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Digitaler Euro: Bedeutender Ökonom über die versteckten Risiken

Euro-Symbol

Dein digitaler Euro ist die Antwort auf die neuen Kryptowährungen? Und wer sein Geldvermögen darin aufbewahrt, der hat nie wieder Sorgen, weil die Europäische Zentralbank (EZB) ja dank Druckerpresse nie pleite gehen kann? Klar ist, dass Notenbanken weltweit derzeit an digitalem Zentralbankgeld arbeiten, so auch die EZB. Aber zunächst kurz die Frage, was wäre überhaupt ein digitaler Euro? Nun, bislang haben wir Bürger Zentralbankgeld nur in Papierform in der Tasche. Digital nutzen wir Geld nur über unsere Hausbank oder Paypal etc. Aber direkt bei der Zentralbank haben nur die Banken selbst Zugriff über ihre Konten. Aber mit einem digitalen Euro hätte auch der Bürger quasi die Möglichkeit direkt bei der EZB ein Konto zu führen, und damit direkt Zentralbankgeld online zu nutzen, ohne Papiergeld. Das klingt doch wirklich nach einer super Sache?

Digitaler Euro als gigantisches Problem für die Banken

Dr. Jörg Krämer, der Chefvolkswirt der Commerzbank, hat heute eine Denkschrift veröffentlicht, in der ein möglicher digitaler Euro kritisch betrachtet wird. Würde ein digitaler Euro von den Bürgern genutzt werden (und davon darf man ausgehen), dann fiele für die Banken eine wichtige Finanzierungsquelle weg. Denn wenn die Bürger Bankguthaben in digitale Euros umtauschen, würde nämlich Geld von ihren Konten bei den Geschäftsbanken auf ihre Konten bei der EZB überwiesen. Eine Geschäftsbank müsse in einem solchen Fall den gesamten Betrag von ihrem EZB-Konto auf das EZB-Konto des Bürgers überweisen. Entsprechend sinke dann das Guthaben der Geschäftsbank auf ihrem EZB-Konto und ihre Bilanz würde schrumpfen.

Privatleute und Unternehmen im Euroraum halten auf den Girokonten ihrer Geschäftsbanken laut Dr. Jörg Krämer 7,3 Billionen Euro. Wenn sie das im Extrem vollständig auf EZB-Konten überweisen würden, wäre dies für die Banken ein Verlust von fast einem Viertel ihres Fremdkapitals. Natürlich würden Banken dann versuchen einen solchen Mittelabfluss zu verhindern. So könnten sie ihre Sichteinlagen attraktiver machen, indem sie sie anders als bisher verzinsen. Außerdem könnten sie nach seiner Meinung als Ersatz für Sichteinlagen längerfristige Spar- oder Termineinlagen einwerben oder mehr Anleihen emittieren. Alle diese Möglichkeiten würden jedoch das Fremdkapital der Banken verteuern.

Risiken für die Bürger

Was wir bei FMW schon mehrmals in den letzten Monaten durchgesprochen hatten, waren vor allem die Risiken für den Bürger. So könne die EZB bei einem digitalen Euro ganz einfach Strafzinsen für die Kunden flächendeckend umsetzen, was bei Bargeld ja nicht möglich ist. Auch kann die EZB den Bürger vollständig überwachen und seine Lebensgewohnheiten im Detail nachvollziehen.

Wie die EZB die Banken retten könnte

Es ist leicht verständlich. Ein digitaler Euro könnte zur Katastrophe für Banken und Sparkassen werden, da ihnen ihre breite Finanzierungsbasis wegbrechen könnte, nämlich die Einlagen der Kleinsparer, die ihre Überschüsse aus Gehältern bisher aufs Spar- und Festgeldkonto packen. Diese Gelder würden dann wohl bei der EZB landen, wo der Bürger sich deutlich sicherer aufgehoben fühlt. Denn wie gesagt, die EZB kann ja nicht pleite gehen. Dr. Jörg Krämer bespricht im Detail die Folgen des Digital-Euros für die Banken, und mit welchem Maßnahmen die EZB diese Folgen auffangen könnte. Hier dazu seine interessanten Aussagen im Wortlaut:

