Wir hatten in den letzten Wochen gewarnt: Die Bankenkrise in den USA sei noch nicht vorbei, auch wenn es derzeit keine neuen Bankenpleiten gibt. Die Notkredite der US-Notenbank Federal Reserve stopften seit Wochen die Löcher, die durch massive Mittelabflüsse von Kunden entstanden waren. Die Notkredite verharren seit Wochen auf hohem Niveau (hier die Details). Wie man aber am Wochenende aufgrund der jüngsten Daten der Federal Reserve sah: Der Abfluss von Einlagen bei US-Banken, der alleine im März 473 Milliarden Dollar betrug und in der ersten April-Woche mit einem Anstieg von 61 Milliarden Dollar beendet schien, setzt sich nun doch fort.
Einlagen bei Banken in den USA sinken um 76 Milliarden Dollar in einer Woche
Die aktuellsten Daten zeigen, dass die Einlagen bei US-Banken in der Woche bis zum 12. April um weitere 76,2 Milliarden Dollar gesunken sind! Die erste Grafik, die bis März 2022 zurückreicht, zeigt in blau die sinkenden Bankeinlagen, von 18,124 Billionen Dollar im März 2022 auf aktuell 17,179 Billionen – ein Rückgang der Einlagen bei Banken um 945 Milliarden Dollar in nur einem Jahr! In rot sehen wir den Grund: Der deutlich steigende Leitzins der Federal Reserve von 0,25 % auf jetzt bis zu 5,0 % treibt die Anleger vor allem in hoch verzinste Geldmarktfonds, weil die Masse der Banken den Einlegern nur minimalste Zinsen anbietet.
Konkurrenz für Banken durch Apple Card-Angebot
In ein oder zwei Wochen könnte man eventuell bereits sehen, ob das jüngste Kampfangebot von Apple in Kooperation mit Goldman Sachs vom 17. April massenweise Privatanleger in den USA weglockt von den „normalen Banken“ hin zur Apple Card über Goldman Sachs. Die Fed-Daten zu Bankeinlagen dürften sich dadurch nicht verändern, weil die Verschiebung von Einlagen hin zu Goldman ja nur eine Umbuchung von einer Bank zur anderen wäre. Aber wenn normale Geschäftsbanken hierdurch Einlagen verlieren, könnten die Notkredite der Federal Reserve sprunghaft ansteigen, um diese Liquiditätslöcher zu stopfen.
Historisch großer Absturz bei den Einlagen
Die folgende Grafik zeigt die aktuelle Dimension des Abflusses von Einlagen bei Banken in den USA. Wir sehen die prozentuale Veränderung der Mittelabflüsse beziehungsweise Zuflüsse im Jahresvergleich, betrachtet seit dem Jahr 1975. Wir sehen: Im vierten Quartal 2022 waren es Abflüsse von 5,0 %, und im ersten Quartal 2023 Abflüsse von 4,8 %. Dies wurde nur übertroffen im Jahr 1981 mit -5,1 %. Ansonsten gab es jahrzehntelang nicht mal ansatzweise so einen brutalen Absturz. Auffallend hier ist natürlich auch der gigantische Anstieg an Einlagen bei Banken in den USA im zweiten Quartal 2020 um 48,7 %. Dies ist einfach zu erklären. Mit Ausbruch der Coronakrise und dem erzwungenen Konsumverzicht der Amerikaner + staatlichem Helikoptergeld per Scheck häuften sich sehr schnell gigantische Geldsummen auf den Bankkonten an.
Banken haben jüngst bei der Zinsspanne immens gut verdient
Blicken wir jetzt auf die aktuelle Lage im April 2023: Die Bankenkrise ist nicht zu Ende! Sonst würden die Einlagen nicht weiterhin in gigantischem Umfang von den Banken abfließen. Sie müssten vielleicht mal die Einlagenzinsen kräftig anheben? Aber so wie es ist, verdienen die Banken offenkundig immer noch viel zu gut an der Masse der minimal verzinsten Einlagen, die zu horrenden Zinsen als Kredite wieder herausgereicht werden können. Die Quartalszahlen der großen US-Banken in den letzten Tagen zeigten, wie grandios die Zinsüberschüsse jüngst angestiegen sind! Das ändert aber nichts daran, dass das Bankensystem in den USA angeschlagen bleibt. Weiterhin bleibt es fraglich, ob weitere Regionalbanken wackeln werden. Heute Nacht wird es spannend: Ab 22 Uhr meldet die First Republic Bank ihre Quartalszahlen – eine der in den letzten Wochen viel beachteten Regionalbanken in den USA. Augen auf!
Grafiken: St Louis Fed
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