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Coronakrise: Kommt der große Boom im Jahr 2021?

Die aktuelle Coronakrise und die finanzielle Repression haben eine Sonderstituation geschaffen: Kommt der große Boom im Jahr 2021?

Die aktuellen Börsenkurse orientieren sich in der Coronakrise nicht an der nahen Zukunft, an einem harten Coronawinter infolge der großen Infektionszahlen, partiellen Lockdowns und dem nicht gleich wirksamen Impfschutz. Man erwartet aus monetären und auch verhaltenspsychologischen Gründen einen gewaltigen Aufholprozess in manchem Teil der Wirtschaft im Jahr 2021.

Boom nach der Coronakrise?

So auch meine Sichtweise in meinem gestrigen Artikel über den zeitlichen Horizont der Börsen. Jetzt schlägt auch der bekannte Historiker, Niall Ferguson, in dieselbe Kerbe, gleichzeitig warnt er auch vor einem deutlichen Anspringen der Inflation. Hier seine Aussagen dazu aus dem gestrigen Beitrag im „Handelsblatt“.

„Es wird eine Einkaufstour gigantischen Ausmaßes geben“

Der Professor von der Universität Stanford bringt seine Sichtweise auf die aktuelle Coronakrise gleich zu Beginn des Gesprächs auf einen Punkt.

Menschen werden ihr Verhalten nach Corona nicht ändern: „Auch zu Zeiten der mittelalterlichen Pest kehrten die Menschen immer wieder zu ihrem früheren Verhalten zurück – bis zum nächsten Ausbruch der Seuche. Das wird jetzt nicht anders sein.“

Hier auszugsweise seine Thesen zur Krise und deren Folgen:

Ökonomisch betrachtet wird die Coronakrise die stärkste, aber auch kürzeste Rezession sein, die es je gegeben hat. Nur etwa fünf Prozent unserer Volkswirtschaft (USA) mussten wir zum Stillstand bringen, um das Virus zu bekämpfen. Der Rest lief weiter. Obwohl der wirtschaftliche Schaden momentan groß ist, werden wir in 2021 das Schlimmste überstanden haben. Unterm Strich sind die ökonomischen Auswirkungen der Pandemie viel geringer als die Schäden nach der Finanzkrise 2008.
Zur Notwendigkeit der Staatshilfen: Der hohe Einsatz der Geld- und Fiskalpolitik, zum Beispiel in den USA, wird im nächsten Jahr zu Problemen führen. Die Inflationsrate wird schneller die Zielmarke von zwei Prozent überschreiten, als die US-Notenbank das erwartet.
Zur Sparrate der Amerikaner: Die US-Haushalte haben 2020 rund eine Billion Dollar zwangsweise gespart. Dieses Geld wird ausgegeben, wenn das nach der Coronakrise wieder möglich ist. Es wird eine Einkaufstour gigantischen Ausmaßes geben, und die Sparrate in den USA wird wieder auf ihr historisches Maß sinken.
Anmerkung: Aktuell 27,4 Millionen hungernde Amerikaner sind für die Gesamtökonomie und nach dem 5. Stimulus anscheinend nicht das große Problem.

Zur Reaktion auf einen Inflationsanstieg: Der kommende Boom 2021 wird die Strategie der Fed über den Haufen werfen. Die amerikanischen Zentralbanker wollten die Inflation etwas über ihren Zielwert hinausgehen lassen, um die Dürrejahre mit geringerer Inflation auszugleichen. Wenn jedoch die Inflationserwartungen zunehmen, wird auch der Druck auf die Notenbank wachsen, ihre Strategie zu ändern und früher als gewollt ihre Anleihekäufe zurückzufahren. Wenn Anleihen an den Finanzmärkten nicht mehr ohne Weiteres von der US-Notenbank aufgekauft werden, wird das den Dollar weiter schwächen. Wahrscheinlich wird es im zweiten Halbjahr 2021 dazu kommen.

