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Coronakrise: Rekordjahr für deutschen Konsum – trotz Pandemie!

„Wir könnten die Schöpfer unseres Schicksals werden, wenn wir aufgehört haben, als seine Propheten zu posieren.“ Über das deutsche Konsumwunder in der Coronakrise

Das Jahr 2020 wird in jedem Fall in die Wirtschaftsgeschichte eingehen: Die Pandemie um Covid-19 hat zu einem Lockdown geführt, damit zur Coronakrise mit weltweit bis zu vier Milliarden Arbeitnehmern in temporärer, häuslicher Quarantäne. Mit einem Wirtschaftseinbruch auf kurzer Sicht, für den es keine Modelle in volkswirtschaftlichen Aufzeichnungen gibt, mit V-förmigen Erholungen von Börsen, aber auch mit steigenden Wirtschaftsindikatoren – immer gemixt mit der Unsicherheit, dass es wieder nach unten gehen kann. Oder dass in manchen Branchen die Erholung bis zum Ausgangsniveau von vor der Coronakrise jahrelang dauern kann. Deshalb wurde von dieser Seite ständig darauf hingewiesen, dass so ziemlich alle Experten im Nebel stochern (müssen). Liegen nicht Luftfahrt- Kreuzfahrt- , und Veranstaltungsindustrie tief im Rezessionsbereich, während Hightech boomt – aber auch der Konsum, wie neueste Daten aus Deutschland zeigen.

Das HDE-Konsumbarometer für September und die Coronakrise

Das aus einer repräsentativen Befragung von Verbrauchern entstehende Konsumbarometer des Handelsverbandes HDE ist im Monat September ein weiteres Mal gestiegen, allerdings nur sehr moderat um 0,2 Punkte auf 98,34 Zähler. Es war der vierte Monatsanstieg in Folge, übrigens wie auch beim Ifo-Geschäftsklimaindex. Wenn man jetzt noch die neuen Daten des Ifo-Instituts zur Beschäftigungslage subsumiert, in denen ein weiterer Rückgang der Kurzarbeit und erste Ansätze für Neueinstellungen prognostiziert werden, so kann man eigentlich nur zu einer ungewöhnlichen Schlussfolgerung kommen:

Das Problemjahr 2020 wird zu einem weiteren Rekordjahr für den Einzelhandel! Und das trotz Coronakrise!

Denn, so unglaublich es auch klingen mag: in den ersten sieben Monaten des Jahres haben Einzelhändler bereits mehr als 2,6 Prozent mehr umgesetzt als im Rekordjahr 2019. Natürlich gepusht durch den Internet- und Versandhandel, der 20,4 Prozent mehr als im letzten Jahr umgesetzt hat und das große Minus des Einzelhandels in den Städten ausgleicht. Aber während es der Textil-, Bekleidungs-, und Lederwarenbranche in der Coronakrise richtig schlecht geht, haben Einzelhändler mit Lebensmitteln, oder Tabak auch um 5,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr mehr umgesetzt. Bei allen Zahlenspielen sollte man eines nicht außer Acht lassen: Auch Deutschland ist eine Konsumökonomie, zwar nicht mit einem 70-prozentigen Anteil am BIP wie in den USA, aber immerhin mit einer 50 Prozentquote am Bruttoinlandsprodukt, Tendenz steigend.

Die Konjunkturprognosen für 2020

Auch wenn die Coronakrise viele Branchen noch am Boden hält, ist jetzt, nicht einmal mehr vier Monate vor dem Jahresende, zu registrieren, dass die Frühjahrsbefürchtungen für die Konjunktur des Jahres 2020 in Deutschland deutlich zu pessimistisch ausgefallen waren. Wenngleich man in der damaligen Gemengelage kaum zu halbwegs positiven Prognosen kommen konnte. Waren die Prognosen für das Gesamtjahr in dieser Periode zunächst noch im zweistelligen Minus-Prozentbereich angesiedelt, sprach man bald von sieben Prozent, gefolgt vom Gutachten der Bundesregierung mit minus 6,3 Prozent, zuletzt die Revision auf 5,8 Prozent – und jetzt gibt es schon aktuelle Schätzungen von Ökonomen von einem Jahresminus mit minus 4,5 Prozent. Aufgrund des deutlichen Wachstums im dritten Quartal. Die gesamte Ökonomenzunft ging bisher von der größten Rezession in Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg aus, das bisherige Maximum brachte die Finanzkrise 2009 mit minus 5,7 Prozent.

Fazit

Wer glaubt, irgendwie im wirtschaftlichen Tollhaus zu sitzen, dürfte im Jahr 2020 gar nicht so falsch liegen. In der Coronakrise ist so vieles passiert, was man vor diesem Jahr nicht für möglich gehalten hatte – mit einem noch nie dagewesenen Lockdown und einem entsprechend schrecklichen Quartals-Minus (Q2), noch nie gesehenen globalen Niedrigzinsen, den größten jemals erlebten Rettungspaketen und einer Wirtschaft, die sich in vielen Bereichen rasant schnell erholt.

Bisher – und dies ist aus finanzmathematischen Gründen eigentlich gar nicht anders möglich: Wenn eine Ökonomie „Par Ordre du Mufti“ stillgelegt wird, muss es in Bälde zu einem überproportionalen Aufschwung kommen. Die Frage ist nur, wie stark dieser ausfallen wird. Für das jetzige Umfeld gibt es keine Blaupause. Nach wie vor schwebt die Frage im Raum: Was wird SARS-CoV-2 in den nächsten Monaten an medizinischen, wirtschaftlichen und vor allem psychologischen Effekten auslösen, seitens der Politik und der Verbraucher? Es ist das ewige „Mysterium Wirtschaft“, die aktuellen Konsumdaten sind wieder so ein Beispiel. Das gilt um so mehr in der Coronakrise. Wieso ist es ganzen Legionen von Volkswirten noch nicht gelungen eine Rezession seriös vorherzusagen? Vielleicht sollte man sich hin und wieder den Spruch des bekannten Philosophen Karl Popper zu Gemüte führen: „Wir könnten die Schöpfer unseres Schicksals werden, wenn wir aufgehört haben, als seine Propheten zu posieren.“

Und die Börsen? Eigentlich sollten die Börsen den Fundamentalfaktoren der Wirtschaft folgen. Eigentlich, jedoch gibt es dort derzeit ein paar Sonderfaktoren, aber dies ist wiederum eine andere Geschichte.

Trotz Coronakrise erlebt der deutsche Einzelhandel insgesamt ein Rekordjahr



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1 Kommentar

  1. Dazu muss man sagen das 17-20 Billionen Dollar welweit ins System bzw. an die Börse geflossen sind. Ohne die neuen Schulden sähe es ganz anders aus.

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