Viele Anleger werden sich vermutlich die Augen reiben, angesichts der Tatsache, dass der altwürdige deutsche Leitindex Dax so gut performt, obwohl die deutsche Wirtschaft im ersten Quartal sogar geschrumpft ist (-1,7 Prozent ). Anders hingegen die US-Wirtschaft mit einem Plus von 6,4 Prozent und was machen die Aktienindizes? Der DAX liegt mit dem S&P 500 mehr als gleichauf, mit leichtem Vorsprung und dies nicht nur seit Jahresbeginn, sondern auch schon seit dem Sieg Joe Bidens bei den Präsidentschaftswahlen Anfang November 2020.
Der Dax, ein Call auf die Weltwirtschaft
Zugegeben: die Outperformance des DAX gegenüber dem S&P 500 ist nicht allzu groß – 13,1 zu 11,91 Prozent seit Jahresbeginn – , aber dennoch erstaunlich, schließlich befinden sich in dem amerikanischen Weltleitindex die großen und wachstumsstarken FAAMG-Aktien, die mit ihren monopolartigen Geschäftsmodellen erst gewaltige Milliardengewinne in Q1 vermeldet haben. Auch der S&P 500 Gesamt hatte in den Quartalszahlen groß aufgetrumpft mit fast 50 Prozent Gewinnsteigerung zum vierten Quartal 2020 und zugleich haben ein Viertel der Unternehmen die Aussichten für das Jahr sogar angehoben. Ohne ins Detail zu gehen, erkennt man daran bereits, dass der DAX nur noch wenig mit der deutschen Wirtschaft als Ganzes zu tun hat – er ist exportorientiert, mit viel Old Economy und macht die meisten seiner Gewinne im Ausland.
Deutsche Wirtschaft geschrumpft, Dax mit Rekordgewinnen
Der Vergleich der Quartalsgewinne der 30 Dax-Konzerne zwischen dem ersten Quartal 2021 und dem Corona-Quartal 2020 zeigt einmal mehr, wie teilweise absurd die Vergleiche ausfallen. Das erste Quartal 2021 brachte für die größten Börsentitel in Deutschland mit 362 Milliarden Euro Umsatz eine neue Bestmarke.
Mit knapp 42 Milliarden Euro vor Steuern und Zinsen waren dies Rekordgewinne, nachdem man noch vor einem Jahr mit 21 Milliarden Euro so wenig wie seit zehn Jahren nicht mehr gemeldet hatte. Aber bei diesen Zahlen gilt es stets zu beachten, dass dies Blicke in den Rückspiegel sind -was zählt, sind die Aussichten.
Aber: 2021 könnte es weitere Rekordgewinne geben, im vergangenen Quartal wurden die Gewinnschätzungen für das neue Geschäftsjahr für Continental, Deutsche Post und Siemens um mehr als fünf Prozent angehoben, für Volkswagen, Infineon und BASF um über zehn Prozent, für Daimler um 40 Prozent und den Chemie Konzern Covestro sogar um über 60 Prozent.
Im übrigen sind diese Zahlen wiederum ein Beispiel dafür, dass die Börse zumeist (bei den großen Titel) die Entwicklung antizipiert, durch die vielen Firmeninsider. Wie oft hatte man im letzten Jahr gezweifelt, woher die absurd hohen Börsenkurse, inmitten einer darbenden Wirtschaft in Deutschland kamen, unabhängig der ausgeschalteten Konkurrenz durch die Notenbanken, den Anleihemärkten.
Viele Anleger erkannten den Wirtschaftsaufschwung in China (daher die großen Gewinne von VW, Daimler und BMW) sowie den Bedeutungsgewinn von Logistik in Zeiten des Internetshandels für die Deutsche Post.
Der Dax wird aktuell mit über 1,35 Billionen Euro bewertet, sollte man da auf über 100 Milliarden Euro Gewinn kommen, wäre das sicherlich kein hohes Kurs/Gewinnverhältnis. Es wäre gerade der langjährige Durchschnitt.
Hier ein Tweet von Holger Zschäpitz, der den deutschen Leitindex in Relation zur Ausweitung der Bilanz der Europäischen Zentralbank stellt.
Just to put things into perspective: Dax has at ATH, but if you put index in relation to #ECB’s balance sheet, it trading at the same level as in 2011 or in 2008/2009, so equities have traded sideways since 2008, counteracting ECB balance sheet expansion & fiat money debasement. pic.twitter.com/bjrlhWBueX
— Holger Zschaepitz (@Schuldensuehner) May 29, 2021
Auch wenn der DAX in großer Abhängigkeit steht zu den US-Börsen, von der Entwicklung von Inflation und Kapitalmarktzinsen, eine Wette gegen diesen Index ist nicht ohne Risiko. Auf kurze Sicht, denn bald blickt man weit ins nächste Jahr und wie es dann um Wirtschaft und um die Finanzierungsbedingungen für die Unternehmen steht, ist noch lange nicht zu beurteilen.
Fazit
Die oben gelieferten Daten zeigen einmal, wie sehr sich die 30 Dax-Konzerne von der Binnenwirtschaft in Deutschland abgekoppelt haben, aber auch in welche Abhängigkeit sich die Konzerne von den wirtschaftlichen Entwicklungen wie zum Beispiel den USA oder noch mehr von China gemacht haben.
Aktienkurse laufen der Wirtschaft oft neun bis 12 Monate voraus, mit all den vielen Fehlsignalen, die sie mitunter abliefern. Aber in Summa und über die letzten 33 Jahre seines offiziellen Bestehens, liegt der Dax zumeist besser als die meisten Analysten in der Vorhersage. Deshalb ist es öfters klug, sich zu überlegen, was die Börse wohl weiß (nicht bei gehypten Neben- oder Modeaktien) und nicht von Haus aus von der Torheit der Anleger auszugehen.
Nicht bei Aktien wie Allianz, Siemens oder Volkswagen. Wie lange hatte die Börse Zweifel an der Strategie des Unternehmens im Dieselskandal (seit 2015) und ließen den Wert links liegen? Während die Analystenwelt stets auf das niedrige einstellige KGV hingewiesen hatte. Der Umbau des Unternehmens läuft, wie die Zahlen des Unternehmens belegen und der Titel ist einer der großen Gewinner im Dax mit plus 43 Prozent im ersten Quartal.
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