Droht eine Schuldenkrise? Die Schuldenquote der USA wird deutlich über den Stand nach dem Zweiten Weltkrieg steigen. Das Haushaltsbüro des Kongresses sagt voraus, dass die steigenden Zinslasten und die wachsenden Sozialausgaben das gesamte Budget auffressen werden.
Aber die Zinsen werden doch niedrig bleiben: Es kann sein, dass die vom früheren US-Finanzminister Larry Summers prognostizierte säkulare Stagnation weiter anhält. Anders jedoch als nach der Finanzkrise wird sich die Wirtschaft jetzt nach der Coronakrise viel schneller erholen. Damit steigt auch das Zinsrisiko. Auch wenn niemand mehr das schmutzige Wort „Austerität“ in den Mund nehmen will, wird es ohne schmerzhafte Anpassungen der Fiskalpolitik nicht gehen.

Zum Einstieg von Präsident Biden: Entscheidend wird sein, ob die Demokraten die Stichwahlen für den Senat in Georgia Anfang Januar gewinnen können. Nur dann kann Joe Biden sein ehrgeiziges Wiederaufbauprogramm für die Wirtschaft umsetzen. Behalten dagegen die Republikaner ihre Mehrheit im Senat, bestimmt ihr Anführer Mitch McConnell die politische Agenda in den USA. Das würde die Biden-Regierung zur politisch schwächsten Regierung in den USA seit 1884 machen, als der Demokrat Grover Cleveland weder das Repräsentantenhaus noch den Senat gewinnen konnte. Bidens Pläne, die Staatsausgaben und die Steuern für die Reichen zu erhöhen, würden im Senat blockiert.

Also ein möglicher Fehlstart Bidens? Nicht unbedingt. Biden werde laut Ferguson von dem wirtschaftlichen Boom profitieren, der mit Beginn der Immunisierung nach der Coronakrise einsetzen wird. Die US-Wirtschaft kommt im Frühjahr vermutlich auch ohne eine große staatliche Konjunkturhilfe aus. Die Impfstoffe bringen die Wirtschaft auf Touren.

Zur Gesamtbeurteilung des Jahres 2020: Ich habe im Januar vorausgesagt, dass die Pandemie einen schweren wirtschaftlichen Schock auslösen und die Welt mehr als ein Jahr lang unter Dauerstress setzen werde. Das ist so eingetroffen. Die Zahl der Toten ist etwa mit der Mortalität durch die asiatische Grippe (H2N2) von 1957/58 vergleichbar. Es ist wichtig, dass wir das Coronavirus und die Coronakrise im historischen Kontext anderer Pandemien sehen. Nur dann kann man verstehen, was wir 2020 erlebt haben.

Zur historischen Einordnung der Pandemie: Wir sollten zum Beispiel im Kopf behalten, dass die Aids-Pandemie mehr als 30 Millionen Menschen das Leben gekostet hat. Das ist viel schlimmer, als Corona jemals sein wird. Das Covid-19-Virus wird es nicht unter die 20 schlimmsten Pandemien schaffen, die es je gegeben hat. Die schnelle Entwicklung der Impfstoffe wird dafür sorgen, dass die Pandemie Ende 2021 in den meisten Orten der Welt Geschichte ist. Und dann setzt die kollektive Amnesie ein, durch die wir auch frühere Pandemien schnell vergessen haben.

Dazu die Beurteilung der Regierungsmaßnahmen druch Ferguson: Die Lockdowns sind ein sehr grobes Mittel. Aber für viele westliche Länder gab es dazu keine Alternative, da die dortigen Regierungen es versäumt haben, die Pandemie frühzeitig und effizient zu bekämpfen, wie es etwa Ländern wie Taiwan und Südkorea gelungen ist.

