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Coronavirus: Herdenimmunität, ein Geduldsweg, vor allem in Deutschland

Die Impfung gegen das Coronavirus nimmt immer mehr Gestalt an, nicht nur in China, in Russland, in der Türkei, ab Montag in Großbritannien, aber bald auch in Deutschland. Endlich die Plage loswerden, immun werden, so die berechtigte Hoffnung Vieler. Eines aber spricht gegen eine rasche Herdenimmunität, auch in Deutschland – die Bereitschaft zur Impfung.

Coronavirus: Aktuelle und künftig Immunisierte

Betrachtet man sich die aktuellen Infektionszahlen, so erkennt man große Unterschiede bei den offiziell registrierten Infizierten mit dem Coronavirus. In den USA ist bereits jeder 23. Bewohner positiv auf Covid-19 getestet worden, in Frankreich jeder 29., in Spanien jeder 27., in Belgien und Tschechien jeder 20. – und in Deutschland? Jeder 76. Einwohner, bei einer Dunkelziffer von vielleicht Faktor drei bis vier, nach Einschätzungen von Virologen. Bleiben also noch über 78 Millionen, die es geschafft haben, sich vor dem Coronavirus zu schützen. Aber was ist mit den USA, wo selbst der Leiter der nationalen Seuchenschutzbehörde von einer Dunkelziffer mit unglaublichem Faktor 10 sprach? Wenn dies zuträfe, hätten schon unglaublich viele Amerikaner die Sache bereits überstanden. Worüber das deutsche Gesundheitswesen eigentlich sehr stolz sein kann, bringt aus jetziger Sicht einen zusätzlichen Nachteil bei der Herdenimmunität.

Die derzeitige Abneigung der Bundesbürger gegen die Impfung

Auch wenn es bereits einen gewaltigen Aufbau für die über 400 Impfzentren in Deutschland gibt, von denen kürzlich die Rede war und die ab 15. Dezember funktionsfähig sein sollen, wird das Thema Massenimpfung eine große Aufgabe werden. Es leben bereits über 83 Millionen Menschen in diesem Lande und bis die so oft zitierte 60 Prozent-Rate erreicht ist, könnte es doch eine Zeit dauern. Zumal mit der Entwicklung der Impfstoffe die Zahl der Impfwilligen sogar abgenommen hat. Eine repräsentative Umfrage hat ergeben, dass derzeit nur 53 Prozent der Bundesbürger zu einer Impfung gegen das Coronavirus bereit sind.

Man bräuchte aber selbst bei einem 100-prozentigen Schutz 60 Prozent der Bevölkerung, die bei der Impfung mitmachen. Bei der bisher verkündeten Wirksamkeit von 95 Prozent sogar noch einige Prozent mehr.

Sicherlich gibt es viele Skeptiker, die sich berechtigt Sorgen um die Nebenwirkungen machen, die man derzeit bei der geringen Probandenzahl gewiss noch nicht ausschließen kann. Die Anzahl sollte aber abnehmen, wenn die Impfungen gut funktionieren. Ein paar Sonderfälle aber, in den Medien verbreitet, schon könnte die Bereitschaft abnehmen. Aber es gibt auch die radikalen Impfgegner, auch Gentechnikgegner, die bis zu einer Herdenimmunität immer noch eine Gefahr darstellen, als mögliche Spreader des Coronavirus.

Die Impfung ist ein gewaltiger Schritt – aber kein Wundermittel, welches in kurzer Zeit die Normalität versprechen kann. Man weiß heute noch nicht, wie lange ein Schutz wirksam sein wird und ob man als Geimpfter nicht doch noch als Virenspreader in Frage kommt. Es wird bei aller Freude über die Impfung noch einiges an Geduld brauchen, denn es werden bestimmt in kurzer Zeit Meldungen entstehen, die contra Impfung verwendet werden können. Zum Beispiel von Menschen, die plötzlich nach der Impfung schwer erkranken, weil sie vor der Impfung noch keine Symptome verspürt haben. Das allgemeine Gesundheitsrisiko bleibt, ebenso das „Fake News-Risiko“ in den sozialen Medien.

Die kommende natürliche Spaltung der Gesellschaft

Es ist sicherlich nicht an der Zeit, um sich allzu viel Gedanken über ein mögliches Zukunftsproblem im Zusammenhang mit der Bewältigung der Corona-Krise zu machen. Aber die Fragestellungen könnten schneller kommen, als man jetzt glaubt. Was passiert mit den Millionen, die es bald geben wird, die geimpft sind und immunisiert: sollen diese weiter Maske tragen und die vielen Sonderregeln beachten? Wird anfangs sicherlich aus Solidarität funktionieren, aber es werden ja täglich mehr. Gar nicht zu reden von den vielen Branchen, die von dem Zusammentreffen vieler Menschen profitieren, wie Tourismus, Kultur, Festveranstalter, diese werden sicherlich die Rückkehr zur Normalität fordern. Es werden sich Gruppen bilden, aber was passiert mit den Verweigerern einer Impfung?

Viele Fragen, nicht nur für den Ethikrat.

Fazit

Die letzten Monate haben gezeigt, wie lange es dauern würde, bis eine natürliche Herdenimmunisierung dem Coronavirus den Garaus machen könnte. Vor allem in Deutschland. Selbst bei 10.000 kontrollierten Fällen pro Tag (3,6 Mio/Jahr) wären es viele Jahre, bis man eine Herdenimmunität erreicht hätte. Ein Kollaps nicht nur für die Wirtschaft und viele Branchen, sondern auch eine unerträgliche Lage für die Menschen und dem Leben in ständiger Angst.

