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Wall Street schwächer als der Dax - warum? Dax versus S&P 500: Warum läuft Deutschlands Index besser?

Dax besser als S&P 500

Wann hat man dies zuletzt gesehen: Der US-Leitindex S&P 500, der wichtigste Index der Welt, läuft seitwärts, der deutsche Leitindex Dax 40 dagegen steigt. Wenn der amerikanische Index aber fällt, hält sich sein deutsches Pendant derzeit oft stabil. Früher hieß es einmal: Wenn die Wall Street nießt, kriegen die europäischen Märkte einen Schnupfen. Insbesondere der Dax, der oft stärker schwankt als der amerikanische Markt, auch wenn die auslösende Meldung den deutschen Markt eigentlich gar nicht besonders tangiert. Doch seit dem letzten Jahr hat sich dies in erstaunlicher Weise geändert.

Eine Spurensuche.

2022: S&P 500, minus 19 Prozent, Dax minus 12 Prozent

Dies hätte wohl kaum jemand für das letzte Jahr erwartet. Der deutsche Leitindex Dax schlägt den großen Bruder aus Übersee um Längen. Einige Gründe sind im Nachhinein rasch gefunden: Durch die starke monetäre Wende in den USA, mit einem Zinsanstieg von 425 Basispunkten in nur neun Monaten, ging es den dominanten Technologietiteln in den USA mächtig an den Kragen.

Mit großen Auswirkungen: Zum einen waren diese durch die jahrelange Hausse extrem hoch bewertet (dreimal so hoch wie der Sektor Value im S&P 500). Zum anderen musste die hohe Gewichtung der ehemaligen FANGMA-Titel, plus Tesla, bei der wohl notwendigen Korrektur – Mean Reversion, Rückkehr zum Mittelwert, bewertungstechnisch betrachtet – den Index mit in die Knie zwingen. Hinzu kommt, dass Wachstumstitel bei höheren Zinsen besonders leiden, da deren Gewinne in der Zukunft durch das Prinzip der Abdiskontierung weniger wert sind.

Die Folge: Die Dickschiffe (Amazon bis Tesla) verloren im Schnitt die Hälfte ihrer Marktkapitalisierung und belasteten den S&P 500 sowie natürlich den Technologie-Index Nasdaq. All das nach über einem Jahrzehnt gigantischer Outperformance.

Hier eine Grafik von Advisor Perspectives, die die Überlegenheit des amerikanischen Leitindex S&P 500 (neben dem indischen) seit dem Tief in der Finanzkrise 2009 aufzeigt. Weit abgeschlagen die europäischen Märkte sowie der Rest der Welt. Wie bereit schon mehrfach erwähnt: Es war das amerikanische Jahrzehnt an den Aktienmärkten. In der Spitze mit einer Versiebenfachung des S&P 500 oder gar einer Versechzehnfachung beim Nasdaq:

(DAXK = Dax-Kursindex, ohne Dividenden)

Europa gegen die USA: Eine kleine Fehleinschätzung

Im Sommer 2022 meinten viele Teilnehmer bei der Umfrage der Bank of America unter großen Fondsmanagern: Meidet Europas Aktien, der Kontinent wird durch die Energiekrise in eine schwere Rezession gleiten. Der Ausfall russischen Gases kann nicht kompensiert, die Speicher nicht gefüllt, die Produktion in der Industrie nicht aufrechterhalten werden.

Was ist dann geschehen? Die deutsche Politik hat alle Hebel in Bewegung gesetzt, um an Gas zu kommen, in Gestalt von Flüssiggas „whatever it takes“, oder egal wie teuer es ist. Die Speicher füllten sich in Rekordgeschwindigkeit, der Preis für die Megawattstunde fiel an der Börse von 330 Euro im August bis auf zuletzt unter 70 Euro.

Weil auch noch Glück dazu kam. Der Winter verlief seit Mitte Dezember extrem mild, die Speicher sind selbst am 10. Januar noch zu 91 Prozent gefüllt, fast doppelt so hoch wie im Vorjahr. In sieben Wochen ist bereits meteorologischer Frühlingsanfang und selbst wenn es noch zu einem richtigen Winter kommen sollte, ab Mitte Februar ist der Sonnenstand bereits so hoch wie im Oktober. Die Energiekrise ist zumindest für diese kalte Periode höchstwahrscheinlich vom Tisch.

