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Das EZB-Paradox: Teufelskreis ultralaxe Geldpolitik

Von Markus Fugmann

Die EZB macht und tut – aber dennoch passiert im Grunde nichts: kaum Wachstum, kaum Inflation – Erfolg hat die Notenbank nur mit der Ausweitung ihrer Bilanz, die faktisch die Risiken aus dem Finanzsektor auf die Steuerzahler der Eurozone verschiebt.

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Betreibt faktisch eine widersprüchliche Politik – das Führungsgremium der EZB
Foto: EZB

Dabei handelt die EZB selbst widersprüchlich: sie mahnt von der Politik Reformen an, die sie faktisch durch ihre Geldpolitik unterbindet: warum etwa sollte Italien Reformen durchführen, wenn man sich auch so weiter durchwursteln kann ohne diese Reformen, weil die Aufnahme neuer Schulden extrem günstig ist? Also gehen die auf Wahlerfolge angewiesenen Regierungen den bequemen Weg – statt den kurz- bis mittelfristig schmerzhaften, aber langfristig heilenden Weg.

Dabei hat die Politik der EZB zwei Intentionen: sie will einerseits die Nachfrage der Firmen und Konsumenten durch gesteigerte Kreditvergabe der Banken stimulieren. Und sie will andererseits die Banken vor allem der Euro-Peripherie vor dem Zusammenbruch retten – indem sie ein Teil dieser Risiken in ihre eigene Bilanz übernimmt.

So weit, so logisch. Nur sorgt eben die Negativzinspolitik für Schwierigkeiten bei den Banken selbst (Ausfall an Margen und risikofreien Zinsgeschäften, Ausfall von risikofreien Verdiensten durch Kundeeinlagen etc.), während die Konsumenten an den Kapitalmärkten keine Zinsen mehr erzielen können und daher eher nicht konsumfreudiger, sondern sogar tendentiell sparsamer werden, weil sie zurecht fürchten später in die Altersarmut abzurutschen (in Deutschland versuchen viele dem durch den Kauf einer eigenen Immobilie zu entgehen).

Faktisch zielt die EZB-Politik aber auf die kränkelnde Euro-Peripherie – und nimmt dabei die Enstehung von Blasen anderswo in Kauf (so etwa die Immobilienblase in deutschen Großstädten). In Deutschland etwa müsste, gäbe es noch die D-Mark, der Leitzins 5% oder 6% betragen. In Italien oder Spanien aber ist das naturgemäß nach der Finanzkrise anders. Und das liegt vor allem an der Einführung des Euro.

Bekanntlich floß, als klar war, dass der Euro kommen würde, extrem viel Kapital in die Länder der Euro-Peripherie, weil dort die Zinsen deutlich höher waren als etwa in Deutschland, während die Euro-Perspektive diese Investitionen gleichsam risikofrei erscheinen ließ – es stand ja absehbar die EZB als Garant dahinter. Die Folge: die Löhne stiegen in diesen Ländern drastisch, ein wahrer Kreditboom begann, es wurde viel investiert und fehlinvestiert.

Die Finanzkrise im Gefolge der Lehman-Pleite kehrte die Entwicklung um: war zuvor Geld aus Deutschland in die Europeripherie geflossen (was in Deutschland zu einer Rezession führte), kam das Geld während der Finanzkrise auf der Suche nach Sicherheit wieder nach Deutschland zurück. Daher erholte sich Deutschland deutlich, während die Europeripherie in die Depression verfiel: Kredite konnten nicht mehr zurück gezahlt werden (daher die extreme Quote fauler Kredite in Italien und auch Spanien).

Das wiederum brachte die Banken der Europeripherie in Schwierigkeiten – um die Lage dieser Banken zu verbessern, kauft die EZB den Banken die in ihrem Depot befindlichen Staatsanleihen ab, was wiederum auch den Staaten der Europeripherie die günstige Kreditaufnahme ermöglicht. Mit einem Wort: man schleppt Italien und andere Länder durch, verfestigt damit die bestehenden Strukturen, statt etwa Banken in diesen Ländern pleite gehen zu lassen. Damit ändert sich nichts, die Krankheit wird durch diese Pseudo-Medizin der EZB nur verschleppt, lediglich an einem akuten Ausbruch gehindert.

