Man sieht das Problem inzwischen an immer mehr Orten, am meisten fällt es in der Gastronomie auf: Die Arbeitgeber suchen händeringend nach Arbeitskräften. Aber der Demografiewandel schlägt immer stärker zu – immer mehr Menschen gehen in Rente, gleichzeitig rücken immer weniger junge Menschen in den Arbeitsmarkt nach. Von daher können unzählige offen Stellen bei Unternehmen nicht besetzt werden. Dies kann auch einen großen positiven Effekt haben: Geht ein Betrieb pleite, haben die arbeitslos gewordenen Arbeitnehmer sehr große Chancen, umgehend woanders eine neue Arbeit zu finden.
Demografiewandel ein Glücksfall bei Firmenpleiten
Und nicht nur das: Die Chancen werden dank Demografiewandel immer besser, dass Arbeitnehmer auswählen können, welches Angebot für eine neue Stelle sie denn annehmen möchten. Arbeitnehmer können inzwischen „Wertvoll wie Goldstaub“ sein. Dies zeigt ein aktuelles Beispiel aus Österreich. Die größte Insolvenz in Österreich seit einem Jahrzehnt entwickelt sich zu einem Wettlauf um Arbeitskräfte durch Unternehmen, die sich händeringend um die Besetzung offener Stellen bemühen.
300 Arbeitgeber mit offenen Stellen buhlen um 1.034 entlassene Mitarbeiter
Einzelhändler, Banken, Versicherungen, die Post und sogar das überschaubare Militär in Österreich haben laut Bloomberg angeboten, einige der 1.034 Mitarbeiter zu übernehmen, die zunächst von der Möbelkette Kika/Leiner entlassen werden sollten. Das bankrotte Unternehmen organisiert selbst eine Jobmesse, um den Prozess zu unterstützen. Mehr als 300 Arbeitgeber, darunter Einzelhändler mit 20.000 offenen Stellen, hätten ihre Angebote beim Arbeitsmarktservice eingereicht, sagte Arbeitsminister Martin Kocher heute vor Journalisten. Man hoffe, dass der Großteil der Arbeitnehmer innerhalb der 30-tägigen Kündigungsfrist einen neuen Job finden werde.
Die meisten Branchen in Österreich haben mit einem gravierenden Arbeitskräftemangel zu kämpfen, der die Wirtschaft belastet. Aber die Situation bei Kika/Leiner könnte zu einer Blaupause dafür werden, wie Unternehmen, die mit Inflation und steigenden Zinsen zu kämpfen haben, Belastungen in anderen Bereichen der Wirtschaft lindern können. Auch die Arbeitnehmer bekommen so einen Rettungsring.
Direkt nach Übernahme in die Insolvenz
Was an der Kontroverse um den Zusammenbruch selbst nichts ändert. Der Immobilienmagnat René Benko hat die Möbelhauskette Kika/Leiner ebenso wie die Immobilien, in denen ihre Filialen eingemietet sind, im vergangenen Monat verkauft. Sein oberster Manager hat das Geschäft als “sehr gute Investition” bezeichnet, obwohl das neue Management der Möbelhäuser innerhalb kürzester Zeit Konkurs angemeldet und erklärt hatte, dass mehr als die Hälfte der 40 Filialen geschlossen würden. Die österreichische Bundesregierung prüft nun die Vorgeschichte der Insolvenz — einschließlich der Bemühungen von Benkos Signa Holding, das Unternehmen seit dem Kauf im Jahr 2018 über Wasser zu halten.
Das große Rennen
In der Zwischenzeit läuft das Rennen um die Mitarbeiter. Der Konkurrent XXXLutz hat angeboten, alle Kika/Leiner-Lehrlinge zu übernehmen, während sich die Lebensmittelkette Lidl mit einer eigenen Website an die betroffenen Arbeitnehmer wendet. Die Österreichische Post bietet ein Abfindungspaket, das auch die Nutzung der Ferienhäuser des Unternehmens beinhaltet. “Wir haben bereits eine Menge Angebote”, sagte Kocher. “Ich bin zuversichtlich, dass es uns gelingen wird, für die meisten sehr, sehr schnell einen neuen Job zu finden.”

FMW/Bloomberg
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