Rahmen zurückzukehren, der für die Eurostaaten nach Maastrichtkriterien eigentlich vorgeschrieben wäre. In der jetzigen weltweiten Coronakrise um die Pandemie dürfte sich die deutsche Sparsamkeit als großer Vorteil erweisen.

Coronakrise: Covid-19 treibt die Verschuldung der Welt

Das Coronavirus hat die Wirtschaftswelt mit rasender Geschwindigkeit verändert. Etwa ein Drittel der Arbeitnehmer ist derzeit wegen der Coronakrise nicht in Beschäftigung. Lieferketten sind zusammengebrochen und Abermillionen Menschen sind die Einnahmen eingeknickt. Dies hat Regierungen und Notenbanken zu unglaublich riesigen Rettungspaketen veranlasst. Der Internationale Währungsfond weist in seinem gerade veröffentlichten „Fiscal Monitor“ auf die kommende Verschuldungsproblematik hin.

Für Deutschland bedeutet dies: Mehr als eine Billion Euro oder ein Drittel des Bruttoinlandsprodukts könnten die zur Verfügung gestellten Hilfspakete ausmachen. Dabei handelt es sich nicht nur um neue zusätzliche Schulden, sondern um Kredite, Garantien und Kapitalspritzen für die Wirtschaft, von denen einen Teil wieder zurückfließen wird. Im internationalen Vergleich liegt Deutschland damit weit vorne, denn die Hilfszusagen für die Länder Italien, Großbritannien und Frankreich betragen etwa 10 Prozent von deren Wirtschaftsleistung.

Der IWF kommt derzeit global auf bis zu 8,8 Billionen Dollar, davon sollen 3,3 Billionen Dollar für zusätzliche Gesundheitsausgaben, Steuererleichterungen und Zuschüsse für Kleinunternehmer betragen. Hinzu kommen 4,5 Billionen Dollar an Krediten und Garantien der Staaten für die angeschlagenen Firmen.

Das große Thema des gestrigen Tages war die neue Schätzung des IWF zu den Auswirkungen der Pandemie auf die Weltwirtschaft und die Verschuldung der betroffenen Länder. Man rechnet nun durch die Coronakrise mit dem größten Einbruch seit der Weltwirtschaftskrise in den 1930-er-Jahren. Abzusehen sei bereits jetzt ein Anstieg der weltweiten Verschuldung von seiner Quote von zuletzt 83 Prozent auf 96 Prozent bereits in diesem Jahr – eine vorläufige Prognose, denn niemand kann derzeit den weiteren Verlauf von COVID-19 prognostizieren. Ganz erheblich wird der Schuldenanstieg für Frankreich auf 115 Prozent und Italien auf sogar 156 Prozent zum BIP werden. Für die „Leading Nation“, den USA, geht es von ihren aktuell 23,7 Billionen Dollar Staatsschulden (108 % vom BIP) drastisch nach oben. Damit erweist sich die letzte Steuerreform, die bereits 2019 wegen der Steuerausfälle zu einem Schuldensprung geführt hat, als fiskalpolitisches Fallbeil inmitten einer Pandemie.

Vorteil Deutschland

Wie bereits erwähnt, war das Verschuldungsniveau Deutschlands nach der Finanzkrise von 80,6 Prozent bis jüngst knapp auf 60 Prozent Prozent zur Wirtschaftsleistung gesunken. Der IWF geht in seiner günstigen Prognose – für den Fall, dass nicht alle Maßnahmen und Kredite ausgeschöpft werden – von einem Anstieg der Verschuldung bis auf 69 Prozent zum BIP aus. Dies wäre ein Klacks im Vergleich zu anderen Ländern, von Japan erst gar nicht zu reden. Selbst wenn die Billion Euro überschritten würde, käme man gerade auf 80 Prozent, einem Niveau, wie man es nach der Finanzkrise 2010 erreicht hatte.

Daher gibt es nur zwei Länder, für die der IWF in seinem Report eine Erhöhung der Verschuldung für Gesundheit, Weiterbildung oder Infrastruktur vorgeschlagen hat – es sind die Niederlande und Deutschland.

Fazit

Wenngleich die Kritik an der schwarzen Null zu Zeiten niedrigster Zinsen bei gleichzeitig verfallender Infrastruktur und Mängel im Schulwesen durchaus gerechtfertigt war, zeigt sich in der Notsituation von COVID-19 der Vorteil einer vorherigen Sparsamkeit. Der Nachteil dabei: Der Druck anderer EU-Mitgliedstaaten wird angesichts der geringen Verschuldung der größten Wirtschaftsmacht in Europa zu ständigen Forderungen führen, Deutschland müsse in der Coronakrise seiner Verantwortung gerecht werden und Schulden für die Gemeinschaftsaufgabe „Pandemie“ schultern, etwa in Form von gemeinsamen Anleihen, wie Corona-Bonds.

Deutschland hat in der Coronakrise bessere Ausgangsbedingungen als die meisten anderen Länder



Kommentare lesen und schreiben, hier klicken

Lesen Sie auch

3 Kommentare

  1. schwarze Null kann ich kaum noch hören…der Staat spart wohl 40 Milliarden an Zinszahlungen ein…die müssten dann doch übrig sein :-), bei einer echten schwarzen Null

  2. sind ja auch übrig, es sind auch Mrd Euro übrig die für Infrastrukturprojekte u.ä. nicht abgerufen wurden ( liegt an der Bürokratie und den vielen Vorschriften )

    eigentlich ist es keine schwarze Null sondern eine 1 mit ganz vielen grünen Nullen hinten dran. Es gab die letzten Jahre Überschüsse.

    :))

  3. Tagesspiegel 14.1.2020

    „Immerhin hat sich beim Bund nun eine Rücklage von 48 Milliarden Euro angesammelt. Nimmt man nicht abgeflossene Mittel in Sondervermögen, Investitionsfonds oder nachgeordneten Etats dazu, dann wird man locker auf eine Summe von 60 bis 70 Milliarden Euro kommen, die quasi in der Hinterhand sind. Also etwa ein Sechstel des gesamten Haushaltsvolumens des Bundes. „

Hinterlassen Sie eine Antwort

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert




ACHTUNG: Wenn Sie den Kommentar abschicken stimmen Sie der Speicherung Ihrer Daten zur Verwendung der Kommentarfunktion zu.
Weitere Information finden Sie in unserer Zur Datenschutzerklärung

Meist gelesen 7 Tage