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Teil 2: China - Das Böse ist immer und überall Der Mar-a-Lago Accord: China, der Feind im Osten

Ein Plan, der sich selbst sabotiert

Mar-a-lago Accord China der Feind
Foto: awhy251 - Freepik.com

Der Mar-a-Lago Accord entfaltet seine volle Wirkung erst im geopolitischen Kontext – dort, wo er nicht nur Märkte sortiert, sondern Allianzen zerbricht: im zweiten Teil unserer Analyse rückt nun der Hauptgegner in den Fokus: China.

Mar-a-Lago Accord: China – Das Böse ist immer und überall

Kein Dokument, das den Anspruch erhebt, die globale Wirtschaftsordnung zu „restrukturieren“, kommt heute ohne China aus. Doch im Mar-a-Lago Accord wird aus dem geopolitischen Wettbewerber ein metaphysischer Antagonist. China ist nicht einfach ein ökonomischer Rivale – es ist das Prinzipielle Andere, die permanente Bedrohung, die alle Maßnahmen rechtfertigt.

Stephen Miran zeichnet ein China-Bild, das keine Nuancen kennt. Es ist ein Land, das systematisch stiehlt – geistiges Eigentum, industrielle Patente, militärisches Know-how. Ein Land, das Märkte manipuliert, Währungen entwertet, Staaten einkauft. Und vor allem: ein Land, das den Westen unterwandert – ökonomisch, politisch, technologisch. China ist der Grund, warum Amerikas Wirtschaft strauchelt, warum Allianzen bröckeln, warum globale Regeln nicht mehr gelten.

Diese Erzählung kennt keine Grauzonen. Chinesische Investitionen sind per se strategisch, chinesischer Handel ist Erpressung, jede Exportstatistik eine Kriegserklärung in Tabellenform. Selbst wenn ein Handelspartner sich nicht offen mit China verbündet, reicht schon seine Weigerung, es zu ächten – und schon steht er selbst unter Verdacht. Es ist ein Konzept der Kontamination: Wer mit China spricht, ist potenziell infiziert.

Diese Dämonisierung ist nicht neu. Doch im Mar-a-Lago Accord wird sie zum strukturellen Prinzip: China ist der Prüfstein jeder politischen Entscheidung. Wer Handel treiben will, muss Farbe bekennen. Wer Zugang zum US-Markt sucht, muss sich „entkoppeln“. Technologie, Lieferketten, Rohstoffe – alles wird entlang einer einzigen Konfliktlinie sortiert.

Ironischerweise spiegelt diese Logik jenes Chinas selbst: Auch Peking denkt in Systemwettbewerb, in globaler Einflusszonenbildung, in technologischer Selbstbehauptung. Nur: Der Mar-a-Lago Accord unterstellt, dass der Westen auf dieselbe Weise agieren muss, um zu überleben. Er antwortet auf autoritären Staatskapitalismus mit einem autoritären Marktimperialismus. Aus der Angst vor Kontrolle wird die Begründung für Kontrolle.

So wird China zur Allzweckerklärung – für wirtschaftliche Schwächen, geopolitische Spannungen, strategische Irritationen. Das hat den Vorteil der Klarheit, aber den Nachteil der Verkürzung. Denn wer China für alles verantwortlich macht, muss sich nicht mehr fragen, ob manche Ursachen vielleicht hausgemacht sind. Deindustrialisierung, Bildungsrückstand, politische Dysfunktion – das alles passt nicht ins Bild. Zu komplex. Zu unbequem.

Am Ende bleibt ein Feindbild, das weniger über China sagt als über die amerikanische Selbstwahrnehmung: Eine Weltmacht, die ihre eigene Ordnung nicht mehr erklären kann, braucht ein Gegenbild, das alles erklärt. China ist das Böse – und das Böse ist immer und überall.

Die Zerstörung alter Allianzen

Der Mar-a-Lago Accord präsentiert sich als Mittel zur Wiederherstellung amerikanischer Stärke. Doch seine Logik ist die eines Belagerungszustands: Wer nicht bedingungslos folgt, wird wirtschaftlich unter Druck gesetzt – Freund wie Feind. Das Resultat ist eine Politik, die Allianzen nicht stärkt, sondern systematisch untergräbt.

