Nach allem menschlichem Ermessen wird die EZB am 12. September ihre Zinsen weiter senken und/oder ein neues Anleihekaufprogramm auflegen. Damit werden die Banken genötigt ihren Sparern Negativzinsen aufzudrücken (erst vor Kurzem warnten die Volksbanken), oder sie über ihre Girokonten mit deutlich steigenden Gebühren zur Kasse zu bitten. Und die großen Kapitalsammelstellen? Alles Geld was der deutsche Michel fürs Alter spart, über die gesetzliche Rente, Betriebsrentenkassen, Fonds, Lebensversicherungen etc, wird zu großen Teilen in deutschen Staatsanleihen angelegt, da sie als „mündelsicher“ gelten. Das bedeutet, dass sie vor Verlusten geschützt sind.
Aber seit Kurzem bieten ALLE deutschen Staatsanleihen (egal welche Laufzeiten) eine negative Rendite. Es macht also für renditeorientierte Langfristinvestoren gar keinen Sinn mehr deutsche Papiere zu kaufen. Sonst müsste man den Anlegern Verluste für ihre Altersvorsorge präsentieren. Ihr zahlt 100 Euro ein, und wir machen daraus für euch 98 Euro? Das kann man dem Sparer wohl nur schwer verkaufen. So hat der Chef der Allianz Oliver Bäte gestern verkündet, dass der Konzern (mit 650 Milliarden Euro Anlagesumme einer der ganz Großen) keine deutschen Bundesanleihen mehr kaufe.
Das ist nur zu gut nachvollziehbar. Die Allianz dürfte nicht die einzige große Kapitalsammelstelle sein, die sich von deutschen Papieren abwendet. Aber dadurch entstehen zwei Fragen. Erstens: Wohin weicht man als Anleger aus, der das Geld der Anleger ja irgendwo arbeiten lassen muss? Man kann zum Beispiel innerhalb der Eurozone ausweichen auf Staatspapiere anderer Länder, die ein größeres Ausfallrisiko haben, und somit noch positive Renditen aufweisen. Zweitens: Wer kauft dann überhaupt noch deutsche Staatsanleihen? Wir hatten es gestern schon besprochen. Derzeit dürften vor allem in den Erstauktionen wohl nur noch Zocker statt Anleger die Papiere kaufen, weil sie auf weiter steigende Kurse (fallende Rendite) setzen.
Oliver Bäte kritisiert auch scharf die Politik der EZB. Denn ja, so haben wir es auch schon oft besprochen… alle verlieren. Banken, Kunden… nur der deutsche Staat gewinnt, der massiv Zinsen spart, und sogar noch fette Zinsgewinne macht. Ach ja, natürlich gewinnen auch die Kreditkunden. Die hätten wir fast vergessen. Laut Bäte hätte sich die beabsichtigte Wirkung der EZB (Inflation Richtung 2%) trotz Anleihekäufen von 2,6 Billionen Euro nicht eingestellt. Staaten hätten keinen Druck mehr ihre Haushalte zu sanieren. Der Negativzins hätte nichts mehr mit Ökonomie zu tun. Es gehe vielmehr darum Schuldner zu entlasten (damit meint er die Staatshaushalte).
Was soll man dazu sagen. Herr Bäte reiht sich ein in eine immer länger werdende Schlange der Kritiker. Neu ist hier nur: Hinter ihm stehen gigantische Geldsummen, die irgendwo investiert werden müssen, um Rendite für die Anleger zu erwirtschaften. Kann seine Abkehr von deutschen Staatsanleihen etwas ändern? Wohl kaum. Man sieht ja, wie resistent die EZB gegen Kritik ist. Und die neue Chefin Christine Lagarde ist Politikerin. Sie dürfte trotz aller Unabhängigkeit der EZB in politischen Dimensionen denken. Es dürfte also mehr denn je darum gehen die Staatshaushalte zu entlasten und die Konjunktur der Euroländer zu stützen, als sich um die Preisstabilität zu sorgen.
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Und die neue Chefin,Christine Lagarde…Ich erbete Aufklärung wieso,weshalb,warum sie quasi als neue EZB-Chefin tituliert wird.Wer hat sie gewählt,bestimmt oder dorthin gemauschelt?
@Koch. Hallo. So wurde es von den Medien im Juli verbreitet:
Die EU-Finanzminister haben Christine Lagarde offiziell als neue Präsidentin der EZB nominiert. Wie der EU-Rat mitteilte, soll die endgültige Ernennung der bisherigen Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) beim EU-Gipfel im Oktober fallen.
Die endgültige Entscheidung für die Amtsübernahme ab 1. November ist damit noch nicht gefallen. Die EU-Staats- und Regierungschefs müssen unter anderem noch mit dem Europaparlament beraten, bevor sie abschließend abstimmen.
Sie können also noch hoffen?!
Gruß