Aktien

Die Milchmädchen-Hausse in Shanghai

Fast alle Aktienindizes der Welt mussten in der letzten Woche schwere Verluste hinnehmen: in den USA, Europa, aber vor allem auch in den Schwellenländern (Brasilien, Russland etc.) und im Nahen Osten (Dubai etc.). Der einzige wichtige Aktienmarkt, der derzeit haussiert, ist der Shanghai Composite. Während es in Hongkong immer weiter nach unten geht, ist der Shanghai Composite über die Marke von 3000 Punkten gestiegen – der höchste Stand seit November 2010.

Woran liegt das? Nicht an der Verlinkung der Börsen Hongkong und Shangahi, die es Ausländern nun ermöglicht, über den Hub Hongkong auch Aktien in Shanghai zu kaufen. Die über Hongkong kommenden Volumina aber sind sehr bescheiden und bleiben hinter den Erwartungen deutlich zurück. Das bedeutet: Träger der Hausse sind vor allem Festlandschinesen, die zumeist auf Pump Aktien kaufen. Da werden Immobilien verkauft – und eben in Aktieninvestments umgeschichtet. Oder gleich Kredite aufgenommen, von denen dann Aktien gekauft werden. Die Hausse ist also hoch gehebelt und häufig Kredit-finanziert – eine ungute Basis. Stand 15.Dezember belief sich der Umfang auf Pump finanzierter Aktienkäufe auf knapp 950 Milliarden Yuan (gut 150 Milliarden US-Dollar).

Das ist auch der Regierung aufgefallen – und so warnen staatliche Zeitungen wie auch die Nachrichtenagentur Xinhua vor spekulativen Übertreibungen. Diese aber verhallen ungehört – denn der Glaube, dass die Rally weiter geht, ist fast unerschütterlich, seit die Notenbank kürzlich die Zinssätze gesenkt hatte.

Es waren zuvor eben jene staatlichen Medien, die jetzt warnen, die zuvor massiv zum Einstieg geblasen hatten. Tradinggebühren wurden gesenkt, Banken durften Seminare anbieten, „Kauft Aktien“ lautete das Motto. Zwar kühlt sich Chinas Wirtschaft merklich ab – aber wen interessiert das? Omnipräsent ist vor allem der Glaube, dass es Staatschef Xi Jinping schon richten wird. Xi hat inzwischen eine Machtfülle erreicht, die kaum einer seiner Vorgänger seit Mao je hatte. Er ist der Führer, der Leader und der Messias, der den Aufstieg Chinas zur führenden Weltmacht ermöglicht, daran haben die Wenigsten einen Zweifel. Viele glauben daher, mit Aktienkäufen zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: eine patriotische Tat zu tun und gleichzeitig dabei reich zu werden.

Die Chinesen aber, das zeigt die Historie, haben eine ausgeprägte Spielleidenschaft, aber etwas weniger Talent zu strategischen Investements, die nachhaltig Erfolg bringen. Und so wird es wahrscheinlich kommen, wie es kommen muss – denn auch diesmal ist leider nicht alles anders..



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