Die Scorecard-Logik, die Stephen Miran vorschlägt, bewertet Staaten nicht nach objektiven Regeln, sondern nach politischer Gefolgschaft. Wer dem amerikanischen Kurs folgt, wer Truppen in fremde Konflikte entsendet, wer keine chinesischen Technologien kauft und amerikanische IP-Rechte peinlich genau respektiert, der darf weiter zu günstigen Bedingungen auf den US-Markt exportieren. Wer zögert oder gar opponiert, dem drohen Strafzölle, Marktverdrängung, finanzielle Restriktionen.

Diese Politik trifft nicht primär Gegner wie China oder Russland – deren Feindschaft ist einkalkuliert. Sie trifft vor allem die engsten Verbündeten der USA: Deutschland, Kanada, Japan, Südkorea. Staaten, die über Jahrzehnte Teil einer von Washington geformten Wirtschafts- und Sicherheitsarchitektur waren. Für Länder wie Deutschland, deren Exportmodell auf offeneren Märkten und stabilen Regeln basiert, ist die neue Willkür eine existenzielle Bedrohung. Kanada, historischer Partner und enger Nachbar, muss erleben, wie Strafzölle auf Stahl und Aluminium plötzlich mit angeblichen „Sicherheitsbedenken“ begründet werden. Südkorea, jahrzehntelang in die amerikanische Sicherheitsstrategie eingebunden, sieht sich der Drohung ausgesetzt, dass der Zugang zu den amerikanischen Märkten künftig vom Abstand zu China abhängig gemacht wird.

An die Stelle von multilateraler Ordnung tritt bilaterale Erpressung. Vertrauen wird ersetzt durch Konditionalität. Die Folge: strategische Isolation. Staaten, die sich einst an die USA banden, weil sie in ihrer Führungsrolle eine Ordnungsmacht sahen, beginnen sich neu zu orientieren. Europa spricht zunehmend von „strategischer Autonomie“. Südkorea öffnet vorsichtige Gesprächskanäle zu China. Selbst traditionell enge Partner wie Australien und Japan agieren vorsichtiger, versuchen sich Optionen offen zu halten.

Was der Mar-a-Lago Accord als Sieg verkauft – die erzwungene Gefolgschaft einzelner Staaten – könnte sich langfristig als tödlicher Verlust erweisen. Eine Hegemonialmacht, die keinen Schutz mehr garantiert, sondern nur noch Druck ausübt, verliert das wichtigste Kapital globaler Ordnung: freiwillige Gefolgschaft. Am Ende könnte Amerika nicht mehr die Mitte eines Bündnissystems sein, sondern der einsame Knotenpunkt eines losen Geflechts widerwilliger Partner – stets auf der Suche nach Alternativen.

Der Dollar wird zum Risiko

Staatliche Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel ein Zeichen des Scheiterns – ökonomisch, institutionell, politisch. Doch im Mar-a-Lago Accord kündigt sich ein Szenario an, das diesen Begriff strategisch umkehrt: eine Zahlungsunfähigkeit, nicht aus Mangel an Mitteln, sondern aus politischem Kalkül. Keine Notlage, sondern ein gezielter Akt der Disziplinierung.

Stephen Miran nennt es nicht beim Namen, aber seine Agenda ist eindeutig: Die USA sollen künftig nicht mehr jedem zahlen. Staatsschulden verlieren ihre universelle Gültigkeit – sie werden zum Instrument außenpolitischer Konditionierung. Die Frage lautet nicht mehr: „Sind wir zahlungsfähig?“ Sondern: „Ist unser Gläubiger politisch genehm?“ Wer sich als „Partner“ erweist, soll bedient werden. Wer nicht, kann mit Zahlungsaufschub, Umschuldung oder selektivem Zugriff rechnen.

