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Das Ökonomen-Märchen vom Staat, der die Wirtschaft anschieben kann

Von Claudio Kummerfeld

Es ist das ewige Märchen vieler Ökonomen, das bisher noch nie zum erwünschten Resultat geführt hat. Der Staat stimuliert die Wirtschaft zeitlich begrenzt mit höheren Ausgaben, wodurch langfristig Wirtschaftswachstum, Arbeitsplätze und höhere Steuereinnahmen entstehen, die dann am Ende die angfänglich getätigten Staatsausgaben wieder ausgleichen. Eine aktuelle Fortschreibung dieses Märchens kann man heute bewundern, da sich Michael Hüther, der Chef des „Instituts der deutschen Wirtschaft“ aus Köln, zu Wort gemeldet hat. Er wird in der „Rheinischen Post“ wie folgt zitiert:

„Kurzfristig wirkt der starke Flüchtlingszuzug wie ein kleines Konjunkturprogramm, denn der Staat pumpt jetzt viele Milliarden für die Versorgung der Flüchtlinge in die Wirtschaft. Diese Ausgaben versickern nicht im Ausland, sondern schaffen im Inland neues Geschäft und neue Arbeitsplätze. Zur Bewältigung der Krise sind nach Ansicht der Experten gleichzeitig aber auch Neueinstellungen im öffentlichen Sektor, im Gesundheitssektor, bei privaten Dienstleistern und am Bau zu erwarten. Die Mehrausgaben für Flüchtlinge hätten auch daher „hohe Multiplikatoreffekte“.

Diese Ausgaben für die Flüchtlingen sind richtig und notwendig, gar keine Frage. Aber hier geht es darum, dass Ökonomen ihre Thesen in eine „gefühlte Realität“ umwandeln, dass diese Staatsausgaben der Konjunktur wirklich dauerhaft helfen. Auch ist diese These Teil dieses Märchens, dass damit die Staatseinnahmen auch dauerhaft steigen. Aber von vorne. Das Ökonomen-Märchen geht so: Der Staat gibt z.B. 100.000 Euro aus für Decken, Betten und Wohncontainer für eine Flüchtlingsunterkunft. Das Geld landet bei den Logistikfirmen, die das alles anliefern und bei den Herstellern. Die können damit neue Arbeitsplätze schaffen. Sie und ihre Mitarbeiter zahlen somit mehr Steuern, konsumieren auch mehr – dadurch entsteht indirekt noch mehr Nachfrage, Konsum und somit noch mehr Steueraufkommen. Das ist so weit alles richtig.

Nur ein Grundproblem übersehen die Damen und Herren Ökonomen. Der Staat hat am Anfang 100.000 Euro ausgegeben. Wie sollen aus diesen ursprünglichen 100.000 Euro „Staatsausgaben“ direkt und indirekt, auch wenn es Jahre dauert, wieder 100.000 Euro Steuereinnahmen werden? Diese Endrechnung hat bisher noch kein Ökonom aufgemacht, wie das funktionieren soll. An diese Originalsumme kommt der Staat nicht mehr heran, ein Teil oder ein großer Teil verbleibt in der Wirtschaft oder bei den Konsumenten, Teile verpuffen einfach. Der Staat wird also diese „Investition“ nie wieder reinholen, auch wenn die Gelder im Land verbleiben.

Die große Abwrackprämie der Bundes nach der Lehman-Krise waren eine einmalige Sache, ein großer Kostenfaktor, wo jeder wusste, dass das Geld nicht wieder völlig zum Staat zurückfließt. Die Grundthese der „Staatsausgabe, die die Wirtschaft derart toll stimuliert, dass der Staat seinen Einsatz wieder rausbekommt“, hat in USA auch nicht funktioniert – Präsident Obama wollte mit 700 Milliarden Dollar Konjunkturprogramm nach der Lehman-Krise die Wirtschaft „strukturell“ nach vorne bringen. Die Wirtschaft lief ein paar Jahre lang gut, aber auch nur, weil die Notenbank Billionensummen zuschoss. Beide Effekte zusammen hielten auch nicht dauerhaft, sondern überdeckten nur die strukturelle Schwäche der Wirtschaft, die mit dem staatlichen Eingriff nicht behoben wurde. Die Staatsschulden der USA jedenfalls sind jetzt mit mehr als 18 Billionen Dollar höher als je zuvor. Wo sind sie, die durch Stimulus-Maßnahmen und Folgeeffekte entstandenen Steuereinnahmen?

Die Konjunktur in Deutschland wird durch die aktuellen Ausgaben nur für einen kurzen Zeitraum stimuliert, nicht aber strukturell. Feldbetten, Wohncontainer etc werden nur so lange nachgefragt, wie eine große Masse an Flüchtlingen ankommt. Nachhaltig sind diese Aufträge für deutsche Hersteller von Wohncontainern daher nicht. Für die Wirtschaft wie gesagt kurzfristig stimulierend, für den Staat bedeutet es eine höhere Verschuldung. Die USA mit ihren gigantischen Stimulus-Maßnahmen sind dafür das beste Beispiel. Auch Japan kann man gerne als Beispiel dafür heranführen.

Mit Geld kann der Staat keine Strukturen ändern oder die Konjunktur dauerhaft anschieben. Er kann die Wirtschaft nur befeuern, wenn er entsprechende Rahmenbedingungen schafft, z.B. Investition in Forschungseinrichtungen.



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3 Kommentare

  1. Alles richtig,Herr Kummerfeld.Das Henne-Ei-Prinzip steht im Abschnitt:Kurzfristig wirkt der starke Flüchtlingszuzug wie ein kleines Konjunkturprogramm!Zur Bewältigung sind Neuanstellungen in/im …….nötig.Wo sollen diese aber herkommen,im Fachkräftemangel?

  2. Wenn ich den Artikel richtig verstehe, so kann ein Wirtschaftswachstum nur durch (Staats-)Schulden finanziert werden.

  3. Guter Beitrag. Nur leider erlauben die zaghaften Versuche, diesem unsinnigen Gebaren einen Riegel vorzuschieben (Stichwort „Schuldenbremse“) noch immer zu viele Hintertürchen. Wäre die Regierung gezwungen, sofort die Steuern anzuheben, würde sie sich die ursprüngliche Ausgabe dreimal überlegen.

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