Europa

Dax: Der Kampf um die technische Rezession in Deutschland

In Zeiten von Corona mehren sich die Anzeichen, dass es das Export- und Tourismusland Deutschland besonders treffen wird - mit Folgen für den Dax

Unser Leitindex Dax ist wie gewohnt dabei, wenn es an den Börsen abwärts geht – aber häufig ist er zögerlich bei Erholungen anderer Indizes. In Zeiten von Corona mehren sich die Anzeichen, dass es das Export- und Tourismusland Deutschland besonders treffen wird, sollte die Virusinfektion nicht rasch eingedämmt werden. So verwundert es nicht, dass der Dax in seiner Entwicklung selbst der italienischen Börse hinterherhinkt. Deutschlands Konjunktur kämpft schon über ein Jahr mit dem Abgleiten in eine technische Rezession, Handelskrieg und Automobilkrise setzten unsere Wirtschaft ständig unter Druck. Jetzt beginnt der Kampf von Neuem, unter verschärften Bedingungen.

Die abgesenkten Prognosen der Unternehmen im Dax

Sollten die Gewinne der 30 DAX-Unternehmen im Jahr 2020 nicht im Schnitt um zehn Prozent wachsen? So lautete erst vor Kurzem noch der Konsensus der Analystenschätzungen. Nach dem Stillstand Chinas in der Folge von Covid-19 ist davon keine Rede mehr, zu stark wird Chinas Katastrophenquartal Deutschlands Industrie in die Knie zwingen. Ob Daimler oder Volkswagen, die in China 30 bis 40 Prozent ihrer Umsätze erwirtschaften, oder BASF, der weltgrößte Chemieproduzent, der über 100 Länder mit seinen Grundprodukten beliefert: sie alle spüren die sinkende Nachfrage und vor allem unterbrochene Lieferketten. Man muss kein Prophet sein, um für die nächsten Wochen eine Kaskade von Gewinnwarnungen von im Dax notierten Unternehmen zu prognostizieren. Kein Firmenchef und auch keine Börse konnte vor zwei Monaten antizipieren, was das Coronavirus für eine Belastung für die Weltwirtschaft darstellen wird.

Demzufolge hagelt es Wachstumsabstufungen für nahezu alle Regionen der Welt – und mit an vorderster Front, der ehemalige Exportweltmeister Deutschland. Und das belastet natürlich den Dax.

Das US-Haus Goldman Sachs hat bereits nach zwei Monaten seine Jahresprognose für Deutschland drastisch revidiert. Von einem Plus von 0,9 Prozent auf jetzt ein Minus von 0,2 Prozent. Die Begründung für diesen radikalen Schritt ist eine allseits bekannte: Deutschland leide am Stillstand Chinas von allen Nationen am meisten und man erwarte deshalb für das erste Halbjahr eine technische Rezession. Die Bank of America kommt ebenso zu einer deutlichen Revision ihrer Prognose mit einer Abstufung auf 0,1 Prozent. Selbst ein staatliches Konjunkturprogramm würde erst im zweiten Halbjahr für Erleichterung sorgen. Hinzu käme die große Bedeutung des aktuell leidenden Tourismus, der immerhin mit acht Prozent in das Bruttoinlandsprodukt einfließt.

Die Analysten bringen noch ein weiteres Argument, welches sich als nachträgliche Belastung für Deutschlands Konjunktur erweisen könnte. Man habe im vierten Quartal große Lagerbestände aufgebaut, deshalb kam es in Q4 zu dem anämischen Wachstum von 0,028 Prozent. Der Abbau wird das aktuelle Wachstum schwächen.

Auch die OECD senkte die Prognose für Deutschland – allerdings moderat von 0,4 auf 0,3 Prozent für 2020. Für ausländische Investoren ist all das kein wirkliches Argument, um den Dax zu kaufen.

Der Einbruch des Ifo-Beschäftigungsbarometers

Die gute Beschäftigungslage in Deutschland war bisher der entscheidende Faktor, warum die Rezession in der Industrie noch nicht voll auf das Bruttoinlandsprodukt des Landes durchschlagen konnte. Der Konsum florierte.

Aber es geht mit der Beschäftigung im Industriesektor sukzessive weiter nach unten. Von plus 3,3 auf minus 17,7 Punkte, innerhalb eines Jahres und dies in gradliniger Bewegung, so präsentiert sich das Ifo-Beschäftigungsbarometer für die deutsche Industrie. Die Bereitschaft neue Mitarbeiter einstellen zu wollen, sank im Februar von 99,6 auf 98,1 Punkte, der größte Rückgang seit der Finanzkrise 2008.

„Der zu Jahresbeginn herrschende Optimismus auf dem deutschen Arbeitsmarkt ist verflogen”, so der Arbeitsmarktexperte des Ifo-Instituts Klaus Wohlrabe.

Fazit

Der einst starke Mann Europas, in Gestalt der deutschen Volkswirtschaft, steht gewaltig unter Druck. Handelsstreit mit den USA, Brexit, Umbruch in der Automobilindustrie, ein grassierendes Virus, welches sich in Deutschland ausbreitet und nicht zuletzt ein neues Flüchtlingsproblem. Mit dem Rekordstand von 45 Millionen Beschäftigten in Deutschland zu Beginn des Jahres waren Konsum und Steuereinnahmen gesichert und dennoch reichte es in Q4 2019 nur noch für ein Wachstum von 0,028 Prozent. Wie soll bei diesen Rahmenbedingungen die nächste technische Rezession nach der Eurokrise 2012/13 verhindert werden können? Für den Dax ist da kein gutes Omen..

Der Dax in Zeiten des Coronavirus



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