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Coronakrise und Prognosen: Erst zu optimistisch, jetzt zu pessimistisch?

Wieder einmal konnte eine große Rezession wie die Coronakrise von den großen Wirtschaftsinstituten nicht vorausgesehen werden. Dann schätzten IWF und Weitere zu Beginn des Jahres die Auswirkungen von Covid-19 noch für sehr überschaubar ein – während man jetzt mit der größten Rezession seit 1870 rechnet. Aber ist das nicht schon wieder ein untauglicher Versuch, valide Zukunftsprognosen abzugeben? Man spricht jetzt bereits schon von einer Dauerrezession aufgrund der Coronakrise, die Glaskugel ist trübe.

Coronakrise und Prognosen über Unsicherheit

Es ist wieder die Zeit der großen Ausblicke, inmitten der größten Wirtschaftsherausforderung seit Jahrzehnten – und einig ist man sich in den vielen Organisationen nur über eines: Noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg war die Unsicherheit über den weiteren Verlauf der Wirtschaftserholung so groß. Die Coronakrise mit den großen wirtschaftlichen Folgen in vielen Ländern hat den Internationalen Währungsfonds erschreckt, ersichtlich an seiner aktualisierten Jahresprognose, die man am Mittwoch in Washington vorgestellt hat. Gita Gopinath, die attraktive Chefökonomin des Instituts, senkte das Weltwirtschaftswachstum von minus 3 auf minus 4,9 Prozent herab, die Eurozone soll um 10,2 Prozent schrumpfen, Deutschland um 7,8 Prozent und selbst die USA soll in eine Rezession mit minus 8 Prozent stürzen. Für den Zusammenhalt der Eurozone besonders fatal, dass der Fonds für Frankreich, Italien und Spanien sogar Einbrüche zwischen 12,5 und 12,8 Prozent prognostiziert.

„Die wirtschaftlichen Folgen der Lockdowns weltweit waren schlimmer als erwartet“, so die Chefökonomin in ihrem Weltwirtschaftsausblick. Man könne in eine Dauerrezession rutschen, weil es anders als 2008, kein Land wie China gäbe, welches mit einem Konjunkturpaket die Weltwirtschaft aus dem Keller reißt. Das Reich der Mitte sei zu stark mit sich selbst (Stärkung der Binnenwirtschaft) beschäftigt.

Noch pessimistischer für die Weltwirtschaft als der IWF sind allerdings OECD und Weltbank, die von einem globalen Einbruch von 5,2 beziehungsweise 6 Prozent sprechen.

Deutschland mit Hoffnungssignalen

Auch wenn an einer deftigen Rezession für Deutschland im Jahr 2020 nicht zu rütteln ist, gibt es dennoch bereits Signale für ein Licht am Ende des Tunnels (Clemens Fuest). Zum Beispiel der starke Anstieg des Ifo-Index im Mai/Juni, der nach dem Lockdown-Tief im April praktisch auch einsetzen musste. Es sind Signale aus der Realwirtschaft, denn die befragten 9000 Unternehmenschefs erwarten mehrheitlich bessere Geschäfte im nächsten halben Jahr. Interessant auch die Entwicklung der Vorhersagen für das zweite Quartal 2020:

Nach minus 2,2 Prozent Schrumpfung in Q1 erwarten die Wirtschaftsweisen der Bundesregierung für Q2 ein minus von 12 Prozent. Für das Gesamtjahr sind OECD, Bundesregierung sowie die Bundesbank mit Vorhersagen von fünf bis sieben Prozent weniger pessimistisch als der IWF. Vor einem Monat war die Perspektive noch ein paar Prozentpunkte tiefer angesiedelt.

Es gibt aber noch weitere Anzeichen für eine beschleunigte Erholung in Deutschland: Mobilitätsdaten, Lkw-Mautindex, Einkaufsmanagerindizes und weitere Indikatoren marschieren nach oben, allerdings noch weit entfernt von der Zeit vor der Coronakrise. Eigentlich nicht verwunderlich, denn die Öffnung der Wirtschaft ist doch erst ein paar Wochen alt, der Schock und die Angst noch allgegenwärtig. Das derzeit größte Problem dürften für das Exportland Deutschland die schlechte Aussichten für den Welthandel sein, für den der IWF einen Rückgang von etwa 12 Prozent vorhersagt.

