Ist der Dax nach seinen massiven Anstiegen inzwischen zu „teuer“? Rein optisch könnte man diese Behauptung aufstellen. Immerhin sehen wir inzwischen fast täglich neue Rekord-Höchststände, und seit Jahresanfang ist der Dax um 9,53 % gestiegen auf aktuell 21.963 Punkte. In den letzten zwölf Monaten war es ein Anstieg um 28,72 %. Besprochen wird in diesem Artikel auch, ob die Aktien von SAP (+62,61 %), Rheinmetall (+110,55 %) und VW (-22,16 %) teuer oder günstig bewertet sind.
Dax-KGV immer noch moderat
Die Konzerngewinne steigen weiterhin gut an, von daher ist auch der Anstieg im Index gerechtfertigt. So sehen wir bei einem aktuellen KGV-Wert (Kurs-Gewinn-Verhältnis) von 16,46 im Dax eine 2025-Aussicht von 15,73, und für 2026 ist es ein erwartetes KGV von 13,59. Die 2027-Erwartung liegt bei 12,29. Man sieht also, die Gewinnerwartungen der Dax-Unternehmen für die kommenden Jahre nehmen zu, von daher werden auch die Bewertungen günstiger. KGV-Werte zwischen 10 und 20 gelten als normal oder moderat. Unter 10 ist es schon recht günstig, und ab 20 wird es bei normalen Unternehmen langsam etwas teuer. Technologie-Unternehmen wird in der Regel ein höheres KGV zugestanden, weil das Umsatz- und Gewinnwachstum bei Tech-Unternehmen oft viel stärker ist als bei „alten langweiligen“ Industrieunternehmen.
Rheinmetall
Seit Kriegsausbruch im Februar 2022 hat die Rheinmetall-Aktie im Dax eine Art Sonderstatus. Aus nachvollziehbaren Gründen will und muss man überall in Europa massiv nachrüsten. Die Aufträge sprudeln nur so hinein in die Auftragsbücher von Rheinmetall. Entsprechend klettern auch die Gewinnaussichten immer weiter in die Höhe. Nicht nur, dass die Aktie in den letzten zwölf Monaten um satte 110,55 % ansteigen konnte. Seit Kriegsausbruch in der Ukraine im Februar 2022 stieg die Aktie um 660 %. Was für ein Anstieg! Lag das KGV – gemessen am aktuellen Kurs in Relation zu den letzten vier Quartalen – noch bei einem Wert von 76, so wird für das Geschäftsjahr 2025 ein Wert von 24,59 erwartet, und für 2026 liegt die Erwartung bei einem Wert von 17,51. Geht man davon aus, dass Rheinmetall diese Gewinnerwartungen der nächsten beiden Jahre wirklich erfüllt, dann wäre dieser Dax-Highflyer auch auf dem aktuellen Kursniveau moderat bewertet! Wenn man davon ausgeht, dass der Krieg nicht so schnell endet, und dass Europa weiterhin massiv nachrüstet, könnte die Aktie weiterhin ein interessanter Wert sein, trotz der enormen Kurszuwächse.
VW
VW ist quasi der „Vorreiter der Autokrise“ im Dax. Die Geschäfte laufen nicht mehr wirklich rund. Seit geraumer Zeit haben die Anleger diese Krise vorher gesehen, weswegen der Aktienkurs sank. Weil die Gewinnaussichten immer noch akzeptabel sind, die Anleger aber mehr als skeptisch sind für die Geschäfte der deutschen Autoindustrie, haben die Autowerte im Dax seit geraumer Zeit traumhaft günstige KGV-Werte von weit unter 10. Bei VW liegt die KGV-Erwartung für das Geschäftsjahr 2025 bei 3,71, und für 2026 bei 3,26. Man möchte es fast gar nicht glauben: Bei einem aktuellen Kurs von 93,24 Euro in der VW-Vorzugsaktie liegt die Erwartung für den Gewinn für das Geschäftsjahr 2025 bei 25,37 Euro pro Aktie. Beim VW-Umsatz zeigen die Aussichten gegenüber 2023 eine Stagnation. Immer noch kann das Geschäft des Autobauers weiter abstürzen, und irgendwann die Gewinnbasis zügig erodieren.
