FMW-Redaktion
Noch vor kurzen schien vielen klar: der Euro fällt auf die Parität zum US-Dollar. Aber in der letzten Woche erreichte die Gemeinschaftswährung den höchsten Stand seit sechs Monaten, beflügelt durch gute Konjunkturdaten aus der Eurozone sowie der Erwartung, dass die EZB ihre Geldpolitik Stück für Stück rigider machen wird. Seit Jahresbeginn konnte der Euro gegenüber dem Dollar bereits 6% zulegen – und absolviert damit das beste Jahr seit 2007 (eine weitere Parallele zu diesem letzten Vorkrisenjahr vor Ausbruch der Finanzkrise, die man derzeit an den Märkten beobachten kann!).
Geht die Entwicklung so weiter, dürfte der Euro gegenüber den neun anderen wichtigen Währungen dieser Welt die beste Performance seit Jahresbeginn zeigen. Seit März haben ausländische Investoren 7,9 Milliarden Dollar in europäische ETFs investiert, und interessant dabei ist, dass sie das weitgehend ungehedget getan haben, sprich sich nicht gegen einen Kursrückgang des Euro abgesichert haben (von den investierten 7,9 Milliarden Dollar ist das nur bei 0,9 Milliarden Dollar der Fall). Zuletzt haben einige Banken ihr Kursziel für den Euro bis zum Ende des Jahres deutlich erhöht, die ING etwa geht davon aus, dass die Gemeinschaftswährung dann bei 1,20 zum Dollar stehen wir.
Auf der Käuferseite stehen derzeit, laut japanischer Großbank Nomura, vor allem Vermögensverwalter mit längerem Investmenthorizont, während kurzfristiger agierende Hedgefonds derzeit auf einen Kursrückgang wetten. Auffallend ist dabei, dass die Prämien für Optionen auf einen steigenden Euro zuletzt deutlich gefallen sind – mithin positionieren sich viele offenkundig für einen (temporären?) Rückgang des Euro-Kurses.
Klar ist aber auch, dass die EZB langsam ein Problem bekommt: die kaufbaren Anleihen gehen ihr gewissermaßen aus, vor allem bei deutschen Staatsanleihen ist das der Fall. Derzeit besitzt die EZB bereits 30% der deutschen Schulden über ihre Staatsanleihen-Käufe im Rahmen des QE:
The #ECB is the largest creditor of #Eurozone countries. Holds almost 30% of outstanding German debt. Could rise to 40%. (via GS) pic.twitter.com/rbeataewJP
— Holger Zschaepitz (@Schuldensuehner) May 28, 2017
Heute um 15Uhr wird Mario Draghi vor dem Europäischen Parlament sprechen – man erhofft sich weitere Hinweise, wie die EZB weiter vorgehen wird. Jochen Stanzl beleuchtet die charttechnische Ausgangslage bei Euro-Dollar im Vorfeld der Rede und zeigt die relevanten Kursmarken auf:
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