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Die Angst vor dem großen China-Abschwung: die Botschaft der Rohstoffpreise

Während die westliche Finanzmärkte Party feiern, ist an Chinas Finanzmärkten Katerstimmung eingekehrt: Chinas Aktienmärkte (Shanghai und Shenzhen) auf dem tiefsten Stand seit sieben Monaten, in China gehandelte Rohstoffe auf dem tiefsten Stand seit vier Monaten, während chinesische Staatsanleihen haussieren - ein klassisches Zeichen für die Flucht in die Sicherheit. Die Angst vor dem Abschwung belastet Rohstoffpreise schwer - zurecht!

FMW-Redaktion

Während die westliche Finanzmärkte Party feiern, ist an Chinas Finanzmärkten Katerstimmung eingekehrt: Chinas Aktienmärkte (Shanghai und Shenzhen) auf dem tiefsten Stand seit sieben Monaten, in China gehandelte Rohstoffe auf dem tiefsten Stand seit vier Monaten, während chinesische Staatsanleihen haussieren – die Renditen sinken auf den tiefsten Stand seit knapp zwei Jahren, ein klassisches Zeichen für die Flucht in die Sicherheit.

Wie wir kürzlich in dem Artikel „In China braut sich was zusammen: die große Enthebelung!“ gezeigt hatten, hat Peking den Schattenbanken den Kampf angesagt – die Führung ist sich bewußt, dass die Risiken unkontrollierbar werden, wenn die Kredit-Hebelung voran schreitet wie bisher.

Im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen vor allem Schattenbanken, die für nicht-staatliche Unternehmen in China eine, wenn nicht die maßgebliche Kreditquelle sind. Doch sind die im Reich der Mitte ausgeübten Praktiken teilweise klassische Schneeballsysteme, die nun zu kollabieren drohen: so werden teilweise Sicherheiten, etwa eine bestimme Menge an Rohstoffen, gleich mehrfach hinterlegt etc. Peking versucht solchen Praktiken derzeit den Garaus zu machen – und meint, sich das derzeit auch leisten zu können, weil die angeblich positive Konjunktur das ermögliche.

Aber die Daten aus dem Reich der Mitte werden immer schlechter: so enttäuschten die heute Nacht veröffentlichten Daten zu den Exporten und Importen die Erwartungen, gleichzeitig zeigen dieselben Daten auch, dass der Rohstoffbedarf Chinas derzeit offenkundig rückläufig ist – etwa die Öl-Importe im April, die um 12% zum Vormonat fielen.

Im Zuge der von Peking angestrebten Enthebelung werden Kredite teurer, weil sie schlicht seltener vergeben werden: staatliche Banken wurden angewiesen, Schattenfinanzierungen den Behörden anzuzeigen. Das macht sich derzeit am chinesischen Markt für Unternehmensanleihen bemerkbar: die Zahl abgesagter Emissionen von Unternehmensanleihen stieg im April auf 154 – im März waren es 94, im Februar 32, im Januar 31. Tendenz also steil ansteigend, ein Zeichen für die Kontraktion des chinesischen Kreditimpulses.

Der Rückgang erfolgt auf breiter Front: Im April sank die Zahl der von chinesischen Banken verkauften Vermögensverwaltungsprodukte (wealth-management products, WMP) um 39% im Vergleich zum Vormonat. Trust-Firmen, gemeinhin auch als „Schattenbanken“ bekannt, verkauften 35% weniger Produkte als noch im Vormonat. Ein ähnliches Bild auch bei den sogenannten Einlagezertifikaten (negotiable certificates of deposit, NDC) am Interbanken-Markt, die vor allem für kleine Banken in China sehr wichtig sind: hier fiel das Volumen um 38% zum Vormonat.

Das alles bedeutet auch: die fallenden Rohstoffpreise enthalten eine Botschaft, und diese Botschaft heißt: China steht vermutlich vor einem heftigen Abschwung. Bislang hat Peking diesen Abschwung durch Kreditexpansion hinaus gezögert, aber man scheint nun realisiert zu haben, dass das nicht ewig funktionieren kann.

Ohne die Beihilfe Chinas aber kann die Weltwirtschaft kaum wachsen – und das spiegelt sich in den Rohstoffpreisen. Zudem hat man lange den technischen Fortschritt unterschätzt: etwa bei der Ölförderung, wo das sogenannte horizontale fracking einen immensen Sprung des Förderungs-Wirkungsgrades ermöglicht hat, mit dem man zuvor überhaupt nicht gerechnet hatte.

Vorkommen von Rohstoffen zu entdecken sind darüber hinaus durch den Einsatz hochtechnologisierter Drohnen viel einfacher und schneller möglich als noch vor einigen Jahren. Dazu kommt, dass schon deshalb weniger Rohstoffe gebraucht werden, weil etwa neue Gebäude wesentlich energieeffizienter sind als noch vor einigen Jahren. Ein weiterer Belastungsfaktor sind die von der Trump-Administration eingeleiteten Senkungen der Umweltstandards, die zu einem Anstieg der Rohstoffproduktion führen wird.

Und so kommt vieles zusammen: technischer Fortschritt, ein möglicher, wenn nicht wahrscheinlicher Abschwung Chinas durch Kreditkontraktion, die Energie-Politik der USA. Und so fällt heute etwa beispielhaft der Kupfer-Preis weiter, der ein wichtiger Indikator für die Erwartung der globalen Konjunkturaussichten ist:



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3 Kommentare

  1. man braucht also weniger Rohstoffe weil Gebäude energieeffizienter werden? Theoretisch braucht man für diese Gebäude langfristig weniger Energie, sprich Öl, Gas etc. Primär benötigt man aber mehr Rohstoffe zum Bau solcher Gebäude…

  2. Ohje, dann geht die „Börsen“-Welt morgen spätestens übermorgen schon wieder unter. Da mache ich mir doch glatt mal noch ein Pils auf. Wenn ich dann irgendwann Alkoholiker bin, schicke ich die Rechnung an FMW. Mal im Ernst. Die fallenden Rohstoffpreis haben wir doch nicht erst seit zwei Wochen und was ist in den Indizes bislang passiert?

  3. Die grosse Enthebelung,interessant,jetzt macht der negativ besetzte Staatskapitalismus von China der vielgerühmten freien Marktwirtschaft des Westens vor ,dass die unendliche Kreditwirtschaft gebremst werden muss! !

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