Allgemein

Das „V“ ist vom Tisch – es war auch zu offensichtlich

Gehen Sie mal durch deutsche Innenstädte dieser Tage. Die Leerstände nehmen sprunghaft zu. Dazu wird Karstadt Kaufhof jetzt in zahlreichen mittelgroßen Städten noch großer Anker-Häuser dicht machen, wodurch noch mehr Innenstädte veröden. Alleine das zeigt, dass die Krise zum Beispiel im Einzelhandel nicht mal eben in Form von einer V-förmigen Erholung vorbei geht. Auch aktuelle Daten zur Kurzarbeit zeigen, dass sie nur minimal zurückgeht, und im Juni immer noch 6,7 Millionen Menschen kurzarbeiten. Diese Millionen von Menschen werden jetzt wohl kaum dank Mehrwertsteuersenkung neue Fernseher kaufen oder locker und bestens gelaunt eine Urlaubsreise buchen, geschweige denn ein neues Auto kaufen. Also… wer den gesunden Menschenverstand einschaltet, der sieht auch schon ganz ohne Expertenmeinung, dass die aktuelle Konjunkturkrise nicht in Form eines V verschwinden wird.

Das „V“ ist vom Tisch

Ja, das „V“ ist vom Tisch. Genau so wird es aktuell auch in einer Veröffentlichung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) geschrieben. Trotz der Lockerungen von Corona-Beschränkungen und der von der Politik angekündigten Unterstützungsmaßnahmen sei für die deutschen Unternehmen keine schnelle Erholung in Sicht, so der DIHK. Die Aussagen des Verbands basieren auf einer Umfrage (hier die Details), die man vom 22.-26 Juni bei 8.500 Unternehmen durchgeführt hat. So rechne die Hälfte der Betriebe frühestens im nächsten Jahr mit einer Rückkehr zur geschäftlichen Normalität. Nur ein Drittel erwarte eine Normalisierung schon in diesem Jahr.

So bedeutend Überbrückungshilfen und Konjunkturpakete auch seien. Nichts sei für Unternehmen so wichtig wie die Chance, selbst wieder am Markt Umsatz machen zu können, so die aktuelle Aussage des DIHK. Der Umfrage zufolge erwarten weiterhin vier von fünf Betrieben für das gesamte Jahr einen Umsatzrückgang. Im DIHK-Konjunkturradar fällt die Geschäftslage auf den tiefsten Stand seit Beginn der Erhebungen 1985. Die Umfrage bestätige die Prognose eines Wirtschaftseinbruchs von 10 Prozent in diesem Jahr. Auch werde der Weg aus dem Tal eher länger als kürzer. Die Unternehmen würden mit großer Sorge sehen, dass ihre Geschäfte nicht schnell wieder in Gang kommen, obwohl der Shutdown in Deutschland und anderen Partnerländern gelockert worden ist, so der DIHK.

Probleme gab es schon vor Corona

Wir meinen: Die Rezession war schon kurz vor Corona im Anflug. Und jahrelang hatten sich (Thema Zombieunternehmen) immer mehr unrentable Unternehmen (mit Hilfe der Nullzinspolitik der EZB) im Wirtschaftskreislauf angestaut, die jetzt umso schneller den Bach runtergehen (siehe Karstadt Kaufhof, Maredo, Vapiano uvm). Es ist also aktuell nicht nur eine Corona-Rezession. Sie hat die unterschwellig brodelnden Probleme offengelegt, und bringt kaputte Marktteilnehmer derzeit schneller zu Fall, als es der Fall gewesen wäre, wenn die Volkswirtschaft vorher kerngesund war. Und wie will man die Kurzarbeiter (immerhin derzeit 20 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten) zum Konsum animieren? Und Millionen von Menschen, die nicht in Kurzarbeit sind, aber zum Beispiel als Solo-Selbständige in Existenznot sind und nun Hartz 4 beantragen sollen? Die werden auch nicht konsumieren. Die wirtschaftliche Erholung wird wohl ein langes, verdammt trockenes Brot werden, so meinen wir. Hier noch einige ausgewählte Aussagen des DIHK von heute im Wortlaut:

Kaum Spielraum für Zukunftsinvestitionen

Konkret berichten 60 Prozent der Unternehmen von weniger Nachfrage und 43 Prozent von stornierten Aufträgen. Mehr als ein Drittel der Betriebe plant weniger Investitionen, in der Industrie sind es sogar 55 Prozent. „Dabei brauchen wir angesichts der enormen Herausforderungen bei Digitalisierung und Energiewende Innovationen und Investitionen hierzulande, um auch nach der Krise wettbewerbsfähig zu sein“, betont der DIHK-Hauptgeschäftsführer.

