China setzt mit seiner Überproduktion Deutschland wirtschaftlich massiv unter Druck: Exporte brechen ein, Importe steigen – die deutsche Industrie gerät zunehmend in Bedrängnis.
Deutschland in doppelter Falle: China verschärft Export-Krise
Deutschland steckt in der doppelten Falle: Die Exportkrise verschärft sich, während Chinas Marktflutung heimische Unternehmen unter Druck setzt. Die Debatte über Deutschlands wirtschaftliche Abhängigkeit von China ist nicht neu, doch im Bundestagswahlkampf spielte sie kaum eine Rolle.
Auch die Diskussion über die Auswirkungen der chinesischen Überproduktion auf die deutsche Industrie findet größtenteils hinter verschlossenen Türen statt, anstatt in der breiten Öffentlichkeit geführt zu werden. In einer kürzlich von Table Media organisierten Veranstaltung zu den deutsch-chinesischen Beziehungen nach der Bundestagswahl bezeichnete Friedolin Strack, der als China-Experte des BDI fungiert, die chinesischen Überkapazitäten als eine der größten wirtschaftspolitischen Herausforderungen der neuen Bundesregierung. Dabei adressierte er dieses Problem explizit an den CDU-Vertreter Roderich Kiesewetter. Doch Kiesewetter, dessen Fokus vor allem auf sicherheitspolitischen Fragen liegt, ging darauf nicht ein – ein bezeichnender Hinweis auf die politische Ignoranz gegenüber einer der drängendsten wirtschaftlichen Bedrohungen für Deutschland.
Die vorläufige deutsche Außenhandelsstatistiken für 2024 verdeutlichen, wie akut diese Problematik ist: China bleibt Deutschlands mit Abstand wichtigster Importpartner, während die Exporte nach China weiter einbrechen. Gleichzeitig setzt Peking verstärkt auf Marktflutung mit billigen Waren, wodurch deutsche Unternehmen zunehmend in doppelter Hinsicht unter Druck geraten. Einmal brechen Deutschlands Exportmärkte weg, zum anderen müssen sich die deutschen Unternehmen den günstigen Importen auch auf den Heimatmarkt erwehren.
Die einstige Hoffnung, dass China ein stabiler Absatzmarkt für deutsche Hightech-Produkte bleibt, schwindet. Noch problematischer ist, dass China nicht nur als Produktionsstandort unabhängiger wird, sondern gleichzeitig seine Überproduktion gezielt auf den Weltmarkt ablässt – mit dramatischen Folgen für die deutsche Industrie.
China drängt Deutschland aus dem Exportgeschäft
China ist nach wie vor Deutschlands wichtigster Importpartner. Laut den aktuellen Daten des Statistischen Bundesamtes (DeStatis) nahmen die Importe aus China im Jahr 2024 marginal um 0,33 % ab, nachdem sie im Jahr 2023 kräftig um fast 19 % gesunken waren. Dennoch wuchs das Handelsdefizit mit China von knapp 60 Milliarden Euro auf 66,3 Milliarden Euro. Der Hauptgrund: Die deutschen Exporte nach China brachen 2024 um 7,58 % ein, nachdem sie bereits 2023 um 8,8 % gesunken waren.
Abb 1: Deutschlands Handelsdefizit mit China. Quelle: DeStatis, eigene Berechnungen
Obwohl Chinas Anteil am deutschen Außenhandel seit seinem Höchststand vor zwei Jahren zurückgeht, liegt der Importanteil weiterhin stabil zwischen 11,4 % und 11,8 %. Die Exporte nach China hingegen schrumpfen kontinuierlich und machen inzwischen nur noch 5,8 % der deutschen Gesamtausfuhren aus. Dies zeigt, dass Deutschland für China als Abnehmer immer unbedeutender wird, während chinesische Unternehmen ihre Dominanz im Importsektor weiter ausbauen.
Abb 2: Chinesischer Anteil am deutschen Außenhandel. Quelle: DeStatis, eigene Berechnungen
China ersetzt deutsche Waren durch eigene Produktion
Hinter diesem Trend stehen mehrere Faktoren. Zum einen verfolgt China eine Strategie der Autarkie und reduziert seine Abhängigkeit von ausländischen Zulieferern. Viele deutsche Unternehmen, die früher exportiert haben, verlagern nun ihre Produktion direkt nach China. Hinzu kommen steigende Produktionskosten in Deutschland, die die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Waren weiter schwächen.
Besonders dramatisch ist die Entwicklung in der Automobilbranche: Die Ausfuhren von Kraftwagen und Kraftwagenteilen nach China sind in den letzten beiden Jahren um 32 % eingebrochen. Der Anteil der Autobranche an den deutschen China-Exporten sank von 28 % im Jahr 2022 auf 22,6 % im Jahr 2024. Andere Branchen, wie der Maschinenbau oder die Elektroindustrie, haben anteilig gewonnen, doch auch hier sind die Exporte mengenmäßig rückläufig. Gleichzeitig wachsen chinesische Unternehmen in diesen Bereichen rasant – oft mit massiver staatlicher Unterstützung und auf Kosten ausländischer Wettbewerber.