Genau den bräuchte es aber. Nach wie vor sind die Länder der Europeripherie nicht wirklich konkurrenzfähig. Nun kann und will die EZB keine Pleitewelle in den Ländern der Europeripherie dulden – das ist verständlich. Aber solange alles so weiter geht wie bisher – und die EZB zementiert den ungesunden status quo mit ihre Politik – ist keine echte Heilung in Sicht.

Dabei gibt es nur zwei Möglichkeiten, dass die Länder der Europeripherie wieder auf die Beine kommen: entweder ein reinigendes Gewitter mit vielen Pleiten, das die bestehenden Strukturen zerbricht und einen (gewiss) schmerzhaften Neuanfang ermöglicht. Wenn man diesen Weg nicht gehen will, ist das verständlich.

Aber es gibt eben auch einen zweiten Weg – den die EZB vermutlich aber aus ideologischen Gründen nicht gehen will: nämlich die Einführung einer Parallelwährung! Das bedeutet: der Euro bleibt als Gemeinschaftswährung bestehen, aber den Ländern der Europeripherie wird erlaubt, daneben ihre „alten“ Währungen wieder einzuführen. So würde der Handel innerhalb der Eurozone weiter in Euro abgewickelt, während etwa ein Land wie Italien dann für seine Exporte nach Asien die wiedereingeführte Lira verwenden könnte, die nach Einführung drastisch zum Euro abgewertet haben würde.

So bliebe Italien konkurrenzfähig, ohne die Löhne massiv senken zu müssen. Das wiederum würde die Ungleichgewichte zwischen Deutschland und der Europeripherie reduzieren, ginge auch zu Lasten des deutschen Exports, der sich dann etwas einfallen lassen müßte. Aber all das ist tausendmal besser als das absehbare Scheitern einer Geldpolitik, für die doch schon Japan ein sichtbares und abschreckendes Beispiel ist!



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13 Kommentare

  1. Alles richtig. Aber weshalb dieses kranke Gebilde weiter erhalten? Der dritte Weg heißt: Deutschland raus aus dem Euro. Dann ist die EZB Geschichte (die EU ist auch gleich mit entsorgt) und der Geldsozialismus hat ein Ende.

    Wenn die Schockwellen sich gelegt haben, sollte dann kurzfristig für ein gedecktes Geld gesorgt werden und damit ein System geschaffen werden, was von vorne herein verhindert, die Geldmenge schneller als die Wirtschaft wachsen zu lassen.

    1. @Leser, für Deutschland wäre das wahrhaftig ein Schock, die wiedereingeführte D-Mark würde durch die Decke schießen, der deutsche Export implodieren..

      1. @Fugmann: Diese Angst wird ja immer geschürt, wenn die Diskussion aufkommt. Denke da wird viel übertrieben. Gegenbeispiel Schweiz! Zudem würde endlich mal wieder Reformdruck in Deutschland entstehen. Aktuell ruht sich die Politik ja auf der aktuellen Lage aus.

        1. @Christoph, aber die Schweiz hielt ihre Währung künstlich niedrig durch die Mindestgrenze zum Euro – und tut es in begrenztem Umfang immer noch! Mit dem Reformdruck gebe ich Ihnen völlig Recht!

      2. Danke für die Rückmeldung, Herr Fugmann.
        Kurzfristig könnte man das abfedern (siehe Schweiz). Im übrigen ist der Wert der Importe mit 950 Mrd. in etwas so hoch wie der Wert der Exporte (1.150 Mrd.). Tanken würde deutlich billiger. Und nach der ersten Spekulationswelle würde man feststellen, dass die Währung angesichts der vielen faulen Bürgschaften, der seit Jahren auf Verschleiß gefahrenen Infrastruktur, ungedeckten Pensionslasten etc.pp. überbewertet ist. Und zu DM-Zeiten war der Innovationsdruck für die deutschen Exporteure durchaus heilsam. Davon zehren die seit Jahren. Die Großen haben ohnehin Werke weltweit und können das dann locker durch kurzfristige Produktionsverlagerung abmildern.

