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Coronakrise und das Sparverhalten der Menschen

Die Volkswirtschaften taumeln rund um den Globus in der Coronakrise. Notgedrungen halten sich die Menschen mit ihren Konsumausgaben zurück. Sei es aus Gründen der Einkommenseinbußen oder aus dem Umstand, dass bestimmte Formen des Shoppings in Zeiten der Sicherheitsmaßnahmen wegen Covid-19 einfach weniger Freude bringen. Aber wie verhält es sich eigentlich mit dem Sparverhalten der Menschen in diesen Zeiten? Gibt es ein Umdenken in deutschen Landen?

Das Geldvermögen der Deutschen und die Coronakrise

Trotz der Konzentration des Gesamtvermögens der Deutschen auf das obere Zehntel, „die oberen Zehntausend“, hält in der Breite der Bevölkerung ein Trend an: Man misstraut der „riskanten“ Aktienanlage und spart vorwiegend in kurzfristigen und „sicheren“ Bankeinlagen. So stieg das Geldvermögen der Deutschen innerhalb der letzten fünf Jahre von 5,36 auf 6,46 Billionen Euro, knapp 40 Prozent davon in Form von Bargeld und Bankeinlagen.

Zum Vergleich: Der Wert aller deutschen Dividendentitel im DAX, M-Dax, Tech-Dax u.s.w. beträgt gerademal um die zwei Billionen Euro und davon befindet sich ein erheblicher Anteil auch noch in ausländischen Händen.

Obwohl die Zinsen bereits seit 2012 oft real unter null liegen und seit 2016 permanent, ignoriert man den schleichenden Kaufkraftverlust. Seit 2012 ist dies ein dreistelliger Milliardenverlust, egal welche Schätzung man zu Rate zieht.

Eine Umfrage des Bankenverbandes ergab, dass 53 Prozent der Sparer nicht bereit sind, für eine höhere Rendite ein größeres Risiko einzugehen. Diese Einstellung vererbt sich anscheinend von Generation zu Generation. Nach einer Berechnung der ING Deutschland hat sich das Finanzvermögen der Bundesbürger in den letzten 20 Jahren glatt verdoppelt – was aber nicht an den üppigen Zinsen lag, sondern daran, dass man einfach die Sparrate erhöht hat, insbesondere nach Krisen (das dürfte in der Cornakrise nicht anders sein!). Seit 2014 sei jeder zweite Spar-Euro in Bankeinlagen geflossen. Mit real unangenehmen Folgen, schließlich schlägt die Geldentwertung in jedem Jahr mit ein bis zwei Prozent zu. Auch wenn die Geschichte von negativen Realzinsen nicht wirklich neu ist – in den vergangenen Jahrzehnten gab es immer wieder solche Phasen, allerdings verschleiert durch positive Zinssätze – so gibt es derzeit kein Entrinnen.

Die besondere Lage in den USA

Im Gegensatz zu den Deutschen legen die Amerikaner nicht so viel zur Seite, die Sparquote betrug jahrelang um die sieben Prozent. Allerdings sind einer Studie der Notenbank zufolge fast die Hälfte der Bevölkerung nicht einmal in der Lage 400 Dollar für Ersatzbeschaffungen oder Reparaturen aufzubringen. Da müsste man eigentlich bei derzeit über 41 Millionen Arbeitslosen das Schlimmste befürchten. Aber die wöchentlichen Schecks von 600 Dollar pro Woche durch die US-Regierung sorgen für eine Sondersituation: Niedriglöhner mit mehreren Jobs haben derzeit mehr in der Tasche als vor der Coronakrise.

In den USA ist im April die Sparrate sprunghaft auf 33 Prozent gestiegen, es ist der höchste je gemessene Wert seit man diesen Wert ermittelt – in den 1960-ern. Die bisher höchste Quote stammt aus dem Mai 1975 mit 17,3 Prozent.

Anscheinend spart der Durchschnittsamerikaner einen Teil der Summe, den er von Seiten des Staates erhält für die kommende Zeit oder er zockt am Aktienmarkt, wie es Markus Fugmann kürzlich in einem Video dargestellt hat.

Coronakrise: Italien sorgt sich um seine Sparer

Eine ebenso ungewöhnliche Situation für Sparer ergibt sich derzeit in dem sehr durch die Coronakrise gebeutelten Italien. Das italienische Finanzministerium hat in der letzten Woche eine Anleihe aufgelegt, die eine Positivrendite von 1,4 Prozent oberhalb der Inflationsrate garantiert – Laufzeit bis Mai 2024. Der Umfang der Emission lag auf rekordverdächtigem Niveau von 22 Milliarden Euro, gezeichnet von Privatanlegern und Institutionellen. Dieses Papier ist für den Staat damit erheblich teurer, als man es über den ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus) hätte haben können, wahrscheinlich um die 1,6 Milliarden Euro bis Laufzeitende. Ein eindeutiges Geschenk für italienische Sparer, denn Ausländer kamen nicht zum Zuge.

