Obwohl das Coronavirus eigentlich erst gut einen Monat in den USA, zwei Monate in Europa und drei Monate in China sein Unwesen treibt, hat es bereits einen vorher kaum für möglich gehaltenen Schaden angerichtet – aus medizinischer Sicht, aber auch aus der Sicht der Weltwirtschaft und der Aktienmärkte. Am Dienstag endete das erste Quartal und es verzeichnete eine tiefrote Bilanz – weltweit.
Coronavirus: Das Quartal der Superlative
Noch nie waren die Leitbörsen der Welt so schnell von einem Allzeithoch (20. Februar) in die Tiefe gerauscht, innerhalb von nur 20 Börsentagen: Über ein Drittel Kursverlust beim MSCI Europe und 29 Prozent beim weltgrößten Index, dem S&P 500. Insgesamt lagen die Verluste durch das Coronavirus im historischen Krisen-Durchschnitt, wie man sie in den Krisen von 1990/91, 2000-2003, 2007-2009 und 2011/12 erlitten hatte, – nur dauerte damals der Absturz im Mittel 429 Tage.
Aber auch die technische Gegenreaktion hatte es in sich: Wer das Glück hatte, ab dem 18. März eine Investition zu wagen, beim Dow Jones, S&P 500 oder Dax, konnte seine Anlagesumme binnen drei Tagen um über 20 Prozent steigern. Für den ehrwürdigen Dow Jones musste man schon in die 1930-er-Jahre blicken, um Vergleichbares aufzuspüren.
Aber wie sieht nun die Bilanz für die ersten drei Monate des Jahres aus?
Der Dow Jones fiel wegen des Coronavirus um satte 23,2 Prozent und verzeichnete den größten Rückgang in einem Quartal seit 1987. Für ein so schlechtes Jahresauftaktquartal muss man schon bis 1900 blicken, ohne fündig zu werden.
Auch der jüngere S&P 500 erlebte mit minus 20 Prozent das schlechteste erste Quartal seiner Geschichte.
Allein der technologielastige Nasdaq kam nur mit 14,2 Prozent relativ glimpflich davon.
Europa
Der deutsche Leitindex Dax verlor im ersten Quartal rund 26 Prozent. Recht stabil war die Schweiz mit minus 11 Prozent, während die Börsen in Frankreich, Großbritannien und Italien ähnliche Verluste wie der Dax erlitten.
Asien und die Welt
- Beim großen Weltaktienindex MSCI World ging des in Q1 um 19 Prozent nach unten, der Schwellenländerindex büßte 24 Prozent ein.
- Ähnliches zeigt sich bei den Länderindizes, die alle nicht ungeschoren davonkamen:
- Philippinen und Vietnam minus 30 Prozent.
- Indonesien und Thailand, die beiden größten Volkswirtschaften in dieser Region mit 28 und 29 Prozent im Minus.
- Australien minus 24 Prozent.
- Besser liefen die Märkte in Japan, Korea und Taiwan mit Abschlägen um die 20 Prozent.
- Am geringsten fielen die Quartalsverluste in China, dem Ursprungsland für die Pandemie aus. Der Hang-Seng-Index in Hongkong verlor seit dem Jahreswechsel rund 16 Prozent, der Shanghai Composite gar nur um knapp zehn Prozent.
Alles in allem zeigen sich die Auswirkungen einer Pandemie, sie wirken eben global. Es begann mit der Verbreitung des Cornavirus in China, welches aktuell das Leben im Lande Schritt für Schritt wieder hochfährt. Demzufolge dürften auch andere asiatische Börsen langsam wieder etwas nach oben gehen. Deshalb könnte sich der Blick nach Osten künftig nicht nur auf die Vorgehensweise bei der Bekämpfung des Coronavirus lohnen, sondern auch auf die Entwicklung der gebeutelten Wertpapiermärkte.
Und was macht die Wirtschaft?
Natürlich konnte die Börse einen derart überraschenden und extremen Einbruch der Wirtschaft nicht antizipieren. Denn nicht einmal in Kriegszeiten hat man alle Betriebe so schlagartig heruntergefahren, nicht nur Großunternehmen, sondern fast alles, vom Friseurladen bis zum Juweliergeschäft. Dies konnte auch kein Analyst oder Volkswirt vorhersagen, ansonsten sollte er sofort in der Spielbranche sein Glück versuchen. Börsen können, wie bereits öfters erwähnt, Informationen einpreisen auf ihre künftige Bedeutung, aber keine Ereignisse. Als man die möglichen Auswirkungen des Coronavirus – besonders spät in den USA – registrierte, musste man einen exorbitanten Wirtschaftseinbruch in Kursbewertungen umsetzen. Es geschah in Rekordzeit, anders als in früheren Krisen, bei denen man schrittweise das Niveau anpassen konnte.
Deshalb ging es da zumeist in Schüben und nicht wie im letzten Monat im freien Fall nach unten. Die Börsen verloren ca. ein Drittel ihres Wertes, was angesichts des dynamischen Wirtschaftseinbruchs eigentlich zu wenig ist. Was den Aktiencrash abbremste, war ein Rettungspaket von Notenbanken und Regierungen, welches es ist in diesem Ausmaß noch nie gegeben hat. Insgesamt gerechnet ein fast zweistelliger Billionenbetrag, der auch in Relationen zum Weltsozialprodukt von 86 Billionen Dollar im Jahr 2019 gigantisch anmutet.
Die Kursverluste erschienen in Teilbereichen sogar noch moderat, war nicht die Kfz-Produktion in China in zwei Monaten von 80 bis über 90 Prozent eingebrochen? Aber Börse bewertet Zukunft und blickt auf eine Zeit, in der trotz Rezession der momentane Ausnahmezustand sich schon wieder etwas relativiert haben könnte.
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