        Eine Fortsetzung des status quo mit falschen Therapien führt nur dazu, die Rechnung größer zu machen. Am Zahltag, der unweigerlich kommt, ist es dann nur noch schlimmer. Das, was wir jetzt sehen, ist doch genau die Entwicklung, vor der kluge Leute wie Prof. Dr. Hankel von Anfang an gewarnt haben.

      3. Aber durch die starke Währung wird der Import billiger, was sich auf die Kosten des Endproduktes auswirkt. Und eine starke Währung führt auch dazu, dass die Kaufkraft der Verkäufer steigt, so kann dann endlich der Binnenkonsum steigen, und die EU müsste keine Rüge mehr aussprechen wegen dem starken deutschen Exportüberschuss. Vorallem wäre endlich die Nullzinspolitik für den deutschen Sparer beendet, was ansonsten in einer Katastrophe endet!

  2. Guter Artikel! Jetzt bräuchten wir hald nur noch einen der Mächtigen, der die Eier dazu hat…. da sieht es mau aus :(
    Lieber schön die Getränkedose kicken…

  3. Goldgedeckte DM und gut is…China fängt schon mal langsam an am 19.4.
    Bis 2020 ist dann alles Abgewickelt und DE mit seinen Goldreserven steht dann gar nicht mal so schlecht da(falls das Gold in USA noch vorhanden ist)

    Ich kaufe vom Papier Euro fleißig Gold in Asien!!

    Auch ein Vorteil,wenn man unter Palmen in Asien verweilt…

    1. »Bis 2020 ist dann alles Abgewickelt und DE mit seinen Goldreserven steht dann gar nicht mal so schlecht da (falls das Gold in USA noch vorhanden ist)«

      The Federal Reserve does not own gold„. Und: Youtube – Fed Lawyer Alvarez tells Ron Paul „The Federal Reserve Does NOT Own Any Gold at All“. Die entscheidende Aussage darin ist: „We have no interest on the gold that is owned by the [Department of the] Treasury.“

      Zum Video: Da es sich hier um eine rechtliche Anhörung (quasi Verhör) geht, bedeutet das Wort „interest“ nicht Interesse – wie vllt. angenommen -, sondern Anspruch. Alle Goldforderungen physischer Art sind somit von den Papierforderungen vollständig abstrahiert worden, sprich: Auszahlung nur in Währung, nicht physische Rückführung. Jetzt wäre nur noch interessant, gegen wen die Deutsche Bundesbank Goldforderungen hat: gegen die Schatzmeisterei (Department of the Treasury) oder die FED – dann wäre auch dem Allerletzten klar, was hier gespielt wird und wurde.

      Ich bin an dieser Stelle mal frech und sage: @ FMW, bitte übernehmen Sie. Besten Dank.

      1. zusätzliche Gedanken:

        Was, wenn man die FED einfach pleite gehen lassen würde?
        Chapter 11 lässt grüßen: Die Ansprüche gegen die juristische Person (Institution) wären dann alle mit einem Schlag inexistent – man darf sich dann noch um das Möbilar dort streiten, wem es etwas nützt. Ein Schelm, wer…

        Was, wenn alle die Goldforderungen (Zertifikate) auslösen würden?
        Dann zahlt man eben in Währung aus, was einen irrwitzigen Geldstrudel (Erschaffung neuer Dollars dirch die FED selbst) verursachen würde – wie sonst könnten oder sollten die den Forderungen auch nachkommen können. Was die Folgen für den Wert der Zertifikate und in Konsequenz für USD-Devisen sind, braucht hier nicht mehr weiter beschrieben zu werden. Die Reaktionen (Angst) sehen wir gerade global in den Aktionen der entsprechend zuständigen Regierung gegen ihre „Kooperationspartner“.

  4. Der EURO muss weg, ansonsten wird der Sparer und Altersvorsoger in den Ruin getrieben und es wird wieder wie in Weimars Endphase.

    1. Nein: der Sparer wird erst in den Ruin getrieben, dann gibt es die Weimarer Endphase und danach ist der EURO letztendlich weg. So sieht der Werdegang aus.

  5. schöner Artikel Herr Fugmann! Ein schönes Wochenende nach Hamburg

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