Dazu kommt ein Instrumentarium, das bislang aus der Werkzeugkiste illiquider Schwellenländer bekannt war – nicht aber von der führenden Finanzmacht der Welt: das Aufschieben von Zinszahlungen über sogenannte „revolving bonds“, also Schuldverschreibungen, die nicht getilgt, sondern in immer neue Laufzeiten überführt werden. Oder die Emission von sogenannten „Century Bonds“ – 100-jährige Anleihen, die nur noch symbolisch an den Gedanken klassischer Rückzahlung erinnern. Allesamt Techniken, um fiskalische Beweglichkeit zu wahren, ohne reale Verbindlichkeiten zu bedienen.

Das ist nicht illegal. Aber es ist ein Bruch mit dem Grundprinzip amerikanischer Finanzstärke: Glaubwürdigkeit. Denn Schulden sind mehr als vertragliche Pflichten – sie sind Vertrauensverhältnisse. US-Staatsanleihen galten über Jahrzehnte als „risk-free asset“ – als risikolose Basisanlage, das Rückgrat von Pensionsfonds, Versicherungen und globalen Kapitalflüssen. Sie waren neutral, liquide, verlässlich. Wenn diese Selbstverständlichkeit unterminiert wird – nicht durch Insolvenz, sondern durch politisch motivierte Selektivität –, verliert das System seine universelle Anziehungskraft.

Das Risiko ist nicht der Zahlungsausfall per se. Es ist die Einführung einer neuen Risikoprämie – auf alles, was „amerikanisch“ ist. Eine Prämie, nicht wegen ökonomischer Zweifel, sondern wegen politischer Willkür. Ein Fonds, der heute noch US-Staatsanleihen hält, muss morgen damit rechnen, zum geopolitischen Faustpfand zu werden. Die Folge: Rückzug, Umlenkung, Diversifizierung. Die „risk-free asset class“ wird zur politisierten Verhandlungsmasse

Die größten Schuldenkrisen der Geschichte begannen selten mit leerem Staatssäckel. Sie begannen mit der Erosion von Vertrauen. Wenn man sich nicht mehr sicher sein kann, ob die Regeln morgen noch gelten, ist es rational, heute auszusteigen. Der Mar-a-Lago Accord spielt mit diesem Prinzip – nicht aus Versehen, sondern mit Ansage. Umschuldung wird nicht als Rettungsmaßnahme verstanden, sondern als geopolitisches Werkzeug. Doch genau darin liegt die Gefahr: In den Kapitalmärkten ist der Gläubiger nicht Gegner, sondern Systemträger. Wer ihn verunsichert, untergräbt die Basis des eigenen Imperiums.

Mar-a-Lago Accord: Ein Pakt gegen die Welt, ein Vertrag ohne Konsens

Der Mar-a-Lago Accord ist kein klassisches Wirtschaftsprogramm. Er ist auch kein technokratischer Vorschlag zur Handelsreform. In seinem Kern ist er ein geopolitisches Machtprojekt. Er wendet sich gegen die regelbasierte Welt- und Handelsordnung – das System von WTO, Freihandelsabkommen und internationaler Kooperation, das den globalen Handel bisher zusammenhielt. Ebenso stellt er sich Chinas Vision einer multipolaren Ordnung entgegen, in der Peking als einer von mehreren Machtpolen die Fäden zieht. Stattdessen setzt der Accord auf eine unilaterale Ordnung: ein praecepta americana, ein unverhohlenes Diktat der USA, das amerikanische Interessen rücksichtslos durchsetzt.

Der Begriff „Accord“ weckt Erinnerungen an das Plaza-Abkommen von 1985 – eine multilaterale Übereinkunft zwischen ökonomischen Schwergewichten, die ihre Interessen im Konsens austarierten. Doch mit dem Mar-a-Lago Accord wird diese Tradition ins Gegenteil verkehrt: Was einst Verhandlung war, wird zum Befehl. Stephen Miran inszeniert kein Gespräch unter Partnern, sondern eine Hierarchie. Die übrige Welt – selbst langjährige Verbündete – erscheinen in seiner Logik nicht als Gesprächspartner, sondern als Adressaten amerikanischer Anweisungen. Von „Accord“ bleibt nur der Name.