Sicherlich ein Hauptgrund für diese seltene und ausgeprägte Outperformance des Dax und der Börsen Europas gegenüber den USA seit acht Wochen:

Die Wirtschaftsabschwächung in Europa im Winter wird sicherlich deutlich geringer ausfallen, als noch im Spätsommer antizipiert.

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Big Money in den USA hatte sich getäuscht, ein wesentlicher Aspekt, zumal sich der deutsche Leitindex Dax mehrheitlich in angelsächsischen Investorenhänden befindet. Und nicht zu vergessen: Der Dax 40 ist fast um ein Drittel günstiger bewertet, als sein amerikanischer großer Bruder (S&P 500), vom Nasdaq erst gar nicht zu reden. Selbiges gilt auch für andere europäische Länderindizes.

Fazit: Warum der Dax besser läuft als die Wall Street

Ist diese Abkopplung des Dax und der europäischen Märkte nur ein zeitlich begrenztes Phänomen oder von längerer Dauer? Man könnte es nach mehr als einem Jahrzehnt der US-Dominanz, auch befördert durch allerlei „Financial Engineering“, fast vermuten. Man denke nur an die gigantische Summe an Aktienrückkäufen in Höhe von über sieben Billionen Dollar in dieser Zeit. Dies sollte es in dieser Form nicht so schnell wieder geben, Stichwort Zinsniveau.

Aber: Es gibt eben die amerikanische Technologie, (ob bei Google oder Microsoft), deren Monopolstellung einfach noch weiter wirkt. Aber auch den Umstand, dass Amerikas Wirtschaft gerade von den letzten Krisen profitiert hatte:

Während und nach Corona durch seine Hochtechnologie, besonders im Homeoffice und nach dem Beginn des Ukrainekriegs durch die große Stärke als Energieversorger vieler Länder.

Aber bleibt das so? Eine sehr wichtige Frage. Klar kann auf die großen Konzerne in den USA durch ihre dominante Stellung (Amazon, Alphabet, Apple, Microsoft) nicht so rasch verzichtet werden. Aber vielleicht ist es aber die Fed, die ketzerisch formuliert, durch einen Policy Error im Jahre 2023 mit ihrer monetären Straffung (Quantitative Tightening) die Underperformance einiger heimischer Aktienindizes gegenüber Europa und vielleicht auch China und den Emerging Markets temporär befördert?

Und noch etwas über den Tellerrand hinausblickend: Es ist kaum zu erwarten, dass der Anteil amerikanischer Aktien an dem die größten 23 Industrieländer umfassenden MSCI World mit jüngst 70 Prozent gehalten oder gar noch ausgebaut werden kann.



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5 Kommentare

  1. …ja das wird spannend werden, wobei aber auch die Straffung der Geldpolitik der EZB nicht außer acht gelassen werden darf…es könnte sich 2023 wieder umkehren und die europäischen Indizes werden wieder leiden…we will see

  2. Aber auch zu beachte,dass die Amis mit den Zinserhöhungen viel früher angefangen haben und weiter fortgeschritten sind.Wenn die EZB tüchtig erhöht und zugleich der Euro noch stärker wird ist dann im energiegeschwächten Europa Schicht im Schacht.
    Vielleicht wären dann chinesische Aktien und T- Bonds sowieso die bessere Wahl.

  3. Nicht immer, aber oft war der Dax der Schlusspunkt einer Rally.
    oder Dividentenausweichhafen, oder es ist halt so…………

  4. Naja liegt vielleicht daran, dass de DAX ein Performance Index ist, der S&P 500 nicht…DAX also ein verfälschter Index in diesem Sinne

  5. @Zyzz. Hallo, da haben Sie grundsätzlich recht. Deshalb wurde der Langzeitvergleich auch mit dem Kurs-Dax gemacht. Für das Jahr 2022 gesamt, kommt der DAX damit etwas zu gut weg. Aber: Die große Outperformance beim Dax begann nach dem 27. September mit zuletzt plus 23 Prozent. Und die Dividendensaison beim Dax fand zwischen Februar und Juni statt.
    Grüße

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