Persönliche Anmerkungen

Die aktuelle Coronakrise hat mit der sowieso schon laufenden finanziellen Repression an den Märkten eine Sonderstituation geschaffen, für das die Volkswirte kein brauchbares Modell besitzen, auch nicht die in den Notenbanken. Deshalb setzt man auf die Wirkung des billigen Geldes und hofft so über eine kontrollierte Inflation aus der Verschuldungssituation herauszukommen. Auch unter Inkaufnahme von teilweiser Blasenbildung in Teilbereichen der Märkte (bei Einzelaktien, Tech, Nebenwerten und Immobilien) – von Anleihen erst gar nicht zu reden. Dass es gleich eine Aktien-Bubble wie 2000 sein soll, ist beim S&P 500 nicht zwingend gegeben. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt bei den für 2021 erwarteten Gewinnen bei 21,5, beim Dax sogar nur bei 15. Und dies bei dem weiter bestehenden Notstand, in dem weltweit immer noch über 30 Billionen Dollar an Anleihen mit einer negativen Realrendite notieren.

Das Jahr 2021 könnte zwar insgesamt ruhiger werden als 2020 mit seinen Frühjahrsturbulenzen im Gefolge der Coronakrise, Einbrüche dürften aber weiter kommen – und zwar ziemlich deutliche. Weil eben die Geldpolitik immer wieder rettend zur Seite stehen wird. Ungeachtet dessen ist ein Aufholprozess in der Wirtschaft aufgrund der Sehnsucht der Menschen nach Normalität sehr wahrscheinlich. Ob Restaurants, Hotels, oder Flugreisen. Wer sich an bestimmte Formen des „Luxus“ gewöhnt hat, wird diesen nach Zeiten der Entbehrungen wiederhaben wollen. In einer Konsumgesellschaft mit kurzen Lebenszeiten von Produkten (geplante Obsoleszenz) wird das sofort wieder in Wachstum münden. Wenn Geld da ist sowie die Sorge vor Verlust des Arbeitsplatzes schwindet, aber das zeigt die Sparrate in Deutschland (18 Prozent) und das disponible Vermögen in den USA (lt. Ferguson) – daran wird es nicht mangeln.

Der Knackpunkt ist meines Erachtens, wie schon oft erwähnt, eine trabende Inflation nach der Coronakrise, die eine Lawine ins Rollen bringen könnte!

Komtm nach der Coronakrise der große Boom?



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8 Kommentare

  1. Nun ja, da wird wohl zuviel Hoffung in den Impfstoff gesetzt. Wenn er zu 60% wirkt, wird das viel sein. Viele lassen sich ausserdem nicht impfen, Corona wird weiter seine Kreise ziehen und mutieren, vielleicht wird es viel gefährlicher. Vielleicht muss man den Impfstoff auch nach einiger Zeit vom Markt nehmen, da zu viele dran sterben und er zu wenig wirkt.
    Ich glaube nicht das die Pandemie zu bekämpfen ist, sie wird das System nach und nach zerlegen.
    Ich shorte den Markt auf dem Niveau für längere Zeit.

  2. Sie haben es schön beschrieben.
    Noch nie wurde die Austerität so mit den Füßen getreten wie dieser Tage.
    Noch nie fragten sich so viele Marktteilnehmer ob die redlichen, altbewährten Prinzipien ganz neuen Mechanismen weichen werden.
    Aber aufgepaßt. Die vermeintliche neue Börsenwelt könnte auch eine Falle sein. Wenn die konservativen Mahner ins Lager der Optimisten wechseln!
    Gelten die Gesetze von Mathematik, Physik und Vernunft nicht mehr in der neuen Welt unbegrenzter, unendlicher Gewinne?
    Wo ist eigentlich die grausame Seite der Börse geblieben? Kursstürze, jahrelange Stagnation der Kurse? Die zu den Gewinnen gehören wie die zweite Seite jeder Medaille? Muß das Ausbleiben nicht stutzig machen?
    Glauben wir plötzlich, daß die Tinktur, die der Quacksalber am Marktplatz unter dem Kirchturm verkauft wirklich ewiges Leben bietet? Wenn jetzt plötzlich alle aus dem Städtchen die letzten Goldstücke zusammenkratzen um noch eine Tinktur zu erhaschen bestätigt das nicht doch seine Wirksamkeit?