Ein Plan, der sich selbst sabotiert

Ziel ist es nicht nur, die USA zurück zu ihrer – wie es der Architekt des Accords sieht – gottgegebenen Stellung als Führer der Welt zu bringen, sondern auch China zurück in seine Schranken zu weisen. Kein gleichberechtigter Akteur, kein Mitgestalter einer neuen Ordnung, sondern ein Rival, der auf seinen Platz verwiesen wird: eine Wirtschaftsmacht zweiter Klasse, die sich den amerikanischen Regeln beugt.

Doch das Konzept zerstört sich selbst – und das auf mehreren Ebenen, intern wie extern. Intern ist das Papier die Inkarnation eines Widerspruchs. Miran behauptet, Zölle seien nicht inflationär, weil betroffene Staaten ihre Währungen abwerten würden – was zwangsläufig den Dollar aufwertet. Das steht diametral seinem Ziel entgegen, den Dollar gezielt zu schwächen.

Diese Inkonsequenz zieht sich durch den gesamten Text: Widersprüche stapeln sich wie Kartenhäuser, bereit, beim ersten Windstoß zu kollabieren.
Extern sprengt Mirans Ansatz, ein Scoring-System für Handelspartner einzuführen, die Allianzen, die die USA erst zur Supermacht machten. Dieses bürokratische Strafregister, das Länder nach ihrer Gefügigkeit bewertet, zerstört das Vertrauen von Partnern, die Amerika über Jahrzehnte stützten. Noch fataler: Es konterkariert das Hauptziel, China klein zu halten. Obama setzte auf wirtschaftliche Eindämmung durch die Trans-Pacific Partnership (TPP), Biden auf militärische Bündnisse wie AUKUS und die Quad.

Der Mar-a-Lago Accord reißt dieses Geflecht entzwei – und schwächt die USA dabei selbst, während er vorgibt, Stärke zu zeigen. Indem die USA ihre Verbündeten brüskieren und Zweifel säen, ob sie im Ernstfall auf Amerikas Schutz zählen können, liefern sie China einen Freifahrtschein, seine Ansprüche im Südchinesischen Meer und gegenüber Taiwan rücksichtslos durchzusetzen.

Ein Präsident ohne Plan

Denn dieses Manifest wurde für den damals zukünftigen Präsidenten geschrieben, als Roadmap für seine zweite Amtszeit, wie kurz oder lang sie auch sein mag. Doch Trump hat das Manifest entweder nicht gelesen, nicht verstanden – oder beides. Vielleicht ist es auch nur ein Konstrukt, das seinen simplen Instinkten einen theoretischen Anstrich verleihen soll. Das Problem: Trump ist kein genialer Schauspieler wie einst Ronald Reagan, der sich an das Drehbuch seiner Berater hielt und mit kalkulierter Härte das Feiglingspiel gegen Breschnew und Gorbatschow gewann. Statt sich an Mirans Skript zu halten, erhöht Trump die Zölle im Tagestakt, bis hin zu absurden Tausend-Prozent-Sätzen für einzelne Hersteller. Diese erratische, irrationale Handlungsweise entlarvt die mythische „Deal-Maker“-Mentalität als bloßen Bluff. Zumal das Konzept nie mit konkreten Forderungen unterfüttert wurde. Die Kriterien der „Zoll-Scorecard“ blieben nebulös, undefiniert. Die japanische Verhandlungsdelegation bekundete fassungslos, dass ihre Fragen nach klaren Forderungen der Trump-Administration mit Schulterzucken beantwortet wurden – ein diplomatisches Nichts, das die Farce des Accords endgültig entlarvt.

Das Ergebnis ist ein finanzieller Schockmoment. Die Börsen geraten unter Druck, die Anleihemärkte zeigen erste Nervosität, während der Dollar deutlich an Wert verliert – ein Misstrauenssignal, das ernst genommen wird. Gleichzeitig legt sich Trump, als wäre die Unsicherheit nicht schon groß genug, mit der US-Notenbank an und stellt offen deren Unabhängigkeit infrage.

