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Die EZB hat einen neuen Sündenbock Die EZB und die „Gier“-Inflation – Profite der Unternehmen

"Gierige" Unternehmen schuld an Inflation?

Gier EZB Inflation

Die EZB wird nächste Woche die Zinsen weiter anheben, weil die Inflation nach wie vor zu hoch ist – vor allem die Kerninflation, die einen neuen Rekord erreicht hat. Was aber treibt die Inflation? Die Energiekosten sind inzwischen deutlich gesunken – also muß es andere Preistreiber geben.

Die EZB hat dazu eine neue Idee: die Gier der Konzerne, die ihre Preise weiter anheben – weil es eben möglich ist und in einem Umfeld hoher Inflation ja nicht groß auffällt.

Auf eine Idee jedoch kommt die EZB scheinbar nicht: dass sie selbst ein wesentlicher Treiber der Inflation ist, weil sie die Geldmenge extrem stark erhöht hat – und diese Erhöhung der Geldmenge dann wegen Corona und Ukraine-Krieg inflationswirksam wurde.

Weil aber Selbstreflexion nicht gerade die Stärke der EZB ist, hat man in Frankfurt nun einen Sündenbock ausgemacht: es sind die Unternhemen mit ihren Preiserhöhungen!

EZB: Die Gier-Inflation der Unternehmen

Die EZB ist dabei, ein Risiko in Sache Inflation  zu erkennen, das sich vielleicht als weitaus stärker erweist als die Lohn-Preis-Spirale, über die sich die Notenbanker Sorgen gemacht haben. Das berichtet Bloomberg.

Ende März warnte die Präsidentin der EZB, Christine Lagarde, vor einer „Geiz-ist-geil“-Dynamik, bei der steigende Gewinnspannen der Unternehmen die Löhne und Preise immer weiter in die Höhe treiben.

Die so genannte Gier-Inflation droht die Bemühungen um eine Eindämmung der Preisanstiege zu erschweren. Das bedeutet, dass die EZB möglicherweise mehr tun muss, um ihr 2%-Ziel bei der Inflation zu erreichen – und das in einer Zeit, in der die Notenbanker darauf hinweisen, dass sich das Ende ihres aggressivsten Zinserhöhungszyklus nähert.

„Es besteht eindeutig das Risiko, dass der Inflationsrückgang aufgrund steigender Gewinnspannen der Unternehmen langsamer ausfällt als bisher angenommen“, so Piet Christiansen, Chefstratege der Danske Bank in Kopenhagen.

Das liegt daran, dass Unternehmen dazu neigen, die Preise schneller zu erhöhen, um höhere Inputkosten auszugleichen, als sie zu senken, wenn ihre Ausgaben sinken. Das Ziel: länger höhere Margen zu erzielen.

„Diese Dynamik ist für die EZB nur sehr schwer in den Griff zu bekommen“, so Christiansen.

EZB Gier Inflation

Gewinne treiben Inflation in der Eurozone stärker an als die Löhne 

Während die Margenexpansion in diesem Jahr nicht so schnell sein wird wie im Jahr 2023, „wäre jede Art von Konflikt zwischen Löhnen, Gewinnen und dem öffentlichen Sektor äußerst nachteilig für die Zukunft und könnte eine Reaktion der EZB in Bezug auf unsere Geldpolitik hervorrufen“, sagte Vizepräsident Luis de Guindos am Mittwoch.

Unternehmensgewinne als Treiber der Inflation

Laut Maeva Cousin von Bloomberg Economics sind die Unternehmensgewinne schon seit einiger Zeit ein größerer Treiber für die Inflation als die Arbeitskosten – seit Anfang 2021. Sie rechnet vor, dass die steigenden Gewinne mehr als zwei Drittel der Inflation Ende letzten Jahres ausmachten.

Die EZB, der bereits vorgeworfen wurde, zu zögerlich zu agieren, als die Preise ihren Aufstieg nach der Rezession begannen, hat die Ausweitung der Gewinnspannen erst in den letzten Monaten als eindeutiges Problem erkannt und ist erst auf der März-Sitzung der EZB wirklich in den Vordergrund getreten.

„Viele Unternehmen waren in der Lage, ihre Gewinnspannen in Sektoren zu erhöhen, die mit einem begrenzten Angebot und einer wiederauflebenden Nachfrage konfrontiert waren“, erklärte Chefvolkswirt Philip Lane seinen Kollegen und argumentierte, dass „die Löhne in den letzten zwei Jahren nur einen begrenzten Einfluss auf die Inflation hatten und der Gewinnanstieg wesentlich dynamischer war.“

Ein Beispiel dafür ist Lettland, wo die Inflation zu den höchsten in der Eurozone mit 20 Ländern gehört. Der Gouverneur der Zentralbank, Martins Kazaks, sieht dort einige Unternehmen, die ihre Preise erhöhen, „nur weil sie es können“. Eine Unverschämtheit..

