FMW-Redaktion
Heute Abend wird es in Washington zu der großen Abstimmung über AHCA (American Health Care Act) kommen, das Obamacare ersetzen soll (Uhrzeit steht nach wie vor nicht fest!). Klar ist aber, dass Donald Trump sich heute Mittag Washington Ortszeit sich mit jener Gruppe innerhalb der Republikaner treffen wird, die bislang gegen AHCA stimmen wollen: der sogenannte Freedom Caucus.
Wer gehört zu dieser Gruppe, die 2015 gegründet wurde? Der Freedom Caucus steht der extrem konservativen Tea Party nahe. In ihrem Gründungsmanifest heißt es, man wolle jenen zahllosen Amerikaner eine Stimme geben, die von Washington nicht repäsentiert würden, der Schwerpunkt liegt auf einem möglichst schmalen Staat, der sich möglichst wenig in die Belange der Bürger einmischt:
“The House Freedom Caucus gives a voice to countless Americans who feel that Washington does not represent them. We support open, accountable and limited government, the Constitution and the rule of law, and policies that promote the liberty, safety and prosperity of all Americans.”
Mithin klingt das doch sehr nach Trump, der bekanntlich ja auch meint, Millionen Amerikanern eine Stimme zu geben, die von Washington nicht gehört worden seien.
Nach derzeitigem Stand sind nach wie vor 26 Abgeordnete der Republikaner, die zum Freedom Caucus gehören, immer noch nicht bereit, für AHCA zu stimmen. Genau diese Opponenten versucht Donald Trump laut Insider-Berichten mittels Telefonanrufen zu überzeugen, doch ihre Zustimmung zu geben (erinnert stark an „House of Cards“, wo genau das auch passiert!). Dazu hat Trump kleinere Gruppen von Republikaner um sich versammelt in mehreren Treffen und ist mehrfach „auf den Hill gefahren“.
Donald Trump. Foto: whitehouse.gov
Dabei hat Trump offenkundig einige Zugeständnisse an diese Gruppe gemacht, die Details von AHCA betreffen. Jedoch sorgten genau diese Zugeständnisse wiederum für Widerspruch bei jenen Republikanern, die als weniger konservativ gelten. Deren Bedenken hat gestern Abend der republikanische Abgeordnete Charlie Dent aus Pennsylvania formuliert:
„I believe this bill, in its current form, will lead to the loss of coverage and make insurance unaffordable for too many Americans“.
Viele Amerikaner würden also ihren Versicherungsschutz verlieren, gleichzeitig würden Versicherungsleistungen immer unerschwinglicher für viele Menschen. Genau das liegt auf der Linie, die das Congressional Budget Office (CBO) vertritt: bis zum Jahr 2026 würden durch AHCA 24 Millionen Amerikaner ihren Versicherungsschutz verlieren.
Am Montag hatte es dann noch einmal Änderungen an AHCA gegeben – nun wartet man auf ein neues Statemenet des Congressional Budget Office, das große Autorität genießt. Welche Auswirkungen wird das haben in Sachen Kosten, werden druch diese Änderungen weniger Amerikaner ihren Versicherungsschutz verlieren? Den Aussagen des CBO, die vor der heutigen Abstimmung erwartet werden, kommt daher große Bedeutung zu.
Trump gibt derzeit also alles, es steht schließlich viel von seinem politischen Kapital auf dem Spiel, wenn er im Abgeordnetenhaus scheitern sollte. Der AHCA braucht 216 Ja-Stimmen – was bedeutet, dass wenn alle Demokraten dagagen stimmen (was als sicher gilt), nicht mehr als 21 Abgeordnete der Republikaner ihre Zustimmung verweigern düften, um den AHCA durchzubringen. Mithin müssten also nur fünf der bisherigen Opponenten bei den Republikanern ihre Meinung ändern. Hoffnung geben den Befürwortern von AHCA Äusserungen von Mark Meadows, dem „leader“ des Freedom Caucus gestern spät abends:
„Tonight is an encouraging night. I don’t want to be so optimistic as to say the deal is done.“
Meadows hatte zuvor mit seinem klaren „Nein“ den Abverkauf an der Wall Street am Dienstag ausgelöst, nun klingt er bereits deutlich weniger negativ.
In der Summe werden nun zwei Dinge entscheidend: der Bericht des CBO und das Treffen Trumps mit den Abgeordneten des Freedpom Caucus heute Mittag (Washington-Zeit)..
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Das amerikanische Gesundheitssystem ist genau so wenig zu retten, wie das deutsche. Gleiches gilt für die Staatsschuldenkrise. Aber die Massen lieben die einfache Lösung und den Messias, der ihnen eine Lösung verspricht. Das erspart das eigene Denken.
Aber wenn der „Messias“ nur ein Dampfplauderer ist, seine Partei nicht im Griff hat und das erste groß angekündigte Thema verstolpert, sollte auch dem letzten seiner Wähler im „rust belt“ klar sein, welchen Zampano er da in’s Amt gehievt hat. Obamacare jetzt einfach weiterlaufen zu lassen, hat unzweifelhaft das Vertrauen in Trumps Führungsqualifikation und Durchsetzungsfähigkeit infrage gestellt.