Allgemein

Die schleichende Distanzierung Deutschland: Handelsbeziehungen zu China nehmen weiter ab

ASEA-Staaten statt China immer wichtiger

Bei seinem Besuch im April in China betonte der deutsche Bundeskanzler, dass Deutschland keine Entkoppelung von China anstrebe. Doch die aktuellen Handelszahlen und Aussagen von Insidern lassen einen anderen Schluss zu: Deutschland und Europa befinden sich tatsächlich in einem Prozess der schleichenden Distanzierung von China.

Die jüngsten Handelsstatistiken aus Deutschland offenbaren eine signifikante Verschiebung in den Importmustern. Im Detail sanken die Importe aus China in den ersten vier Monaten des Jahres 2024 um über 7 Prozent, was einem monetären Rückgang von etwa 4,1 Milliarden Euro entspricht. Im Gegensatz dazu verzeichnen die Einfuhren aus den ASEAN-Staaten einen deutlichen Anstieg. Vietnam, als ein herausragendes Beispiel, erlebte eine Zunahme von 346 Millionen Euro in den Importen nach Deutschland, was einem Wachstum von 7,6 Prozent entspricht. Einzig Singapur fällt hier ein wenig aus dem Muster, indem es in den ersten vier Monaten dieses Jahres 20,2 Prozent weniger Produkte nach Deutschland liefert.

Deutschland und sein Wandel: ASEAN statt China

Aussagekräftig werden diese Zahlen erst, wenn man die aktuelle chinesische Außenhandelsstatistik dem gegenüberstellt. China reduziert seine Exporte in die EU, während sie in die USA zumindest wertmäßig stagnieren, während die Ausfuhren in die ASEAN-Staaten deutlich steigen. Statt eines echten De-Couplings sehen wir also eher eine Umleitung der Lieferketten. Die Frage ist dann eher, ob in den ASEAN-Ländern wirklich produziert wird oder ob nur ein Re-Labelling stattfindet, Komponenten aus China verwendet werden, die dann in einem anderen Land zu einem Produkt zusammengebaut werden oder China nur die Roh- oder Vorprodukte liefert und die eigentliche Produktion in einem anderen asiatischen Land stattfindet.

Der deutliche Rückgang der Importe aus Singapur deutet darauf hin, dass das reine Re-Labelling nicht vermehrt stattfindet. Denn Singapur ist eine typische Drehscheibe für Produkte, die ursprünglich aus China stammen, nur mit einem neuen Herstellerzertifikat ausgestattet werden und dann ihren Weg in die Märkte der Welt finden. Ein Beispiel aus der Fahrradindustrie illustriert diese Entwicklung anschaulich. Während Fahrräder oft in Thailand endmontiert werden, stammen viele der Komponenten aus China.

Indien, das oft als direkter Konkurrent Chinas angesehen wird, zeigt in den deutschen Importstatistiken indes einen Rückgang von fast 10 Prozent in den ersten vier Monaten dieses Jahres. Dies deutet darauf hin, dass trotz der Bemühungen, Indien als Alternative zu China zu positionieren, die Handelsbeziehungen nicht im erwarteten Maße wachsen.

Insider bestätigen: Europas Abkehr von China

Einige Aussagen der letzten Tage von Business-Insidern lassen darauf schließen, dass China vermehrt nur die Vorprodukte liefert und die eigentliche Produktion in anderen Ländern verlagert wird. So sagte Richard Laub, Geschäftsführer von Dragon Sourcing, neulich, dass „der große Trend im Moment ist, dass Unternehmen ihre Abhängigkeit von China verringern“.

Dies wird durch die verstärkte Überprüfung von Waren aus China durch Brüssel und das wachsende Bewusstsein europäischer Kunden für die Risiken einer zu starken Exposition gegenüber dem chinesischen Markt untermauert. William Fun, stellvertretender Vorsitzender der Fun Group, hob hervor, dass europäische Länder nach dem Ende der Pandemie verstärkt nach Alternativen suchen. Die Kunden fordern eine Reduzierung ihrer China-Abhängigkeit auf 30 Prozent oder weniger, wobei einige sogar eine vollständige Verlagerung anstreben.

Die Aussagen des deutschen Bundeskanzlers und die jüngsten Handelsstatistiken zeichnen zwei unterschiedliche Bilder: Trotz offizieller Bekenntnisse zu einer engen Partnerschaft mit China weisen die Handelsströme aber auf eine Distanzierung hin. Die Verlagerung der Produktion in ASEAN-Staaten sind Indizien für eine tiefgreifende Neuausrichtung der globalen Lieferketten.

Handelskriege und strategische Verringerung von Abhängigkeiten finden aber nicht einseitig statt: auch China nabelt sich von den beiden anderen globalen Wirtschaftszentren Europa und USA ab.



Kommentare lesen und schreiben, hier klicken

Lesen Sie auch

1 Kommentar

  1. Ich habe Zahlen gesehen wonach der Westen weniger aus China importiert, aber China importiert noch deutlich weniger aus dem Westen. Die Verringerung der wirtschaftlichen Abhängigkeit wird also von beiden Seiten betrieben.

    Dann war Hongkong auch eine Drehscheibe wie Singapur. Ich glaube mich sogar zu erinnern, das Hongkong Vergünstigungen von Seiten der USA hatte, die vor wenigen Jahren aufgehoben wurden. Heute ist wirtschaftlich nicht mehr viel Los mit Hongkong.

Hinterlassen Sie eine Antwort

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert




ACHTUNG: Wenn Sie den Kommentar abschicken stimmen Sie der Speicherung Ihrer Daten zur Verwendung der Kommentarfunktion zu.
Weitere Information finden Sie in unserer Zur Datenschutzerklärung

Meist gelesen 7 Tage