Ein gutes Beispiel dafür war Bayer. Dort zahlte man jahrelang eine saftige Dividenden aus, die Rendite war hoch – das Geschäft aber lief mau, und die Monsanto-Klage-Probleme in den USA sorgten ständig für neue Probleme. Aber im Februar 2024 von Jetzt auf Gleich strich Bayer die Dividende fast komplett zusammen, man will lieber erstmal eine Zeit lang den Schuldenberg abtragen. Eine Katastrophe für Anleger, die auf dieses „Modell“ einer hohen Ausschüttung gesetzt hatten. Dies könnte auch bei VW passieren – oder die Wolfsburger kriegen doch noch die Kure, und die Gewinne sprudeln weiter? (hier dazu eine Analyse) Wenn VW die Kurve kriegt, wäre ein Einstieg in die Aktie auf den aktuellen Bewertungsniveaus natürlich ein Traum. Was man bedenken muss: Die günstigen KGV-Werte der Autobauer sorgen mit dafür, dass der KGV-Gesamtschnitt im Dax so günstig dasteht!
SAP
Und SAP? Das Mega-Schwergewicht im Dax ist das deutsche Vorzeige-Tech-Unternehmen, und beherrscht mit seiner großen Marktkapitalisierung den Dax, auch wenn die Gewichtung auf 15 % Anteil gedeckelt ist. Billig war die Aktie nicht, ist sie nicht, und auch die KGV-Erwartung ist nicht wirklich billig. Aber wie gesagt – Tech-Unternehmen mit gutem Wachstum wird allgemein ein höherer KGV-Wert zugestanden. Bei SAP liegt die 2025-Erwartung bei 42,65, und für 2026 bei 35,68. Nicht billig, aber auch kein Wert von 70 oder höher wie bei so manchen Silicon Valley-Werten in ihren „schlimmsten“ Zeiten. Das KGV ist nicht alles. Anleger schauen oft auch darauf, ob Umsatz- und Gewinnwachstum weiterhin ordentlich zulegen können, ob die Wachstumsstory eines Unternehmens intakt bleibt. Gerade bei SAP ist das sehr wichtig. Aber noch sind die Anleger voll überzeugt, was den Dax bislang auf immer neue Höchststände pusht.
Fazit
Auch wenn der Dax so wunderbar ansteigt: Es ist kein einheitliches Bild. Die Autobauer sind in der Krise, und die KGVs sind traumhaft niedrig, weil die Anleger diese Aktien meiden. Dies hilft, den Gesamtschnitt der Bewertung zu dämpfen. Rheinmetall läuft „außerhalb der Norm“. Das waren nur mal zwei Beispiele. Ein einheitliches Bild im Index gibt es nicht. Aber abseits der hier besprochenen Aktien kann man allgemein schon sagen, dass die Gewinne der Dax-Konzerne weiter gut ansteigen, und dass der optisch steile Anstieg im Index eine Rechtfertigung hat.
Risikohinweis: Der Handel mit Wertpapieren und Finanzinstrumenten kann Ihr Kapital erheblichen Risiken aussetzen, unter Umständen auch über das eingesetzte Kapital hinaus. Trading ist nicht für jeden geeignet. Vergangene Performance ist keine Garantie für zukünftige Performance. Die hier gezeigten Analysen stellen keine Anlageberatung dar und sind daher auch keine Empfehlung zum Kauf bzw. zum Verkauf eines Wertpapiers, eines Terminkontraktes oder eines sonstigen Finanzinstrumentes. Die bereitgestellten Analysen sind ausschließlich zur Information bestimmt und können ein individuelles Beratungsgespräch nicht ersetzen. Eine Haftung für mittelbare und unmittelbare Folgen aus diesen Vorschlägen ist somit ausgeschlossen.
Hinweis auf mögliche Interessenkonflikte: Der Autor dieses Artikels ist mittelbar oder unmittelbar in Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate investiert: Dax.
FMW mit Daten aus Bloomberg Terminal
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SAP kämpft ständig mit der Kappungsgrenze von 15% Gewichtung im SAP. Die deutsche Börse möchte einen zweiten Dax-Index auflegen, der die Schwergewichte nicht mehr limitiert.
https://www.n-tv.de/wirtschaft/Deutsche-Boerse-legt-einen-zweiten-DAX-auf-article25550864.html
In SAP momentan einzusteigen, ist mir defintiiv zu teuer, das KGV ist irre. Da genügen ein paar entsprechende Ereignisse / Nachrichten und SAP wird seine überfällige Korrektur einleiten. Ich wunder mich sowieso darüber, dass momentan immer noch herzhaft zugegriffen wird.
…das KGV liegt bei gerade mal 59 und der Gewinn pro Aktie bei 2,65…der Beginn zur Umstellung der Kunden in die Cloud hat erst begonnen und wird in Zukunft weiter Fahrt aufnehmen…damit erhöht sich auch der Gewinn und senkt das KGV automatisch ab…da geht noch einiges…