  3. @Jürgen

    Seite ca. 80 Jahren gibt es Impfungen. Zu 99,99% ein Erfolg, schwere Nebenwirkungen sind Raritäten.
    Man sieht keine durch Kinderlähmung verkrüppelte Menschen mehr.
    Ausgerechnet dieser Impfstoff soll jetzt gefährlich, tödlich, schlimmer als Covid selbst oder wirkungslos sein?
    Eher unwahrscheinlich, oder?
    Für eine laute Minderheit in den sozialen Medien ist einfach alles schlecht: Masken, Lockdowns, Tests, Impfungen, Virologen, Ärzte…
    Diese Minderheit bietet keine Lösung an, sie „glaubt, daß sich das System nach und nach zerlegen wird“ und freut sich darauf. Desperado-Mentalität!

  4. Der Glaube an die universelle, ganz grosse Methode die alle Probleme lösen wird, hatten früher schon die Alchemisten, spater dann die Physiker mit ihrem Perpetuum-Mobile, und heute im Jahrhundert der Wissenschaft glauben nun ein paar Notenbanker und ihre Seilschaften, die allumfassende Lösungsmethodik mit der Gelddruckmaschine und Eigentumsumverteilung gefunden zu haben. Ob da vielleicht ein nachträglicher Intelligenztest noch den kommenden Leidensdruck noch etwas entschärfen könnte?

  5. @ Columbo. Zuerst die Pandemie schöngeredet, dann 180 Grad Wende, jetzt werden die Gefahren des Notfall- Schnellschuss- Impfstoffes verniedlicht. Wenn es schlecht läuft könnten sie dann auch noch die Folgen schönreden. Sie wären dann dreimal grossartig danebengelegen. Für einen Arzt? , der Andere in dieser Sache auch schon als Laien taxierte eine sehr rühmliche Angelegenheit.
    Die Aussage, dass 99,9% der Impfungen problemlos waren , bezieht sich doch eher auf vergangene Impfungen mit Langzeittests und nicht auf Notzulassungen.
    Dass z.B. nur 46% der Franzosen impffreundlich sind rührt daher, dass sie einige schlechte Erfahrungen mit Medikamenten machten.
    Herr Columbo, sie wollen etwas WAS NIEMAND weis einfach besser wissen.Ihre früheren Einschätzungen bestehen die Langzeittest auch bei weitem nicht.

  6. Die Pandemie ist lediglich ein Brandbeschleuniger. Nehmen wir das letzte Quartal von 2019 als Benchmark, dann wird klar wohin die Reise geht. China produzierte schon in 2019 mehr deutsche Autos als in Deutschland produziert wurde. Ich gehe davon aus, dass sich dieser Trend verstärken wird, mir erheblichen Auswirkungen auch auf die Zulieferer. Das neue freihandelsabkommen das China auf den Weg gebracht hat, wird diesen Trend (Verlagerung der Produktion) erheblich verstärken. Nicht anders geht’s dem Maschine-und Anlagenbau. Freuen können sich also die fff-kits sowie die Technologienblockierer. Corona selbst ist eine Episode an die bald niemand mehr denken wird. Da sie die wirtschaftliche Verschiebung nach Asien beschleunigt habe wird, sind die Konsequenzen letztlich erheblich.

  7. Soeben am Radio gehört, in England sei eine neue Variante des Virus aufgetreten.Holland macht die Grenze zu England dicht.Für die Impfstoff und Börsen-Optimisten gibet es neue Argumente für steigende Börsen.

  8. @Wirrologe

    Intelligente Menschen ändern ihre Meinung, gelegentlich auch um 180 Grad. Warum nicht? Je anpassungsfähiger die Spezies, desto besser ihre Überlebenschance, sagt uns die Entwicklungsgeschichte. Aber das wissen Sie sicher, trotz Ihres Nicknamens.
    Und noch etwas Herr Wirrologe: Ich sprach nie von besser Wissen, sondern von Wahrscheinlichkeiten.
    Sind Sie auch einer dieser Desperados, die prinzipiell gegen Alles sind, keine Lösung haben und sich freuen, wenn „sich das System endlich zerlegen wird“?

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