Extern beginnt das Vertrauen internationaler Anleger zu bröckeln, die die USA bislang als stabilen Anker und sicheren Hafen betrachteten; die Position als verlässlicher Kreditgeber beginnt zu wanken. Intern geraten Altersvorsorgefonds unter Druck, während DOGE schrittweise die tragenden Säulen sozialer Sicherungssysteme – von Medicare bis Social Security – schleift und selbst vor der Steuerbehörde IRS nicht Halt macht.

Was dabei wirklich Angst macht, ist, dass wir uns damit erst am Anfang befinden – in Phase zwei eines Fünf-Stufen-Plans. Sollte Trump in seiner zweiten Amtszeit tatsächlich beginnen, die Umschuldung als strategisches Machtinstrument einzusetzen und damit – direkt oder indirekt – die Rückzahlung amerikanischer Staatsschulden zur Verhandlungsmasse zu machen, droht der endgültige Kollaps der globalen Finanzordnung. Dann ginge es nicht mehr nur um Zölle, Handelsbilanzen oder geopolitische Machtspiele – sondern um das Fundament, auf dem das internationale Vertrauen in die Vereinigten Staaten ruht: ihre Zahlungsfähigkeit, ihre Vertragsverlässlichkeit, ihre Rolle als Ankerwährung und Hort von Stabilität.

Der Mar-a-Lago Accord versteht sich nicht nur als Abrechnung mit der alten Ordnung – sondern als Geburtshelfer einer neuen. Doch was hier als Wiedergeburt inszeniert wird, droht zum verbrannten Neuanfang zu werden – mit einem Imperium, das sich lieber mit einem großen Knall aus der Weltgeschichte verabschiedet, als langsam in der Versenkung zu verschwinden wie das weströmische Reich.

Verglichen damit würde die Weltwirtschaftskrise der 1930er-Jahre wie ein Sommergewitter erscheinen. Was hier droht, ist kein zyklischer Schock, sondern ein systemischer Bruch – ausgelöst nicht durch Feinde, sondern durch eigene Hybris eines überforderten Präsidenten.



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9 Kommentare

  1. @Dói Ennoson
    Ein brillanter Artikel in zwei Teilen, den ich sofort mit vielen Bekannten geteilt habe 👍

    Ein kleiner Tipp noch am Rande: Kennen Sie die Inhalte des folgenden Artikels, in dem es um Perversitäten wie  «Enhanced Games und Transhumanisten» geht?
    https://www.n-tv.de/sport/Enhanced-Games-Donald-Trump-Junior-und-deutscher-Milliardaer-treiben-irre-Revolution-voran-article25720836.html

    Trumps Sohn Donald jun. ist darin schwer verwickelt, und irgendwie passt dieser Wahnsinn doch thematisch perfekt zu dem Mar-a-Lago-Plan des Größenwahns, den Sie so fundiert wie treffend beschrieben haben.

    1. @Anna Luisa
      Erst einmal vielen Dank für das Lob.
      Ja, die Story um Donald Junior habe ich mal gestreift. Aber meine Konzentration liegt ja bekanntlich auf der anderen Seite des Teichs. Dass ich mich jetzt dreimal intensiv mit Trump und seinen Gedankenkonstrukten beschäftigt habe, liegt hauptsächlich daran, dass ich das, was ich zu lesen bekomme, als unbefriedigend empfinde.
      Viele liebe Grüße

  2. Abgesehen von emotionalen Ausbrüchen liegt ein grundlegendes Missverständnis bezüglich Arbeit und Geldverdienen vor. Wenn man als Einzelperson eine Arbeitsstelle zum Broterwerb haben will, hat man Bedingungen zu erfüllen wie z.B. adäquate Ausbildung, um 8h morgens an der Arbeitsstelle aufschlagen, ect., oder man bekommt die Arbeitsstelle nicht. Niemand spricht deshalb von Erpressung eines Arbeitgebers. Genau so verhält es sich, wenn Staaten mittels im Staat USA Geschäfte – Geld verdienen – wollen. Der „Arbeitgeber“ USA setzt die Bedingungen, wer diese nicht erfüllt, verdient kein Geld. Das als Wirtschaftsimperialismus zu bezeichnen ist widersinnig – wieviele „Regularien“ der EU m u s s man erfüllen, um hier Geld zu verdienen.
    Ein Wort zum US Dollar : ca 2/3 aller US-Staatsanleihen werden US-Institutionen oder US Bürger gehalten. Mit deren Entwertung würden sich die USA in beide Kniee schießen. So dumm könnten nur deutsche Politiker sein.