Finanzierungsprobleme nehmen zu

Hinzu kommt, dass immer mehr Unternehmen mit Finanzierungsproblemen zu kämpfen haben. Das schränkt zusätzlich Raum für Investitionen in neue Technologien, Produkte und Märkte ein. Mehr als 40 Prozent berichtet von Liquiditätsengpässen. Fast jeder zweite Betrieb meldet einen Rückgang des Eigenkapitals. „Das geht vor allem bei mittelständischen Unternehmen schnell an die Substanz, weil zur Finanzierung laufender Zahlungsverpflichtungen die Umsätze fehlen“, berichtet Wansleben.

„Wir sollten den Wirtschaftsstabilisierungsfonds der Bundesregierung deshalb unbedingt mittelstandsfreundlicher gestalten, damit auch zahlenmäßig mehr Unternehmen davon profitieren können. Außerdem läuft die Zeit davon. Wir sehen Bundesregierung und EU-Kommission hier erheblich unter Zugzwang.“

EU-Binnenmarkt muss wieder anspringen

Wegen der Corona-Einschränkungen im Welthandel rechnet der DIHK in diesem Jahr mit einem Exportrückgang von 15 Prozent. „Jeder zweite Arbeitsplatz in Deutschland hängt am Export,“ betont Wansleben. „Deshalb kann das nationale Konjunkturpaket nur einen Teil der Krise lösen.“



Kommentare lesen und schreiben, hier klicken

Lesen Sie auch

6 Kommentare

  1. Das V ist vom Tisch? Also wenn ich mir den Kursverlauf von Tesla ansehe ist das ein Paradebeispiel von einem „V“

    1. Ja, ich kann mir nicht helfen. Aber wenn ich den Tesla-Kurs so anschaue, muss ich irgendwie an Wirecard denken. Schau ich mir die Realitäten in Abstimmung mit dem Börsenkurs an, bringe ich das in meinem Kopf auch nicht zusammen. Da scheint mir einiges gepreist, das auch nicht stimmen kann. Im Gegensatz zu den anderen Autoherstellern (weltweit), scheint Tesla das Corona-Thema nichts anhaben zu können.

      1. @Scheer, @Zimmermann,
        manchmal, nein eigentlich fast immer, frage ich mich, ob Kommentatoren eigentlich die Artikel lesen. Oder nur den immer gleichen Senf, in welche Richtung auch immer, verschleiernd auf die Aussagen schmieren wollen.

        Wann immer von der V-Erholung hier auf FMW geschrieben wird, bezieht sich diese auf die Realwirtschaft. Wann immer die meisten Senf verschmieren, geht es um die Aktienkurse. Wirtschaft und Börsen sind seit mindestens etwa 20 Jahren Paralleluniversen.

        Wirtschafts-V ganz klar nein, Börsen-V vermutlich (wie V) ja. V-wie-Vollpfosten-Politikern und -Bankern sei Dank ✌️

  2. Die V-förmigen Erholung ist doch nur Finanzanlaystengeschwätz. Unterhalten Sie sich mal mit Unternehmern (keine Manager, zu Unternehmern besteht da nämlich ein erheblicher Unterschied), dann ist klar was und wie es läuft.

    1. Das stimmt, Vorfinanzierungen z.B. für Baumaterial stellt für manche Handwerker jetzt teilweise schon eine Herausforderung dar. Es müssen substanzielle Sicherheiten geboten sein, sonst gibts von der Bank kein Geld.
      2021 wird sehr spannend.

  3. Ja, das „V“ ist vom Tisch! Das sollte allmählich auch Realitätsverweigerern und Träumern klar werden. Es wird aber auch kein „L“ werden. Das wirtschaftliche Desaster wird weiter zunehmen; die zwangsläufigen Kettenreaktionen sind durch keine Maßnahmen mehr aufzuhalten und am Ende werden der Zusammenbruch des Geld- und Finanzsystems und einhergehend auch das Ende des Euros stehen.

    Eine der spannendsten Fragen ist für mich, wann es zu einer massiven Inflation kommt und ob es überhaupt zu Inflation außerhalb der Vermögenspreise kommen wird. Sie wird uns ständig und immerfort mit anscheinend zwingenden Gründen angekündigt, aber bisher kommt sie einfach nicht.

Hinterlassen Sie eine Antwort

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert




ACHTUNG: Wenn Sie den Kommentar abschicken stimmen Sie der Speicherung Ihrer Daten zur Verwendung der Kommentarfunktion zu.
Weitere Information finden Sie in unserer Zur Datenschutzerklärung

Meist gelesen 7 Tage