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Coronavirus: Bilanz eines Katastrophenquartals für die Aktienmärkte

Eine globale Schadens-Bilanz

Exkurs Finanzkrise:

Vergleicht man die durch das Coronavirus ausgelöste aktuelle Wirtschaftskrise mit der Finanzkrise 2008, so könnte man zu der Erkenntnis kommen, dass die Kursabschläge bisher – trotz der Rettungspakete – viel zu gering ausgefallen sind. Während dieser als Immobilienkrise begonnenen Baisse war die Weltwirtschaft erstmals seit dem 2. Weltkrieg in den Industrieländern um 3,4 Prozent gefallen. Der S&P 500 verlor mit 56 Prozent zum ersten Mal mehr als die Hälfte seines Wertes, der MSCI World rauschte um 54 Prozent in den Keller. In Deutschland betrugen die Verluste beim Dax damals 58 Prozent, die Wirtschaft verzeichnete mit minus fünf Prozent auch ihren größten Rückgang seit dem Krieg.

Bekommen wir im Zuge der Krise durch das Coronavirus einen weltweiten Stillstand über viele Monate? Man darf nicht außer Acht lassen, dass für das Wachstum der Weltwirtschaft China mit 30 Prozent verantwortlich ist, die USA nur mit gut 10 Prozent und Europa mit gerade mal vier Prozent. Der Rest sind die Emerging Markets. Und ist China nicht gerade dabei seine Produktion hochzufahren, wie bald andere Asean-Staaten auch? Man sieht: so einfach ist es also nicht, die Wirtschaft bereits jetzt für das Gesamtjahr 2020 schon komplett abzuschreiben.

Denn das große Problem ist die Dauer des Einbruchs, der sich über mehrere Quartale hinziehen müsste, um einen ähnlichen Kollaps der Weltwirtschaft wie 2008 auszulösen. Ganz wichtig auch die Entwicklung der Arbeitslosigkeit und das Überleben der Firmen. Wenn ein größerer Firmenkollaps verhindert werden kann (durch staatliche Rettungsmaßnahmen und Kurzarbeitergeld), so könnten die Menschen nach dem Lockdown wieder an ihre Arbeitsplätze zurückkehren. Wenn – zum Thema Arbeitslosigkeit bekommen wir für die USA heute und morgen sehr wichtige Zahlen.

Die Analysehäuser und die Volkswirte aus vielen Instituten überschlagen sich derzeit mit Negativenprognosen zur Entwicklung der Weltwirtschaft.

Das Ifo-Institut mit Szenarien eines Konjunktureinbruchs in Deutschland von 5 bis 20 Prozent – und zweistellige Wirtschaftseinbrüche in den USA, vorhergesagt von Goldman Sachs. Man prognostiziert das nächste Quartal und auch schon das Gesamtjahr 2020.

Eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit, angesichts des unberechenbaren Coronavirus – und man wird wieder einmal daneben liegen mit dem Versuch in die Wirtschaftszukunft zu blicken. Eine Zukunft, die nicht nur von der Eindämmung eines Virus abhängig ist, sondern auch von so Unwägbarkeiten wie die Psychologie der Wirtschaftssubjekte, die sich rasch von „Himmelhoch jauchzend bis zu Tode betrübt“ und umgekehrt entwickeln kann.

Für die Auswirkungen einer weltweiten Virusinfektion gibt es zumindest im modernen Wirtschaftsleben keine historischen Vorgaben, zu der man Analogien herstellen kann.

Wer will seriös vorhersagen, ob es nicht noch viel tiefer abwärts geht, sollten die Eindämmungsmaßnahmen nicht die gewünschte Wirkung zeigen oder aber auch das Wiederaufflackern des Coronavirus zu einem erneuten Stillstand in China führt? Oder was passieren wird, sollte man in vier oder sechs Wochen, wie in China bereits zu beobachten, doch die Rückkehr zur Normalität wagen?

Eines ist auch immer zu berücksichtigen, wenngleich es für viele Anleger stets ein Paradoxon darstellt: Die Börse reagiert nicht mehr auf die Schreckensmeldungen der Gegenwart, wenn man diese vorher schon recht gut einschätzen kann. Bei den letzten Rezessionen war immer bei Bekanntgabe der Wirtschaftszahlen in ihrem Tief das Börsen-Kursniveau der Gegenwart schon längst enteilt. So könnte es auch dieses Mal sein, wenn es einigermaßen verlässliche Informationen über die Verfügbarkeit eines Impfstoffes gegen das Coronavirus oder über ein erkennbares Absinken der Infektionszahlen gibt. Auch wenn die Wirtschaftszahlen noch weiter fallen: die Märkte klingeln nicht zum Einstieg.

Ich denke, wir erleben ein Börsenjahr 2020, für das es keine Blaupause gibt, sowohl im positiven als auch im negativen Sinn. Zum Beispiel, wenn das viele gedruckte Geld plötzlich zusammen mit dem geparkten Geld an die Börsen zurückfließen sollte – eine Argumentation der Optimisten.

Fazit

Auch nach dem wegen des Coronavirus schlechtesten Quartal an den Weltbörsen seit „Menschengedenken“ kann man keine seriöse Prognose für den Rest des Jahres wagen. Nach einem so schlechten Jahresauftakt konnte man früher statistisch mit hoher Sicherheit davon ausgehen, dass auch das Gesamtjahr im roten Bereich enden wird. Wie hatte gestern ein Redakteur im Handelsblatt zu den politischen Rettungsmaßnahmen bei der Coronakrise geschrieben?

„Selten war der Kontrast zwischen Unwissenheit einerseits und dem Ausmaß der Folgen politischer Handlungen andererseits größer als jetzt.“

Ich denke, dies gilt erst recht für das derzeitige Handeln der Akteure in der Wirtschaft und an der Börse.

Und was nach der Geldflut auf das Finanzsystem zukommt und wie man die Folgen der ansteigenden Schulden eindämmen will – die großen Fragen kommen noch!

Das Coronavirus sorgte für einen beispiellosen Crash der Aktienmärkte



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