    1. Chef de la Cuisine

      Lieber @Dagoberti,

      danke für die Einordnung: Die USA als Arbeitgeber, die Welt als Bewerber – das erklärt natürlich, warum „Nicht-Mitmachen“ mit Zöllen, Kapitalsanktionen und Währungsmanipulation geahndet wird. Ein ganz normaler Arbeitstag in Ihrer Welt, nehme ich an?

      Und was den Dollar angeht: Wenn 2/3 der Staatsanleihen in US-Händen sind, dann ist es natürlich genial, die restliche Welt zu verprellen – quasi ein Eigentor mit voller Zuschauertribüne. Aber keine Sorge: Die Fed wird’s schon richten. Irgendwer muss ja den Schussapplaus liefern.

      Mit besten Grüßen aus der Kantine der Weltordnung,
      ein Bewerber ohne Einladungsgespräch.

    2. @Dagoberti: Meiner Meinung nach hat Doi Ennoson den originalen Artikel von Stephen Miran nicht richtig verstanden oder hat Schwierigkeiten mit der Einordnung. Anders sind die emotionalen Ausbrüche nicht zu verstehen, bzw. würden sich in einem Feuilleton in „Die Zeit“ am WE vor desinteressierten Lesern ganz unterhaltsam machen. Aber hier?

      Stephen Miran schlägt keine neue Weltordnung vor, er skizziert seine Vorschläge zum Erhalt des Status Quo mit dem Dollar als Leitwährung und einer ausgeglichenen Handelsbilanz der USA.

      Dazu entwirft er ein konservatives Modell der Steuerung und dies ist in Bezug auf die anstrebte Re-Industrialisierung auch ein gewerkschaftsnaher Ansatz zugleich. Dazu sind Konzessionen von den bisherigen Profiteuren notwendig: Die exportstarken Industrieländer (D und China), der Kapitalsektor der USA, teilweise auch die Verbraucher. Der Ansatz ist möglicherweise nicht vollständig und zu optimistisch. Wer meint, die Probleme besser lösen zu können, sollte seine Vorschläge vorbringen. Nichts tun ist in meinen Augen keine Option. Nicht für D, nicht für die EU, nicht für China. Wenn sich die USA entschulden müssen, werden sie das vor allem auf Kosten der ausländischen Halter von Anleihen tun.

      1. @Capablanca,

        es ist zweifellos ein interessanter Ansatz, den radikalsten Bruch mit dem post-Bretton-Woods-System seit 1944 als konservative Maßnahme zur Stabilisierung des Status quo zu deuten. Ebenso bemerkenswert ist Ihre Einschätzung, dass der Autor den Mar-a-Lago Accord wohl nicht verstanden habe – ein Vorwurf, der gern erhoben wird, wenn ein Text nicht mit dem eigenen Deutungsraster kompatibel ist. Dann liegt der Fehler natürlich nicht im Konzept, sondern im Leser.

        Was Sie als „konservatives Modell“ beschreiben, erinnert mich eher an den Vorschlag, die Wohnqualität durch gezielte Sprengung zu verbessern. Aber gut – vielleicht unterscheiden sich unsere Vorstellungen von Ordnung nur darin, ob sie noch ein Fundament braucht.

