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Das Sterben des US-Einzelhandels und die Parallelen zum Jahr 2007

Als Ende 2006 und Anfang 2007 die US-Immobilienpreise zu fallen begannen, hat das damals nur ganz wenige hellsichtige Beobachter beunruhigt. Ähnlich ist es nun im Jahr 2017. Trotz aller Warnzeichen aus der Realwirtschaft der USA: so der Rückgang der Kreditvergabe, steigende Ausfallraten bei Kreditkartenschulden, die Krisenzeichen am US-Automarkt, vor allem aber der Kollaps des stationären Einzelhandels in den USA!

FMW-Redaktion

Als Ende 2006 und Anfang 2007 die US-Immobilienpreise zu fallen begannen, hat das damals nur ganz wenige hellsichtige Beobachter beunruhigt. Der Boom schien doch ungebrochen, nur einen ganz kleinen Rücksetzer zu machen. Die US-Aktienmärkte stiegen fröhlich weiter und kümmerten sich nicht darum, dass die Realwirtschaft Warnsignale sendete. Die Analysten blieben optimistisch, wer vor drohendem Unheil warnte, wurde ausgelacht.

Ähnlich ist es nun im Jahr 2017. Trotz aller Warnzeichen aus der Realwirtschaft der USA: so der Rückgang der Kreditvergabe, steigende Ausfallraten bei Kreditkartenschulden, die Krisenzeichen am US-Automarkt, vor allem aber der Kollaps des stationären Einzelhandels in den USA!

Inzwischen haben seit Anfang diesen Jahres über 300 Einzelhandelsunternehmen Insolvenz angemeldet, deutlich mehr, als zum vergleichbaren Vorjahreszeitraum (+31%). Laut einer Studie werden 8640 stores in diesem Jahr schließen – häufig Filialen größerer Ketten wie Sears, die in schwerem finanziellen Fahrwasser sind und daher versuchen, zu schrumpfen, um doch noch zu überleben. Viele dieser Einzelhandels-Ketten sind hoch verschuldet, bekamen aber während und nach der Finanzkrise billige Kredite von Investmentgesellschaften. Nun aber bricht das Geschäft weg, die Schulden aber bleiben.

Der gestern vermeldete Rückgang des US-Einzelhandelsumsatze von -0,3% in der Kernrate war kein Zufall. Das einzige, was beim Konsum wächst, sind die Online-Umsätze (+0,8% zum Vormonat), während der stationäre Einzelhandel in den USA einen beispiellosen Niedergang erlebt. Laut der Ratingagentur Moody´s stehen weitere 22 US-Einzelhandelsketten kurz vor der Insolvenz (16% der von Moody´s analysierten Unternehmen aus dem Einzelhandel), und die Credit Suisse schätzt, dass innerhalb der nächsten fünf Jahre zwischen 20% und 25% aller amerikanischen Shopping Malls (Einkaufszentren) schließen müssen. Das bedeutet: es werden Millionen von Jobs verschwinden im Dienstleistungssektor der USA. Die Jobs aus dem Bereich Industrie sind ohnehin schon weggefallen, sie machen keine 9% mehr der amerikanischen Arbeitsplätze aus.

Noch nie in der Geschichte der USA ging es dem US-Einzelhandel so schlecht wie derzeit, und das liegt sicher auch an dem kometenhaften Aufstieg von Amazon. Aber Amazon ist ja auch kein ganz neues Phänomen, auch das Internet gibt es schon viele Jahre. Also muß das derzeitige Sterben des US-Einzelhandels auch mit den Problemen des US-Konsumenten zusammen hängen! Und wenn der US-Konsument ein Problem hat, hat die Wirtschaft der USA ein Problem, da das BIP der USA sich zu 70% aus den Konsumausgaben speist.


Eine verlassene Shopping Mall in Austin, Texas
Foto: Justin Cozart – originally posted to Flickr as Hunky, CC BY-SA 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=8964457

Während also Millionen von Jobs wegfallen werden und derzeit unglaubliche 102 Millionen Amerikaner im arbeitsfähigen Alter keinen Job haben (davon werden 95 Millionen vom Bureau of Labor Statistics als „not in the labor force“ gewertet, entweder weil sie schon zu lange arbeitslos sind oder nicht nach Arbeit suchen), werden weitere Millionen Jobs im Einzelhandel wegfallen – laut einer Schätzung des World Economic Forums zwischen 30% und 50% aller Arbeitsplätze in diesem Bereich.

Aber die Märkte steigen munter weiter und entfernen sich damit wie im Jahr 2007 immer mehr von der Realwirtschaft. Aber diesmal, ja diesmal wird es sicher gut gehen..



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3 Kommentare

  1. noch ein kleiner zusatz zum thema internethandel: obwohl dortseit jahren zugewinne zu verzeichnen sind, gehen die erträge bzw, gewinne pro einzelnem artikel immer mehr gegen null. ich weiss aus eigener erfahrung ( von 1990 – 2007 marketingleiter franchise sportartikeleinzelhandel ), dass, zb auf ebay, neuware unter dem ek für einzelhändler angeboten wird. das bedeutet, dass das „sterben“ nicht nur im stationären handel weitergeht, sondern auch im onlineshopping die sterberate hoch bleiben wird.

  2. Das heisst ,ÜBERPRODUKTION = MARGENEROSION wenn da der Aktienmarkt nich irgendwann reagiert verstehe ich die Finanzwelt immer weniger !

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