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IW-Konjunkturprognose „Deutschland in der Stagflation“

Das Institut der deutschen Wirtschaft spricht aktuell davon, dass Deutschland vor einer neuen Zeit der Stagflation steht.

Industrieproduktion

Stagflation bedeutet Stagnation oder Schrumpfung der Wirtschaft, bei gleichzeitig hoher Inflation (hier näher erläutert). Sehen wir nun diesen Zustand? Davon spricht aktuell jedenfalls das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in seiner aktuellen Konjunkturprognose. Nach dem ersten Schock habe sich Deutschland 2022 an die Folgen des Ukrainekriegs angepasst. Doch die Folgen – hohe Preise, gestiegenes Zinsniveau, geopolitische Unsicherheit und jetzt auch Finanzmarktprobleme , bilden laut IW eine neue Normalität. Für 2023 prognostiziert das IW daher schmales Wirtschaftswachstum von 0,25 Prozent. „Die Wirtschaft hat die Krise besser bewältigt, als wir es im vergangenen Jahr hätten hoffen können. Die große Erholung bleibt 2023 dennoch aus. Wir stehen vor einer neuen Zeit der Stagflation“, so das IW.

Stagflation in Deutschland – Inflation bleibt hoch

Die Inflation soll hoch bleiben. Dies liege vor allem an den hohen Energiepreisen. Die gewaltigen Schwankungen aus dem vergangenen Sommer sind zwar abgeebbt, allerdings liegen die Preise immer noch ein Vielfaches über denen der Vorkrisenzeit. Das treibt die Inflation an. Zweistellige Inflationsraten wie 2022 dürften sich laut IW nicht wiederholen, die Niedriginflationsphase sei allerdings auch Geschichte. Für 2023 rechnet das IW mit einer Inflation von sechs Prozent. Damit ist auch eine Rückkehr zu einer Politik des günstigen Gelds unwahrscheinlicher. Gestiegene Finanzierungskosten verteuern deshalb Investitionen noch mehr.

Ergebnisse der IW-Konjunkturprognose im Detail

Die Bauwirtschaft bekommt mehrere Probleme zu spüren: Die Finanzierungskosten steigen, Material ist knapp, entsprechend wenig bauen die Deutschen. Für 2023 prognostiziert das IW das dritte Rezessionsjahr in Folge. Die Bauinvestitionen geben um drei Prozent nach, beim Wohnungsbau geht das IW sogar von einem Rückgang von 3,5 Prozent aus.

Energieintensive Industrien mussten ihre Produktion stark zurückfahren, in der Chemieindustrie brach sie 2022 um fast 30 Prozent ein. Anhaltend hohe Energiepreise belasten die Firmen noch immer. Dazu kommen über alle Branchen hinweg Lieferkettenprobleme. Für 2023 erwartet das IW deshalb nur einen leichten Aufschwung bei der Industrieproduktion.

2022 profitierte die Wirtschaft noch vom privaten Konsum. Gestützt durch private Ersparnisse aus den Corona-Jahren und staatliche Entlastungen gaben die Haushalte so viel wie lange nicht für Urlaub und Freizeit aus. In diesem Jahr dürfte der Staat deutlich weniger unterstützen, die privaten Ersparnisse sind aufgezehrt. Die realen Konsumausgaben werden 2023 deshalb ½ Prozent unter dem Vorjahresniveau liegen.

Auch aus der Weltwirtschaft gibt es keinen Rückenwind. Geopolitische Spannungen und protektionistische Tendenzen belasten den Welthandel: Die IW-Auslandsprognose geht von einem Wachstum der globalen Handelsströme von gerade einmal einem Prozent aus. Auch die Weltwirtschaft wird nur um zwei Prozent wachsen.

Investitionen bleiben aus

Schon aus den Coronajahren haben die deutschen Unternehmen einen gewaltigen Investitionsstau mitgenommen. Energiepreise, Inflation und Unsicherheit dürften ihn weiter verlängern. „Wenn Investitionen zu lange ausbleiben, droht eine strukturelle Schädigung der ganzen Volkswirtschaft“, sagt IW-Ökonom Michael Grömling. „Steuerlast, Energiekosten und Fachkräftemangel sind schon heute Wettbewerbsnachteile für die deutsche Wirtschaft. Man müsse zusehen, dass nicht noch Weitere dazukommen. Die Politik müsse jetzt dringend die Investitionsbedingungen verbessern.“

FMW: Ein schwaches Konjunkturjahr 2023 irgendwo an der Null-Linie beim BIP-Wachstum, dazu eine hohe Inflation. Das ist letztlich die Definition von Stagflation.



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