Es geht nicht um die Jugend – in Deutschland gibt es bereits über 21 Millionen Rentner und viele Risikogruppen unterhalb dieser Altersgruppe. Klar gibt es die berechtigten Bedenken über Nebenwirkungen, aber bei einer Impfquote von gut 50 Prozent würde man in Deutschland noch sehr lange mit SARS-CoV-2 leben müssen. Ohne wirksamen Impfstoff gegen das Coronavirus hätte aber gerade Deutschland ein längeres Problem. Es sollte sich eigentlich jeder über den medizinischen Fortschritt freuen, auf die Wirksamkeit der Impfung hoffen und sich auf eine baldige Rückkehr zu sozialen Gewohnheiten des Miteinanders innerlich einstellen. Es dürfte allerdings noch ein gerüttelt Maß an Geduld erfordern.

Über das Coronavirus und Herdenimmunität



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7 Kommentare

  1. Die Dunkelziffer ist weitaus höher.
    Als Beispiel Spanien: 47Mio Einwohner
    Bereits im Mai 2020 hatten Antikörperstudien IGM Antikörper bei ca. 3 Mio Menschen hochgerechnet.
    Da wurden aber die T Gedächtniszellen gar nicht untersucht. Da sollte die Immunität weitaus höher sein. Seitdem sind wir im Dezember und wir haben seit Monaten Positivraten bis zu 18% bei ca. 1Mio Tests pro Tag. Das bedeutet in Spanien könnte eine Immunität schon bei ca. 30-50% liegen.

  2. diese 60% die immer als notwendig für die Herdenimmunität kolportiert werden sind absoluter Blödsinn.
    Bereits 20% würden ausreichen den R-Faktor ausreichend zu drücken um in Zusammenhang mit einigen wenigen Massnahmen eine völlig Kontrolle der Fallzahlen zu ermöglichen.

  3. @PK, als Astronom und damit einseitig beschränkter Wissenschaftler staune ich über Ihre harten wissenschaftlichen Fakten und Schlussfolgerungen. Das klingt spannend und sehr interessant. Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie Ihre Prämissen und Annahmen zu den 20% sowie die „wenigen Maßnahmen zur völligen Kontrolle“ für eine Verifizierung präzisieren und öffentlich darlegen könnten.

  4. @Wolfgang Müller: erneut ein gutes Auge für den Kern der Sache bewiesen, auch wenn er dicht im Mantel einer naiven Euphorie umhüllt ist.

  5. Mit 60 gehöre ich zur „offiziellen“ Risikogruppe. Sportlich und gesundheitlich bin ich fit, wie einer mit 40 Jahren. In meinem Bekanntenkreis gibt es keinen einzigen Fall, der in irgendeinerweise von Covid tangiert ist.
    Für mich sehe ich keine Notwendigkeit, mich und meine Familie impfen zu lassen, insbesondere aus diesem Grund nicht, da ich mein restliches Leben durch mögliche Autoimmunerkrankungen oder sonstigen Impfschäden durch ein eingebildetes oder herbeigeredetes Gefährdungspotenzial ruinieren lassen möchte.
    In zu kurzer Zeit wurde der neuartige, ungetestete mRNA Impfstoff im Interesse ( und ohne Produkthaftung) durchgepeitscht, als dass man die Gefahr von Impfschäden ausschliessen. Normale Impfstoffe durchlaufen Freigabezyklen von 5-10 Jahren. Ich bin nicht bereit, zugunsten der Gewinnmaximierung der Pharmaindustrie Versuchskaninchen zu spielen. Aber es werden sich schon genug Dumme finden.

  6. @Martin H.
    es zwingt Sie doch niemand zu einer Impfung. Wenn Sie fit wie ein 40-jähriger Turnschuh (von 1980) sind und persönlich gegen eine Impfung, wird Sie auch erst einmal niemand zwingen, sich impfen zu lassen. Erst einmal wird es um die Verteilung der ersten Impfstoffe gehen, und da stehen die absoluten Risikogruppen, die systemrelevanten Berufe und die vielen Freiwilligen im Vordergrund. Bis Impfstoffe in ausreichendem Maße zu Verfügung stehen, wird noch viel Zeit verstreichen. Auch ich bin skeptisch und mache mir Sorgen um Nebenwirkungen.

    Andererseits sollte man Covid-19 nicht zu sehr verharmlosen. Ein Beispiel: Stefan Kraft, ein österreichischer Top-Skispringer seit Jahren, auf dem Zenit seiner körperlichen Leistungsfähigkeit, jung, im bestem Alter, voll im Training, mit perfekter medizinischer und ernährungsphysiologischer Begleitung, ist derzeit schwer gebeutelt und betroffen. Fast das gesamte österreichische Team wurde inzwischen positiv getestet. Das Corona-Virus lässt in Sachen Symptome, aber vor allem in Sachen Ausbreitung nicht mit sich spaßen.

    Es werden sich mit Sicherheit genug „Dumme“ finden, wie Sie es so abfällig ausdrücken. Daraus wird die Wissenschaft und Medizin viele Erkenntnisse gewinnen. Woher Sie allerdings Ihre Angst vor einer Zwangsimpfung beziehen, würde mich interessieren. Die meisen haben Angst, dass sie nicht rechtzeitig genug an der Reihe sind.

  7. @Petkov: erneut ein gutes Auge für den Kern der Sache bewiesen, auch wenn der nicht einmal die innere dünne Haut des Mantels einer pauschalisierenden, allgemeinen, überheblichen und unbegründeten Schein-Realität zu überschreiten vermag. Liefere doch einmal, ein einziges Mal, bei deinen Kommentaren so etwas, wie Fakten. Ohne diese klingst du wie Andreas oder Man on the Moon, selbstzufriedene Götter weit außerhalb des normalen FMW-Universums.

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