Anleihen

Das nächste EZB-Paradox

Die Politik der EZB hat bereits absurde Folgewirkungen. Und bald könnte es noch absurder werden..

FMW-Redaktion

Die EZB kauft bekanntlich seit einiger Zeit Unternehmensanleihen – und das Volumen der Käufe ist deutlich höher, als die Märkte zuvor erwartet hatten. Damit will die EZB offenkundig ein Zeichen setzen, dass sie es ernst meint. Überraschend ist dabei, dass aus der Wirtschaft wenig Protest kommt: denn wenn man als Firmenchef mit ansehen muß, wie die EZB Anleihen eines Konkurrenzunternehmens kauft, die eigenen aber nicht, könnte man doch theoretisch auf den Gedanken kommen, dass das den Wettbewerb verzerrt, oder nicht? Denn schließlich sorgen die Käufe der EZB – und damit eines absoluten Dickfisches am Markt – dafür, dass die zu bietenden Renditen geringer sind als bei Unternehmen, deren Anleihen die EZB nicht kauft, aber die von ihren Rating-Voraussetzungen eigentlich genauso qualifiziert wären für solche Käufe.

Aber wie auch immer. Grundsätzlich gibt es ja ein Paradox bei der EZB-Politik: Je erfolgreicher sie ist, sprich je mehr die Märkte glauben, dass die EZB glaubwürdig ist, umso schwieriger wird es für die EZB. Denn es sinken die Renditen für diejenigen Anleihen, die die EZB kaufen will und nach ihrern eigenen Maßgaben auch kaufen kann (also bis zu einer Rendite des Einlagesatzes von derzeit -0,4%) – und damit wird die Auswahl kaufbarer Anleihen für die Notenbank immer geringer. Das gilt derzeit für das QE-Programm der EZB, also für die Käufe von Staatsanleihen.

Am Markt für Unternehmensanleihen, auf dem die Notenbank nun kräftig mitmischt mit dem Corporate Sector Purchase Programme (CSPP), deutet sich nun aber ein anderes Paradox an, auf das die Bank of Amerika hinweist. Denn die Amerikaner sehen eine konkrete Gefahr, dass die Käufe der EZB eine Kettenreaktion auslösen, die ihr Corporate Sector Purchase Programme gewisermaßen ad absurdum führen würde!

Es geht um sogenannte leveraged buyouts (LBOs), also Firmenübernahmen, wobei die Käufer den Kaufpreis hauptsächlich mit geliehenem Geld stemmen. Man leiht sich also zu derzeit ja ultragünstigen Zinsen, die man als Unternehmen an den Kreditmärkten nur bezahlen muß, Gelder, und kauft damit ein anderes Unternehmen – wobei dann dem übernommenen Unternehmen die aufgenommenen Schulden aufgebürdet werden. Das wiederum verschlechtert dann die Kreditwürdigkeit eines solchen Unternehmens – mit der absehbaren Folge, dass Ratingangenturen diese Unternehmen abstufen auf non investment grade-Status – und damit würden die Anleihen für die EZB nicht mehr kaufbar!

Nun gibt es schon erste Anzeichen dafür, dass der Appetit von Private Equity-Firmen an solchen Übernahmen wächst – so kürzlich etwa das Interesse von KKR & Co an der spanischen Firma Gas Natural. Die Bank of Amerika formuliert es so: „Cheap debt can suddenly make unviable candidates appear ‚viable‘ for private equity.“

Derzeit ist die EZB etwa für die Hälfte aller Umsätze beim Handel europäischer Unternehmensanleihen zuständig – und sie könnte also, wenn diese leveraged buyouts zunehmen sollten, damit bald an ihre Grenze kommen. Und das wäre dann das nächste Paradox der Politik der EZB..



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