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Gegenstück zum Inflation Reduction Act der USA? Deutschland will keine EU-Breitseite gegen US-Subventionen

Der Inflation Reduction Act der USA ist ein Schlag gegen den Investitionsstandort Europa. Die Bundesregierung will kaum dagegenhalten.

Industrie und Windräder

Die USA haben mit dem 369 Milliarden Dollar schweren Inflation Reduction Act (hier der Text) Investitionen angestoßen, die bestehende Konzerne und Investoren entweder an die USA binden, oder Investoren wie ein Magnet anziehen, die vorher eigentlich im Ausland in neue Projekte investieren wollten. Denn sie erhalten Subventionen von der US-Regierung nur, wenn sie zu aller größten Teilen in den USA herstellen. Das ist ein scharfer Schlag gegen den Investitionsstandort in Europa. Und nun müsste die EU als vermeintlich großer starker Block mit deutlich mehr Einwohnen eigentlich dagegenhalten?

Könnte die EU nicht eine eigene Initiative verabschieden, die ähnliche Subventionen zahlt, aber dann nur für Projekte mit klarem Wertschöpfungsschwerpunkt in der EU? Das wäre doch die angemessene Antwort. Aber offenbar kuscht die Bundesregierung vor dem großen Absatzmarkt USA, der für die deutsche Exportwirtschaft so essenziell wichtig ist. „Berlin will keine europäische Breitseite gegen US-Subventionen“, so titelt es aktuell Bloomberg in seinem Bericht.

Während unter anderem Frankreich eine energische Reaktion der EU auf das grüne Subventionspaket der USA fordert, will die Bundesregierung informierten Kreisen zufolge die Wogen mit einem Vorschlag glätten, der die Anreize nur auf nationaler Ebene verstärkt. Zudem will die Bundesregierung die Mechanismen zur Verteilung bestehender EU-Mittel straffen. Der 369 Milliarden Dollar schwere Inflation Reduction Act von US-Präsident Joe Biden fördert nordamerikanische Unternehmen wie etwa die Hersteller von Elektrofahrzeugen. Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire warf Washington vor, eine Industriepolitik “nach chinesischem Vorbild” zu verfolgen, die nicht-amerikanische Unternehmen diskriminiert. Die EU hat angekündigt, die USA wegen des Gesetzes vor der Welthandelsorganisation zu verklagen.

Deutschland will informierten Kreisen zufolge nun mehr als 10 Milliarden Euro für Investitionen in Unternehmen aufwenden, die auf saubere Technologien umsteigen. Der neue deutsche Plan könnte andere europäische Länder vor den Kopf stoßen, die auf eine härtere EU-weite Reaktion drängen, zumal nicht alle Staaten über die gleichen budgetären Möglichkeiten wie Deutschland verfügen, um ihre heimischen Unternehmen zu unterstützen.

Bundeskanzler Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck sehen dem Vernehmen nach keinen dringenden Bedarf für ein EU-weites Subventionsprogramm, da in bestehenden Programmen noch Milliarden von Euro ungenutzt seien. Sie seien auch gegen die Einführung protektionistischer Bestimmungen, die die Hersteller verpflichten, europäische Produkte zu verwenden. Dies würde die Freihandelsziele der EU untergraben, so die Begründung.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat sich dafür ausgesprochen, die Regeln für staatliche Beihilfen zu überprüfen und einen europäischen Fonds für Investitionen in saubere Technologien zu schaffen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron setzt sich seit langem für einen sogenannten Buy European Act ein, der öffentliche Ausschreibungen und Subventionen für Hersteller auf dem Kontinent vorsieht.

Scholz und Habeck drängen dem Vernehmen nach auf eine Wiederbelebung der Freihandelsgespräche zwischen der EU und Washington mit dem Ziel eines Zollabkommens oder eines zollfreien Wirtschaftsraum für Technologien, die die grüne Transformation unterstützen.

Die Bundesregierung hofft, dass dies den USA erleichtern würde, Europa Ausnahmen vom Inflation Reduction Act zu gewähren, wie Kanada und Mexiko sie erhalten haben, da diese Ausnahmen an ihr Freihandelsabkommen gebunden sind. Anfang Dezember sagte US-Präsident Joe Biden, er sehe Spielraum für Verbesserungen des Gesetzes, um “die Teilnahme der europäischen Länder zu erleichtern”. Details nannte er nicht.

Das nationale 10-Milliarden-Euro-Programm soll den Kreisen zufolge die Schwerindustrie zu Investitionen in grüne Technologien ermutigen. Industrieunternehmen mit hohem Energieverbrauch würden für die zusätzlichen Kosten entschädigt, die durch die Umstellung auf klimafreundlichere Produktionsmethoden entstehen, hieß es. Nutznießer wären unter anderem Produzenten von Stahl, Aluminium und Zement.

Die Pläne sehen auch Zuschüssse zu den Betriebskosten vor, was mit einer langjährigen Tradition in Deutschland brechen würde. Wie zu hören ist, erarbeiten Kanzleramt und Ministerien derzeit einen Gesetzentwurf – in engem Kontakt mit Industrieverbänden sowie der EU-Kommission.

Die endgültige Ausgestaltung des nationalen Förderprogramms könne sich noch ändern, so die darüber informierten Personen. Berlin wolle aber Anfang 2023 mit dem Programm beginnen. Voraussetzung für die Teilnahme soll das Kriterium sein, dass die jeweiligen Unternehmen ausschließlich mit Strom aus erneuerbaren Energien produzieren.

FMW/Bloomberg



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