Der gigantische Anstieg der Staatsschulden in der Coronakrise

Natürlich stemmt man sich mit vereinten Kräften und astronomischen Rettungspaketen gegen die Coronakrise – und natürlich wird dies die Staatsschulden in neue Sphären führen. Für die USA erwartet der IWF ein Defizit von 23,8 Prozent bei einer Schuldenstandsquote von 141,4 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt, für Deutschland eine Neuverschuldung um 10,7 Prozent und einen Schuldenanstieg auf 77,2 Prozent, für Japan gar auf unglaubliche 268 Prozent des BIP.

Ausblicke auf 2021

Wenn es schon unterschiedliche Einschätzungen zur Tiefe der Rezession für 2020 gibt, dann erst recht bei der Beurteilung der Stärke des erwarteten Aufschwungs für 2021. Die Spannbreite reicht von drei bis 6,4 Prozent, was natürlich nicht ausreicht, um das Niveau von vor der Coronakrise zu erreichen, aber beim Eintreffen dieser Vorhersage verlöre die Extremrezession von 2020 schon wieder etwas von ihrem Schrecken. Schließlich ist das Jahr auch schon zur Hälfte gelaufen. Deutschlands Arbeitsmarkt soll den Prognosen zufolge in einer Arbeitslosenquote von 6,2 Prozent über längere Zeit verharren, dies wäre aber auch wieder eine Quote, für die uns viele südliche Länder beneiden würden.

Fazit

Der Mensch giert nach Voraussagen, unser Gehirn hasst Unsicherheit. Deshalb ist man in Wirtschaftskreisen stets bemüht für Regierungen und die Menschen Ausblicke auf das Kommende zu geben, anders wäre es auch gar nicht möglich Rettungspakete in Demokratien zu rechtfertigen. Aber wenn man nur die letzten sechs Monate Revue passieren lässt, wird klar, dass es keine Organisation, keinen Wissenschaftler gab, der auch nur für vier Wochen eine zutreffende Voraussage treffen konnte. Nicht was die Ausbreitung und Eindämmung von Covid-19 in Ost und West, noch was den brutalen Wirtschaftseinbruch eines Lockdowns während der Coronkrise in der Welt angeht. Auf alle Fälle hat der Internationale Währungsfonds für die Welt eine Wirtschaftsprognosen erstellt, so düster und pessimistisch wie seit 1945 noch nicht gesehen.

Über eines dürfte aber Konsens herrsche:. Ein nochmaliger Shutdown in der Dimension des ersten würde eine humanitäre Katastrophe insbesondere in der dritten Welt auslösen. Alles andere ist meines Erachtens wie Stochern im Nebel, das Virus, die zweite Welle, die Immunisierung, der Impfstoff, die Wirtschafterholung, die Glokalisierung – im Zusammenspiel der Faktoren, fast unpredictable.

Man hat den Zeitpunkt des Auftretens der Rezession nicht vorher gesehen, warum sollte dies jetzt für eine Erholung und ihre Parameter gelten?

Im Umfeld der Coronakrise sind Prognosen besonders schwierig



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1 Kommentar

  1. Hatte ich schon mal erwähnt, dass der Finanzmarkt nur auf Lügen und Betrug basiert??? Ach ja stimmt, ca. tausend mal… aber einmal mehr oder weniger kommt es ja nicht drauf an. Was gestern schlecht war ist heute gut und anders rum. Sprich jeden Tag wird einfach weiter gelogen. Ich bin der erste der alle diese Betrüger hängen sehen möchte. Wenns wieder knallt, wird die graue Masse es auch wollen. Aber leider ist die Masse so dumm, es vorher zu erkennen!!!

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