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Deutschland: Arbeitnehmer verdienen real mehr, Mindestlohn wirkt!

FMW-Redaktion

Nach Jahren der Stagnation kommt die robuste Konjunktur in Deutschland auch monetär bei den Arbeitnehmern in Deutschland an: sie haben im 2.Quartal 2015 nach Abzug der Inflation 2,7 Prozent mehr verdient als im Vorjahr. Das ist der höchste Anstieg der Reallöhne, seit das Statistische Bundesamt (Destatis) diese Daten erhebt (seit 2008). Der Grund: die Löhne steigen schneller als die Verbraucherpreise, sodass bei den Menschen mehr Geld im Portemonaie bleibt. So stiegen die Löhne nominal um 3,2%, die Verbraucherpreise hingegen nur um 0,5%.

Besonders auffällig: es sind die Ungelernten, deren Lohnsteigerungen mit +4,8% besonders üppig ausfallen, ebenso die Lohnsteigerungen in Ostdeutschland mit einem Anstieg von 4,6%. Diese Tendenz hatte sich schon im 1.Quartal abgezeichnet – und dürfte vor allem eine Folge der Einführung des Mindestlohns zu Jahresbeginn sein.
Dazu das Statistische Bundesamt (Destatis):

„Der nominale Verdienstzuwachs zwischen dem zweiten Quartal 2014 und dem zweiten Quartal 2015 war bei den geringfügig Beschäftigten mit + 5,0 % verglichen mit den Voll- (+ 3,2 %) und Teilzeitbeschäftigten (+ 3,3 %) überdurchschnittlich hoch. Differenziert nach den sogenannten Leistungsgruppen zeigt sich zudem, dass ungelernte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit einem Lohnanstieg von 4,8 % deutlich stärker als andere Beschäftigtengruppen vom Verdienstzuwachs profitierten. Gleiches gilt für Arbeitnehmer- und Arbeitnehmerinnen in den neuen Ländern (+ 4,6 %) verglichen mit Beschäftigten im früheren Bundesgebiet (+ 3,1 %). Ein überdurchschnittlicher Anstieg des Nominallohnindex bei den geringfügig Beschäftigten, bei den ungelernten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie bei den Beschäftigten in Ostdeutschland zeigte sich bereits im ersten Quartal 2015. Seit dem 1. Januar 2015 gilt in Deutschland der gesetzliche Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro. In welchem Maße die Einführung des Mindestlohns die Veränderungsraten des Nominal- beziehungsweise Reallohnindex beeinflusst haben, lässt sich nicht quantifizieren.“

Destatis kann den Einfluß des Mindestlohns auf diese Entwicklung nicht quantifizieren – aber die Wahrscheinlichkeit ist doch überragend, dass diese auffälligen Lohnsteigerungen bei Ungelernten und in Ostdeutschland aufgrund der Einführung des Mindestlohns zustande kamen. Und dass die Löhne bei jenen stärker steigen, die wenig verdienen, ist eine hervorragende Nachricht! Denn nur so kann das weitere Auseinanderklaffen der Verdienst-Schere verhindert werden, können mehr Menschen sich das leisten, was sich bislang nur besser Verdienende leisten konnten. Das ist auch eine gute Nachricht für den in Deutschland nicht sehr ausgeprägen Binnenkonsum.

Das heißt aber auch: mit steigenden Löhnen werden die Arbeitskosten in Deutschland für Unternehmen teurer, was die Exportlastigkeit der deutschen Wirtschaft bremsen könnte. Aber die massiven Handelsbilanzüberschüsse Deutschlands sind faktisch die Handelsbilanzdefizite anderer Länder. Wenn sich diese Entwicklung abmildert, ist auch das eine gute Nachricht: denn nur so werden die Ungleichgewichte nicht noch größer. Deutschlands Produktionskosten müssen teurer werden, damit andere Länder vor allem in der Eurozone wieder auf Augenhöhe mit uns konkurrieren können..



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2 Kommentare

  1. Ja, der Mindestlohn wirkt: bei Leuten, die ich direkt kenne (Informationen aus erster Hand), ist deren Lohn – Gehalt bekommen die im Handwerk niemals – auf das Mindestniveau aka Mindestlohn abgesenkt worden und wird nicht mehr angehoben werden. Auch keine Chance mehr auf eine Gehaltserhöhung zum Inflationsausgleich. Die bedanken sich sehr. Ja, der Mindestlohn zur Verarmung der Gesellschaft wirkt, nur eben entgegengesetzt, als wie sich die, die es nicht betrifft, gerne erdenken.
    Der ungelernte, dumme Depp bekommt dann ohnehin das gleiche, wie der jahrelange Profi, aber sieht für sich selbst keine Notwendigkeit besser zu werden – den Mindestlohn bekommt er ja ohnehin. Das ist die bittere Realität: der Ansporn und die Belohnung nach Leistung fehlt dadurch völlig. Hier entsteht ein ökonomisches und soziales Desaster und keiner kapiert es (komischer Weise immer wieder dieses Jubelgeschrei).

  2. Nominal mögen die Einkommen gestiegen sein. Nach Abzug der Warmmieten, Wasser- und Energiekosten bleibt ein Minus. Trotz der enormen Preisstürze bei Öl und wohl inzwischen auch Gas. Nebenbei fraß die „Kalte Progression“ seit Jahren JEDE Einkommenserhöhung komplett auf. Das macht seit 2000 alles keinen Spaß.

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