Nach der britischen Regierung hat heute Nacht auch Brüssel über Chefverhandler Barnier verkündet, dass man grundsätzlich eine Einigung erzielt habe zum Thema Brexit. Aber viel wert ist das noch nicht. Denn eigentlich gibt es gar keine richtige Einigung. Sie wird nur als solche verkauft.
Einig ist man sich nur, dass nach dem offizielle Brexit Ende März 2019 eine Übergangsfrist einsetzt, die knapp zwei Jahre später endet, nämlich Ende 2020. In dieser Übergangszeit soll ausgehandelt werden, wie denn nun Großbritannien ab 2021 mit der EU verbunden sein soll. Während der Übergangsfrist würde Großbritannien quasi weiter an die Regeln der EU gebunden bleiben, hätte aber als Nicht-EU-Mitglied nichts mehr zu melden. Das ist das erste absolute NO GO für die Hardliner in London!
Und zweitens, was vielleicht noch wichtiger ist: Das Irland-Problem will man einfach auf den Sankt Nimmerleinstag verschieben. So einfach geht das. Zitat EU-Kommission:
Die Verhandlungsführer der EU und des Vereinigten Königreichs haben sich darauf verständigt, wie eine harte Grenze zwischen Irland und Nordirland vermieden werden kann. Beide werden sich nach besten Kräften bemühen, bis zum Ende der Übergangszeit am 1. Juli 2020 ein künftiges Abkommen abzuschließen. Sollte dies nicht der Fall sein, könnten die EU und das Vereinigte Königreich gemeinsam die Übergangszeit verlängern. Alternativ würde ab Januar 2021 die Backstop-Lösung für Irland und Nordirland gelten, vorbehaltlich eines gemeinsamen Überprüfungsmechanismus.
Also: Man werde sein Möglichstes tun um bis Mitte 2020 eine Lösung für die Nordirland-Grenze zu finden. Schaffe man das nicht, hat man jetzt vereinbart, dass man diese Verhandlungsfrist ab Mitte 2020 einfach verlängern kann, bis man eine Lösung findet. Das würde aber bedeuten, dass UK möglicherweise unbegrenzt weiter den EU-Regeln unterworfen bliebe, und das ohne Mitspracherecht in Brüssel.
Als Alternativ-Idee könnte man ab 2021 einen sogenannten „Backstop“ in Kraft setzen. Da hat man sich ein neues Wortspiel einfallen lassen, meine Güte! Laut Barnier habe man mit den Briten vereinbart, dass in diesem Fall ein gemeinsames Zollgebiet geschaffen werde. Nordirland würde Teil dieses Zollgebiets sein, wie auch der Rest von Großbritannien. Auch müsste Nordirland alle EU-Regeln beibehalten, die nötig seien um Grenzkontrollen überflüssig zu machen.
Puhhhh, UK weiter im Binnenmarkt ohne Mitsprache, und dann ein dauerhaft ungelöstes Nordirland-Problem. So wird das nichts. Das ist jedenfalls unsere Meinung. Das wird ein dauerhafter Krampf! UK muss sich klar werden, was man will. Es muss eine harte Grenze her, oder alternativ ein echtes Abkommen mit freiem EU-Zugang. Das würde aber den Hardlinern um Boris Johnson nicht gefallen, weil man sich dann dauerhaft den EU-Regeln unterwerfen müsste. Also: Harte Grenze, oder vielleicht Neuwahlen auf der Insel, die alles ändern könnten? Mit so einem Wischi-Waschi-Hinauszögern wie es jetzt vereinbart wurde, erkauft man sich nur Zeit, weil man aktuell einfach keinen Lösungsansatz sieht.
Die EU-Kommission schreibt aktuell „viel sagend“ Zitat:
Nichts ist vereinbart, bis alles vereinbart ist. Das vorliegende Austrittsabkommen – einschließlich der Übergangszeit – muss den Rahmen der künftigen Beziehungen berücksichtigen. Die politische Erklärung muss daher weiterentwickelt und in ihrer endgültigen Form vereinbart werden. Parallel dazu wird die Europäische Kommission ihre Vorbereitungsarbeiten und Notfallpläne für alle Eventualitäten, also auch das Szenario einer Nicht-Einigung, fortsetzen.
Das britische Pfund zeigt übrigens weiter Schwäche. War es gegen den US-Dollar heute früh schon auf 1,2860 gefallen, so liegen wir inzwischen schon um die Marke von 1,2800 herum.
© European Union, 2017 / Source: EC – Audiovisual Service / Photo: Mauro Bottaro
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Letztendlich wird es kein Abkommen geben, weil in keiner Variante eine Lösung für die Grenzfrage enthalten ist. Trotzdem bleibe ich nach wie vor bei meiner Meinung und behaupte, das es keinen Brexit geben wird!
Sehe ich auch so. Es wird keinen Brexit geben!