Fazit

Egal ob Coronakrise oder andere Krisen, ob die Zinsen hoch oder niedrig sind: die Deutschen sind und bleiben Geldsparer. Sinken die Zinsen, erhöht man, wenn man es kann, ganz einfach die Sparrate. Solange der Nominalbetrag nicht schrumpft und der Normalverbraucher den realen Verlust nicht auf seinem Kontostand sieht. Aber was wird passieren, wenn das Sparen Verluste einbringt? Aus unzähligen Untersuchungen der Psychologen weiß man, dass Verluste in unserem limbischen System (dem Gefühlszentrum) sehr viel mehr schmerzen, als Gewinne Freude bereiten, der Fachbegriff ist Verlustaversion. Wird es in Deutschland nach der Coronakrise eine Umorierentierung in riskantere Anlageformen geben? Schnell bestimmt nicht, allerdings gab es auf dem Höhepunkt der Coronakrise bei der ING Deutschland anscheinend Rekordzahlen bei den Abschlüssen von Sparplänen auf Fonds und ETFs. Das niedrige Kursniveau hatte nicht wenige zu diesem Schritt animiert. Geworben wird für die Aktienanlage in unzähligen Artikeln auf Wirtschaftsseiten der Zeitschriften sowieso und auch in vielen Fernsehbeiträgen. Mal sehen, ob daraus ein Trend wird, die Zinsen dürften so schnell nicht steigen, aus ebenfalls x-fach dargelegten Gründen.

Auch in der Coronakrise wird fleißig gespart



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3 Kommentare

  1. Mittelmeeranrainer der EU:

    – Renteneintritt mit 60
    – Rentenhöhe im Verhältnis zum letzten Gehalt: Deutlich höher als in D
    – Lebenserwartung: Höher als in D
    – Privatvermögen: Doppelt so hoch wie in D
    – Krankmeldungen: Da schleppt sich keiner halb Tod zur Arbeit
    – Lebensfreude (ein für Deutsche nicht erklärungsfähiger Begriff)
    – Das Wetter und das Essen sind besser.

    Deutschland:
    – das Land der Schlauen

    Finde den Fehler.

    1. @THINKSELF, vielleicht darf ich Dich gedanklich supportieren, auch wenn es etwas gewagt ist in diesem Rahmen.

      Die Erklärung dürfte a. bei den langjährig höheren Durchschnitts-Temperaturen mediterraner Länder liegen wie bei den höheren Werten bei der Einschätzung der persönlichen Erscheinung des Einzelnen was zusammen eine Verschiebung des Verhaltens bei sozialen Kontakten, dem Freizeitverhalten, der Werteordnung zur Folge hat. Um das zu verstehen muß man vielleicht 3 mal lesen.

      Man sucht das wo der größte persönliche Gewinn vermutet wird.
      In den feucht-kalten germanischen Wäldern sicherten eher Bodenständigkeit und Vorsorge die Existenz. Andere Prioritäten prägten das Verhalten. Gutes Aussehen z. B. wurde eher als Störfaktor eingeordnet, eine Verleitung zur Sünde. Ein starker Rücken und kräftige Beine für die Feldarbeit dagegen wurden sehr positiv bewertet.

      Auch in modernen Zeiten lassen sich die Jahrtausende alten Verhaltensformungen nicht einfach abschütteln.
      Allerdings gilt es als unfein sich über diese Dinge auszulassen, selbst wenn es mit wissenschaftlich einwandfreier Methodik erfolgte und selbst wenn da was dran wäre was Du da sagst.

      So komme ich wieder auf den Artikel von Wolfgang Müller zurück. Es gibt Unterschiede z. B. im Anlageverhalten. Das darf man noch sagen. Aber Deine Erklärungsversuche …, schwierig, schwierig.

      1. Puh, und ich dachte Sie halten mir jetzt meine pauschalisierenden 60 Jahre vor, da z.B. die Italiener doch erst mit 62 in Rente gehen (das ist Ironie!).

        Aber Spaß beiseite. Ich teile das Fazit von Wolfgang Müller durchaus.

        Was allerdings nichts daran ändert, das das Anhäufen von Schuldgeld in einer überschuldeten Welt, ohne die Chance das die Schulden je getilgt werden können, keine besonders gute Idee ist.

        Übrigens, ich entdecke gerade das der Satz „Eine Umfrage des Bankenverbandes ergab, dass 53 Prozent der Sparer nicht bereit sind, für eine höhere Rendite ein größeres Risiko einzugehen.“ eine besondere feine Art von Ironie enthält.

        Wenn man davon ausgeht das ein Risiko etwas ist was eintreten KANN, aber nicht eintreten MUSS, dann ist der absolut sichere Verlust des eigenen Vermögens natürlich auch eine Art Risiken zu vermeiden.
        Allerdings eine, deren Zweck sich mir nicht wirklich erschließt.

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