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Deutsche Börsenlandschaft: Resteverwertung zwischen Hamburg und Düsseldorf

95% des deutschen Aktienhandels wird über das Xetra-Handelssystem der Deutschen Börse in Frankfurt abgewickelt, online. Die Damen und Herren auf dem Frankfurter Börsenparkett darf man fast schon als...

FMW-Redaktion

95% des deutschen Aktienhandels wird über das Xetra-Handelssystem der Deutschen Börse in Frankfurt abgewickelt, online. Die Damen und Herren auf dem Frankfurter Börsenparkett darf man fast schon als „anwesende Statisten für die Börsen TV-Berichterstattung“ und als Foto-Motiv für die Touristen bezeichnen, die die Börse besuchen. Ähnlich oder noch viel automatisierter und zentralisierter sieht es an vielen anderen wichtigen Börsenplätzen weltweit aus. Um die kläglichen Reste von unter 5% des sonstigen Aktienhandels in Deutschland streiten sich ein paar relativ unbedeutende Regionalbörsen, die da wären München, Düsseldorf, Berlin, Stuttgart und Hamburg.

Zuletzt genannte hatte bereits mit der Börse Hannover fusioniert. Wie die RP jetzt erfahren haben will, wird in Kürze die Börse Hamburg-Hannover die Börse Düsseldorf übernehmen. Angeblich sollen nur noch einige Gremien zustimmen müssen. Im Vergleich zu Frankfurt spielen alle anderen deutschen „Finanzstandorte“ eh keine wirkliche Rolle, vielleicht mit Ausnahme von München aufgrund einiger Konzernsitze (Allianz, Münchner Rück + die Reste der HypoVereinsbank). Düsseldorf als einst klare Nummer 2 nach Frankfurt verschwindet dann endgültig im Nirwana der finanziellen Bedeutungslosigkeit. Der Börsenumsatz ist seit 2008 um mehr als die Hälfte gesunken. Auch das Geschäft mit Mittelstandsanleihen hat der Börse nicht die erhoffte Erfolgsstory gebracht. Nach dem Kauf der Börse wird man dann was, Unterabteilung der Hamburger Börse, die ebenfalls unbedeutend ist? Vorher schon gingen in Düsseldorf die IKB und die WestLB im Nachlauf der Finanzkrise 2008 den Bach runter.

Trinkaus & Burkardt als Düsseldorfer Bank gehört der britischen HSBC und fungiert sozusagen als deutsche Filiale der Briten. Mehr ist nicht mehr da. Und die Hamburger Börse? Die versucht sich als Fondsbörse durchzuschlagen. Und abgesehen von der Beherbergung der „größten deutschen Sparkasse“ und Privatbanken wie Berenberg ist am Börsenplatz Hamburg nicht mehr viel los. Die HSH Nordbank, die ja für die beiden Nordländer das große starke Bank-Schlachtschiff werden sollte, ist ein Schrott-Kutter, der schon zu großen Teilen gesunken ist. Stuttgart macht einen auf Derivate-Börse, obwohl eh die Emittenten die Kurse bestimmen. Und München + Berlin? Naja…

Also, die deutsche Börsenlandschaft heißt „Frankfurt“. Aber auch die wird ja möglicherweise bald outgesourct Richtung London, wenn die beiden Börsen fusionieren, und Frankfurt de facto Außenstelle der Londoner Börse wird. Aber da ist die letzte Messe noch nicht gelesen, aus kartellrechtlichen und standort-technischen Gründen. Oder der Brexit spült die Londoner Akteure nach Frankfurt. So oder so, die anderen deutschen Großstädte sollten sich keine Hoffnung machen vom Brexit-Kuchen aus Frankfurt etwas abzubekommen. Irgendwie weiß es doch jeder, aber niemand will so recht drüber sprechen. Die deutsche Börsenlandschaft ist schon lang eine Monopolveranstaltung der Deutschen Börse. Irgendwann werden die vielleicht verbleibenden zwei oder drei Regionalbörsen den Aktienhandel abstellen. Dann müssen sie versuchen nur noch von Spezialangeboten wie Derivaten oder Fonds zu leben.



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