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Der Ölpreis will steigen – der saudische Einfluss auf die aktuelle Lage kann aber täuschen!

Der Abschuss einer Rakete vom Jemen Richtung Riad, der Absturz des Helikopters eines saudischen Prinzen. Und dann wäre da natürlich die Verhaftungswelle von saudischen Prinzen und Geschäftsleuten sowie die Entlassung von saudischen Ministern. Es seien "schwache Seelen"...

FMW-Redaktion

Der Abschuss einer Rakete vom Jemen Richtung Riad, der Absturz des Helikopters eines saudischen Prinzen. Und dann wäre da natürlich die Verhaftungswelle von saudischen Prinzen und Geschäftsleuten sowie die Entlassung von saudischen Ministern. Es seien „schwache Seelen“, die sich hätten bereichern wollen, und ihr persönliches Wohl über das der Öffentlichkeit stellen wollten, so hört man Aussagen in arabischen Medien.

Einig ist man sich, dass diese Verhaftungen und Entlassungen nicht vom König ausgehen, sondern von seinem zum Tronfolger ernannten Kronprinzen Mohammed bin Salman. Der macht zwar einen auf Liberalisierung (Frauen dürfen bald Auto fahren), aber statt um Korruptionsbekämfung könnte es in diesem Fall viel eher um die Festigung der Macht gehen – obwohl es doch ein gigantisch großer al-Saud-Clan ist, der alle Posten inne hat?

Der nun entlassene Leiter der Nationalgarde zum Beispiel, Prinz Moteib bin Abdullah, war bisland der Lieblingssohn des verstorbenen Königs Abdullah. Er war auch der letzte Vertreter des Abdullah-Zweigs in der königlichen Familie, der noch einen bedeuten Posten bekleidete. Möglicherweise geht es bei diesen Anti-Korruptions-Verhaftungen also eher darum, dass der jetzige Kronprinz schon mal alle zukünftigen Streitigkeiten über Erbfolge etc aus dem Weg räumt, bevor der jetzige König stirbt.

Aber genug davon. Was hat das mit dem Ölpreis zu tun? Der Ölmarkt liebt Stabilität. Nichts ist schlimmer als politische Irritationen, und dann noch im wichtigsten OPEC-Land Saudi-Arabien. Ist der Ölpreis über das Wochenende durch die Decke geschossen? Nun ja, WTI-Öl beispielsweise notiert bei 56 Dollar, wo man Freitag Mittag noch bei 54,75 Dollar lag.

Die Nachrichten über die Verhaftungswelle und Entlassungen in Saudi-Arabien wurden erst Sonntag früh veröffentlicht. Der Ölpreis machte seinen Sprung von gut einem Dollar aber schon Freitag Abend. Also können die Saudis nicht der Grund für den Anstieg sein. Der Sprung korrespondiert aber ziemlich gut mit bullischen Bankprognosen und der wöchentlichen Nachricht von der Zahl der aktiven Öl-Bohrstellen (Oil Rigs) in den USA, die um 8 zurückging auf 729. Das war der größte Rückgang seit Mai 2016.

Die Banken scheinen sich weitestgehend einig zu sein. Die Nachfrage bleibt robust, und die OPEC wird die Fördermengenkürzung über März 2018 hinaus verlängern. Dazu noch diese kleine positive Nachricht über die geringere Zahl der Oil Rigs, und fertig war der nächste Schub im Ölpreis. Die Tatsache, dass der Preis nach Eröffnung des Terminmarkts heute Nacht überhaupt nicht sprunghaft gestiegen ist, zeigt doch eher folgendes: Der Markt vertraut in die Kontinuität des Kronprinzen, dass er als treibende politische Kraft in Saudi-Arabien die bisherige Politik des Königs fortsetzen wird. Verknappung des Angebots!

Der bullische Ölmarkt scheint derzeit keine Extra-Unruhen im Nahen Osten zu benötigen. Der Markt will rauf, und sucht sich dafür auch noch so kleine Nachrichten. Der schwache US-Dollar kann nicht der Grund für den steigenden Ölpreis sein, denn der Dollar-Index ist sogar noch leicht gestiegen übers Wochenende. Der WTI-Ölpreis hat nun (wie man im Chart gut sehen kann) die Hochs von Anfang des Jahres überschritten, und hat nun als nächsten Widerstand die Hochs bei 62 Dollar aus Anfang 2015 vor sich.


Der WTI-Ölpreis seit Anfang 2015.



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