  3. Miserabler Artikel in zwei Teilen, reißerisch-alarmistisch und langweilig zugleich. Langweilig deshalb, weil die eingehende Beschäftigung mit dem Mar-a-Lago Accord mangels Aussicht auf Umsetzbarkeit der darin zusammengefassten antimodernen Vorstellungen ohnehin nicht lohnend ist. Papier ist bekanntlich geduldig, aber das bedeutet keineswegs, dass ein Pamphlet gleich zur gesellschaftlichen Praxis wird. Bereits die implizite Prämisse freier politischer Akteure an der Spitze der Trump-Administration, die quasi nach Lust und Laune Politik machen könnten, ist grundfalsch. Bereits die Eigentor-Zölle zeigen, dass sehr wohl sehr gewichtige Abhängigkeiten bestehen, sodass die Zölle bei den ersten realen Wirkungen (Inflation, Verlust von Exportmärkten für US-Produkte) sehr zügig wieder verschwinden werden. Auch der Kapitalmarkt wird nicht gelassen zusehen, wie der Staat als Schuldner offen und willkürlich Gläubiger bevorzugt oder benachteiligt, nötigenfalls krachen die kapitalgedeckten Versorgungssysteme, was innenpolitischen Druck erzeugen würde, der nicht durchhaltbar ist. Eine Rückabwicklung der Welt- oder Wirtschaftsordnung wird folglich auf der Grundlage des Mar-a-Lago Accords wohl mit Sicherheit ausbleiben.

  4. Miserables Kommentar in zwei Teilen – abwertend und realitätsvergessen zugleich. Abwertend, weil er den Artikel pauschal als „langweilig“ abtut, ohne sich ernsthaft mit der analytischen Tiefe auseinanderzusetzen. Realitätsvergessen, weil er den Einfluss politischer Konzepte unterschätzt – insbesondere in Zeiten, in denen Rhetorik, Symbolik und mediale Inszenierung Politik oft genauso prägen wie formale Umsetzbarkeit.

    Gerade weil der Mar-a-Lago Accord so radikal gedacht ist, verdient er kritische Aufmerksamkeit. Nicht weil alles darin morgen Realität wird – sondern weil er bereits jetzt das politische Denken vieler Akteure beeinflusst. Die Argumentation des Artikels ist keineswegs naiv, sondern erkennt die Dynamik hinter populistischen Projekten: Ideen wirken nicht nur, wenn sie umgesetzt werden – sondern auch, wenn sie Erwartungen verschieben, Vertrauen untergraben und neue Spielregeln suggerieren.

    Zölle, Handels-Scorecards, Schulden-Selektivität – das alles ist nicht bloß Theorie. Es sind Maßnahmen, die bereits ausprobiert wurden oder im politischen Raum zirkulieren. Selbst wenn der Kapitalmarkt und institutionelle Checks letztlich korrigierend eingreifen, heißt das nicht, dass der Schaden ausbleibt. Vertrauen ist fragil – und das weiß auch der Artikel.

    Wer also meint, das Papier sei irrelevant, weil es „nicht durchsetzbar“ sei, verkennt die gegenwärtige Realität: Die internationale Ordnung wird nicht mehr nur durch Verträge geformt, sondern durch Narrative – und genau diese Narrative seziert der Artikel messerscharf.

    Langweilig ist daran gar nichts. Eher unbequem.

    1. @Paradeiser.
      Die Resonanz auf den Artikel war mehr als verhalten, vielleicht ein Indiz dafür, dass an Finanzmarktthemen Interessierte doch eher kein besonderes Interesse für die inhaltlich unbestimmten Phrasen aufbringen dürften, die Andere wieder zu berauschen scheinen. Es ist ohnehin klar, dass die Ideen des sog. Mar-a-Lago Accords nicht nur rückständig, sondern auch unrealisierbar sind. Das inhaltsleere Fabulieren von Hrn. Ennoson, es interessiere ihn bei seiner Analyse „die strukturelle Radikalität, der quasi-religiöse Unterton, die politische Totalität, mit der hier ein Systembruch … inszeniert wird“, ist begriffliche Schwammigkeit und maßlose Übertreibung zugleich. Der Tiefpunkt in sozialwissenschaftlich-methodischer Hinsicht ist dann aber doch noch die Aussage von Hrn. Ennoson, dass er persönlich „gern noch stärker die sakralisierte Figur [sic!] Trumps in den Mittelpunkt gestellt“ hätte (Antwort auf einen Kommentar am 23.4. um 20:14). Zumindest Letzteres ist uns immerhin erspart geblieben.

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