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Die Zeit wird knapp für Erdogan: Türkische Lira fällt auf Allzeittief

Von Markus Fugmann

Während Erdogan heute das 100-jährige Jubiläum der Schlacht von Galipoli zelebriert, gerät die türkische Lira immer mehr unter Druck: sie fiel heute auf ein neues Allzeittief zum US-Dollar:

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Nachdem das österreichische Parlament das Massaker an den Armeniern als Völkermord bezeichnet hat, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass auch das deutsche Parlament die Ereignisse von 1915 offiziell als Völkermord einstufen wird: in einer heutigen Debatte im Bundestag wurden die Ereignisse von einer Mehrheit der Sprecher als typisch für das von Genoziden geprägte 21.Jahrhundert bezeichnet. Im Sommer könnte dann die offizielle Einstufung als Völkermord durch das Parlament beschlossen werden – übrigens gegen den Widerstand Merkels, die diplomatische Verwicklungen wie im Falle Österreichs fürchtet (die Türkei hatten ihren Botschafter aus Wien zurück gezogen).

Der Abverkauf der Lira jedoch ist eine Folge der Verbalinterventionen Erdogans und seiner Anhänger gegen den türkischen Notenbankchef Basci einerseits, und eine Reaktion auf die steigende Unsicherheit im Vorfeld der im Juni stattfindenden Wahlen in der Türkei andererseits. Der Rückhalt für Erdogan in der Regierungspartei scheint zu schwinden, es regt sich selbst bei Parteimitgliedern des Präsidenten Widerstand gegen die Ausweitung seiner Kompetenzen durch eine Verfassungsänderung.

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Präsident Recep Tayyip Erdogan
Foto: Prime Minister Office / Wikipedia (CC BY-SA 2.0)

Am Mittwoch hatte die Zentralbank der Türkei die Leitzinsen unverändert gelassen, jedoch versucht, die Lira zu stützen: sie senkte die Einlagezinsen für Dollar-Guthaben von 4,5% auf 4,0%, für Euro-Guthaben von 2,5% auf nun 2,0%, gleichzeitig hob sie die Sätze für die in türkischer Lira gehaltenen Mindestreserven um 0,5% an. Doch, das zeigt die Kursreaktion, verfehlt die Massnahme offenkundig ihre Wirkung. Die Lira hat seit Jahresbeginn nun 17% gegenüber dem Greenback verloren und ist damit die schwächste aller Schwellenländer-Währungen. Beobachter gehen davon aus, dass angesicht des Abverkaufs der Lira die Notenbank noch vor den Wahlen im Juni gezwungen sein könnte, die Leitzinsen zu erhöhen – das wäre jedoch sehr zum Mißfallen Erdogans, der dem Notenbankchef Basci unterstellt, die Zinsen im Interesse ausländischer Mächte (gemeint sind wohl die Zionisten, was auf die latent antisemitische Tendenz im Denken Erdogans deutet) hoch zu halten, um die Türkei zu schwächen. Laut Erdogan sorgen die hohen Zinsen für eine hohe Inflation – eine Meinung, die ökonomischer Logik jedoch diametral widerspricht.



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