Inflation EZB Baltikum

Die baltischen Länder haben die höchsten Inflationsraten in der Eurozone ..und einige der größten Gewinnsteigerungen pro Einheit

„Das ist der Grund, warum der EZB-Rat in einer Situation, in der der harmonisierte Verbraucherpreisindex unter dem Einfluss des Rückgangs der weltweiten Energiepreise zu sinken beginnt, weiterhin die Zinssätze erhöht“, sagte er.

Käufer sollen einfach besser kaufen..

Auch die Käufer können ihren Teil dazu beitragen, meint Kazaks und rät ihnen, bei ihren Einkäufen wählerischer zu sein und nach besseren Angeboten zu suchen.

Einige seiner Kollegen haben jedoch die Gefahr heruntergespielt. Der kroatische Wirtschaftsminister Boris Vujcic sagte letzte Woche, dass ein schwächeres Wirtschaftswachstum den Unternehmen die Möglichkeit nehmen werde, die Preise weiter anzuheben.

Einen Tag zuvor räumte EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel ein, dass die EZB „den Gewinnen nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt hat“, sagte aber, dass sie wahrscheinlich nicht die gleiche gefürchtete Spirale in Gang setzen können wie die Löhne.

„Bei den Gewinnen gibt es eine stärkere Selbstkorrektur, weil die Menschen diese höheren Preise irgendwie bezahlen müssen“, sagte sie. „Ich glaube nicht, dass man das kontinuierlich in die Zukunft extrapolieren kann, aber man muss es beobachten, und wir beobachten es genauer als früher.“

Die EZB könnte das jüngste Tempo ihrer Zinserhöhungen am 4. Mai verlangsamen und den Einlagensatz um einen Viertelpunkt auf 3,25% anheben. Sie geht davon aus, dass die Inflation von anfänglich über 9% bis zum Jahresende auf 2,8% zurückgehen wird, bevor sie in der zweiten Jahreshälfte 2025 wieder auf das Ziel zurückfällt.

Da jedoch sowohl Unternehmen als auch Verbraucher versuchen, sich gegen steigende Kosten abzusichern, warnt Oscar Arce, Generaldirektor für Wirtschaft und Forschung der EZB, davor, dass eine Preisspirale nach oben in Gang kommen könnte.

„Die sich gegenseitig verstärkende Rückkopplung zwischen höheren Gewinnmargen, höheren Nominallöhnen und höheren Preisen birgt das Risiko starker Zweitrundeneffekte“, schreiben er und seine Kollegen in einem Blogbeitrag.

FMW/Bloomberg

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6 Kommentare

  1. Ich denke, die EZB wird wohl kaum erklären können, dass die geforderte Lohnerhöhungen, (bei denen minus Sozialabgaben und ggf. Steuern) nur etwa die Hälfte bleibt, um damit die Mehrbelastung durch die Inflation zu begegnen, auch wirklich nur annähernd die Mehrbelastung durch die Inflation ausgleichen können.
    Wartet mal ab, was Gemüse in diesem Jahr noch kosten wird, wenn die spanische Regierung den Bauern das Wasser abstellt, damit für den Tourismus noch ausreichend Wasser zur Verfügung steht.
    Für den Wasserbedarf von einem Salatkopf, kann ein Tourist am Tag versorgt werden.

    Viele Grüße aus Andalusien Helmut

    1. @Helmut

      Immer wieder toll, solche Informationen direkt von jemanden zu bekommen, der so gut wie vor Ort ist. :-) Da stellt die Regierung in Spanien also wirklich den Tourismus über die Versorgung der eigenen Bevölkerung? Junge Junge, schon heftig, was da abgeht. Hat Spanien ein Wasserproblem, oder woher kommt das „entweder-oder“ Szenario?

  2. Sicherlich spielt da vor allem die stark gestiegene Geldmenge eine wesentliche Rolle und die EZB hat ganz und gar nicht vorausschauend agiert, aber jeder der regelmäßig einkaufen geht wird festgestellt haben das in den letzten 1,5 Jahren teilweise Preise massiv durch die Decke geschossen sind. Ich denke schon das es da auch gewisse Mitnahmeeffekte der Unternehmen gibt, und das diese nicht immer die ärmsten Schweine der ganzen Wirtschaft sind.