Um dies auszugleichen und eine Erosion ihrer Gewinne zu vermeiden, müssten die Banken ihre Kreditzinsen erhöhen. Dann aber würden Unternehmen und private Haushalte weniger Kredite nachfragen. Will die EZB aus Sorge um die Konjunktur einen Rückgang der Kreditvolumina verhindern, muss sie die Finanzierungslücke der Banken selbst schließen. Dafür hätte sie im Wesentlichen drei Möglichkeiten, wobei alle mit schweren Nebenwirkungen einhergehen:

Erstens könnte die EZB den Banken Staatsanleihen abkaufen und ihnen den Gegenwert auf ihren EZB-Konten gutschreiben. Das tut sie bereits seit 2015, so dass die Banken auf ihren EZB-Konten freie Guthaben in Höhe von 2.653 Milliarden Euro haben. Diese könnten die Banken nutzen, um den Abfluss von Zentralbankguthaben auszugleichen, den die Einführung des digitalen Euros auslösen würde. Allerdings müsste die EZB dann die in der Krise gekauften Staatsanleihen dauerhaft halten, was die Staaten noch mehr vom heilsamen Druck der Finanzmärkte abschotten würde. Die Anreize für eine solide Haushaltspolitik und für Reformen etwa im hochverschuldeten Italien würden weiter sinken. Die tiefgreifenden Probleme vieler Euro-Länder blieben ungelöst – mit all den damit verbundenen Risiken für die Stabilität der Währungsunion.

Zweitens könnte die EZB die Finanzierungslücke der Banken schließen, indem sie ihnen Unternehmensanleihen abkauft. Aber das liefe darauf hinaus, dass die EZB Unternehmen finanziert und sie teilweise dem Einfluss privater Geldgeber entzieht. Die Folge wären noch mehr Zombie-Unternehmen, die nur dank niedriger Zinsen überleben, gesunden Unternehmen Ressourcen entziehen und die Produktivität der gesamten Volkswirtschaft senken.

Drittens könnte die EZB auf den Kauf von Staats- oder Unternehmensanleihen verzichten und die Finanzierungslücke der Banken stattdessen dadurch schließen, dass sie ihnen mehr Kredite gewährt. Wenn aber EZB-Kredite die Finanzierung über Kundeneinlagen ersetzen, haben die Banken weniger Anreize, gut zu wirtschaften und sich für private Geldgeber attraktiv zu machen.
… wobei die disziplinierende Wirkung des Marktes abnimmt

Man kann es drehen und wenden, wie man will. Wenn die EZB den Banken die Finanzierungsmittel ersetzt, die durch den digitalen Euro wegfallen, senkt sie die disziplinierende Wirkung des Marktes auf Staaten, Unternehmen oder Banken – mit all den negativen Folgen für Wohlstand und Freiheit.



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2 Kommentare

  1. Damit ist erst recht klar, weshalb der Tauschhandel und Absicherungsverträge unter den Marktteilnehmer zum Standard werden wird. Oder kann man sich vorstellen, dass Geschäftsabschlüsse die durch die EZB nach belieben beeinflusst werden können, global noch akzeptierbar wären?

  2. Viel interessanter ist m.E. die Rechtslage.

    Die EZB ist doch formal eine unabhängige Institution!
    Welche Gerichtsbarkeit/-ort gehört dazu ? … muss ich dann immer nach Brüssel für Streitigkeiten um und mit meinem Konto ?

    Bestenfalls gilt (wenn überhaupt wegen der Unabhängigkeit) EU-Recht. ==> ergo, bei einem deutschen Gericht brauche ich mich dann wohl nicht beschweren wenn ich nicht an meine Geld komme weil meine Bankkarte oder mein smartphone account nicht funktioniert.

    Die Digitale Inflation ist dann ebenfalls gesetzt !!! Je Tag 0,05 % Verlust vom Nominalwert o.ä. so für den Anfang … die Politik der letzten Dekade lehrt uns das wir schnell Werte im einstelligen Prozentbereich pro Monat erreichen dürften. Ich bin zwar kein Historiker, aber selbst ich weiß das ein Ende eines Wirtschaftszyklus immer sehr unangenehm für 99% der Bevölkerung ausging – analog zu Dirk Müllers Buch „Endspiel“, ja wir sind angekommen.

    Und der Nebeneffekt auf die Assi-Tour: Man kommt endlich an „Big Data“.

    Mal im ernst, wer hat sich noch nicht mit GreatBritain, Norwegen etc. beschäftigt !?

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