China nutzt Überproduktion, um Märkte zu dominieren
Während die deutschen Exporte nach China schrumpfen, nehmen die Importe aus China weiter zu – und das zu immer niedrigeren Preisen. Ein Blick auf die Preisentwicklung zeigt ein klares Muster: Während die Preise deutscher Exportprodukte steigen, fallen die Preise chinesischer Importwaren kontinuierlich.
Abb 3: Preisentwicklung pro Gewicht im deutsch-chinesischen Handel. Quelle: DeStatis, eigene Berechnungen
Laut Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) ist der durchschnittliche Preis der Einfuhren aus China zwischen 2022 und 2024 um 18 % gesunken. Der Grund: Überkapazitäten in China führen zu fallenden Produzentenpreisen, sodass chinesische Hersteller ihre Waren zu Niedrigstpreisen auf den Weltmarkt werfen. Dies trifft deutsche Unternehmen hart, denn sie können mit den von staatlichen Subventionen unterstützten Preisen Chinas nicht konkurrieren.
Besonders dramatisch ist die Situation in strategisch wichtigen Industrien. Die Preise für importierte Maschinen und Elektrogeräte aus China sind stark gesunken, ebenso wie die für chemische Erzeugnisse und Metallerzeugnisse. Der Preisdruck verschärft sich zusätzlich durch die gezielte Unterbewertung des Yuan gegenüber dem Euro. Würde China seine Währung nicht künstlich niedrig halten, wären chinesische Produkte teurer, und der Wettbewerbsdruck auf die deutsche Industrie wäre geringer.
Abb 4: Preisrückgänge bei chinesischen Einfuhren in wichtigen Branchen. Quelle: IW
Europa braucht mehr als Strafzölle gegen Chinas Billigimporte
Die EU hat erste Gegenmaßnahmen ergriffen, darunter Strafzölle auf chinesische Elektroautos. Doch Experten wie Brad Setser und Paul Krugman warnen davor, dass solche punktuellen Maßnahmen nicht ausreichen. Setser argumentiert, dass Europa gezielt Investitionen und Handelshemmnisse nutzen muss, um zu verhindern, dass China seine Überkapazitäten in sensiblen Industrien auf den Weltmarkt drängt. Friedman betont, dass insbesondere technologisch führende Industrien stärker geschützt werden müssen, um eine schleichende Deindustrialisierung zu verhindern.
Langfristig reicht es nicht, lediglich auf protektionistische Maßnahmen zu setzen. Eine aktive Industriepolitik ist erforderlich, um Produktionskapazitäten in strategischen Sektoren aufzubauen. Die USA haben mit dem Inflation Reduction Act und massiven Subventionen für die Chipindustrie bereits vorgelegt. Europa steht vor der Entscheidung, ob es nachzieht oder weiterhin von Chinas Industriepolitik abhängig bleibt.
Besorgniserregend ist, dass die CDU, die vorraussichtlich das Wirtschaftsressort in der neuen Bundesregierung besetzen wird, in dieser Frage offenbar kaum eine klare Strategie hat. Die Äußerungen von Kiesewetter in der Table-Media-Veranstaltung lassen darauf schließen, dass wirtschaftspolitische Maßnahmen gegen Chinas Marktflutung nicht auf der Agenda stehen. Auch die SPD hat in den vergangenen Jahren, in denen sie Regierungsverantwortung trug, keine überzeugende Strategie vorgelegt, um der chinesischen Herausforderung zu begegnen. Sollte sich dies nicht ändern, droht eine weitere Erosion der deutschen Industrie – und diesmal wird die Verantwortung nicht allein bei den Grünen gesucht werden können.
Deutschland: Ohne Gegenmaßnahmen droht eine schleichende Deindustrialisierung
Chinas aggressive Exportstrategie stellt Deutschland vor eine gewaltige Herausforderung. Die massive Marktflutung mit Billigwaren verdrängt deutsche Produkte, während die Exporte nach China weiter einbrechen. Die derzeitigen Gegenmaßnahmen sind nicht ausreichend, um die langfristigen Auswirkungen zu verhindern. Eine entschlossene Industriepolitik, die heimische Produktionskapazitäten stärkt, ist daher unerlässlich. Andernfalls droht eine schleichende Deindustrialisierung – mit gravierenden Folgen für Wachstum, Wohlstand und technologische Souveränität Europas.
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Wer druckt schon mal Kepis?
(Nicht außerhalb Europa natürlich!!!)