  3. Hallo Stefan Ziege,

    Wasser für die Bevölkerung ist in Spanien genug da, denn Spanien hat über 1.000 Meerwasserentsalzungsanlagen, die etwa 9 Millionen Kubikmeter Trinkwasser pro Tag herstellen. Und das ist Wasser in der Qualität von destiliertem Wasser. Aber für die Landwirtschaft zu teuer, denn man benötigt etwa 3 bis 4 KW Strom für 1 m3 Wasser. Natürlich zu einem Preis von etwa 4 bi 8 Cent/ KW, den auch die Industrie zahlen muss.
    Die Landwirtschaft benötigt aber Unmengen an Wasser. Dabei trägt die Landwirtschaft nur unter 3% zum BIP bei. Da sorgt die spanische Regierung lieber dafür, dass der Tourismus weiter laufen kann, der ein Vielfaches zum BIP beiträgt, aber wesentlich weniger Wasser verbraucht als die Landwirtschaft. Natürlich geht dann die Landwirtschaft nicht gegen Null, denn sie kann ja auch (beruhend auf alte Wasserrechte z. B. an Wasser aus den Bergen der Sierra Nevada) die Plantagen bewässern. Und wenn nun nur noch die Hälfte oder 1/3 an Gemüse produziert werden kann, dann reicht es nicht nur für die Eigenverorgung in Spanien. Die Bauern, die dann nicht mehr produzieren können, werden finanziell entschädigt.
    In Deutschland werden Ackerflächen stillgelegt, und geradezu dubiose Düngeverordnungen erlassen, was nicht nur den Ertrag schmälert. Warum sollten dann die Spanier mit allen Mitteln ihre Landwirtschaft mit Wasser versorgen, und den Tourismus einschränken? Auch die jährlich etwa 50 Millionen Tuoristen essen Gemüse.
    Es wird dann oft in der Tagesschau vermeldet, das in Spanien zeitweise das Wasser abgestellt wird. Das ist bei uns schon immer so.
    Wir haben 3 Tage in der Woche Wasser und 4 Tage kein Wasser. Was wir aber gar nicht bemerken, denn jedes Haus hat einen Wasserspeicher. Wir speichern z. B. 26.000 Liter Trinkwasser, mit dem wir rechnerisch etwa 100 Tage hinkommen würden.
    Normal sind etwa 3.000 Liter, aber wir haben noch die großen Speicher, weil wir früher auch an Touristen vermietet haben.
    In unserer Nachbargemeinde liefert die Gemeinde nur einen Tag in der Woche Wasser. Das hört sich erst einmal schlimm an. Aber das sind dann etwa 50.000 Liter für 7 Tage. Die kann auch ein noch so großer Haushalt nicht verbrauchen Aber es hört sich im deutschen Regierungsfernsehen gut an.
    Ja, da könnte ich nun noch einige Seiten schreiben.
    Unser Mitarbeiter hat sich nicht davon abhalten lassen können, unseren etwa 400 m2 Gemüsegarten zu reaktivieren. Wasser haben wir durch unseren Tiefbrunnen genug, und die in Sichtweite gehaltenen etwa 800 Ziegen produzieren auch genügend Dünger.

    Viele Grüße aus Andalusien Helmut

    1. @Helmut

      Ich danke Dir sehr für Deine extrem ausführliche Antwort! :-) Solche Hintergrundinformationen sind total spannend. Gerade auch in Hinblick auf den Wasserspeicher. Schon interessant, was alles möglich ist, wenn man die Bürger mal machen lässt.

      Ich wünsche Dir weiterhin ein angenehmes Leben in Andalusien. Mich reizen später eher die US Staaten. Aber bis dahin ist es noch ein langer Weg.

      Bis demnächst mal wieder.

      Schöne Grüße
      Stefan

  4. Wenn es an der Geldmenge liegen soll, dann würde ich gerne eine Erklärung und nicht nur eine Behauptung erwarten, die copy paste aus nem Lehrbuch als Standard Antwort bei Inflation gegeben wird. Es liegt nämlich nicht eine 0815 Situation vor sondern m.E. ein externer (Energie-Preisschock) als Auslöser mit gestörten Lieferketten. Die Argumente der EZB sind durchaus plausibel. Die steigenden Zinsen lassen die Produktkosten nur weiter steigen, heißen also auch die Inflation an. Die Geldmenge war vor Corona/Krieg riesig und dort war alles kein Problem. In Japan wird auch anders reagiert und da investiert W.B., der wahrscheinlich nicht so falsch liegt mit der Investitionsidee.

    Ich bitte um eine Erklärung, wie die Geldmenge jetzt die Inflation anheizen soll…es ergibt für mich wirklich keinen Sinn. Es wäre fantastisch, wenn Sie mich erhellen könnten. Gerne auch mir eine Quelle nennen, die mir das erklären kann.

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