Digitales Zentralbankgeld oder auch der Digitale Euro sind ein Zukunftsprojekt, das immer mehr Formen annimmt. Von der medialen Öffentlichkeit offenbar übersehen, hatte die EZB Anfang letzter Woche zu dem Thema eine Liste veröffentlicht. Daraus geht hervor, wer der EZB für dieses Projekt als „Beratergruppe“ zur Seite steht. Der Bargeld-Verfechter und Handelsblatt-Autor Norbert Häring hat am Freitag in seinem Blog darauf hingewiesen. Wir schauen uns das jetzt auch mal an.
Berater für digitales Zentralbankgeld kommen einseitig nur von den Anbietern – und nicht von den Verbrauchern
Und ja, man kann der Aussage von Norbert Häring zustimmen, dass die Auswahl der Berater für ein digitales Zentralbankgeld seitens der EZB nicht den Schluss zulässt, dass dies ein Projekt für den Verbraucher sein wird, sondern dass es wohl im Sinne der Finanzindustrie gebaut wird. 30 „Berater“ listet die EZB auf. Wir haben nachgezählt. 15 dieser 30 Berater sind Vertreter von europäischen Banken oder Bankenverbänden. Dann haben wir noch 10 Zahlungsabwickler und Verbände, 1 Fintech, 1 Wirtschaftsauskunftei, 1 Unternehmensberatung, 1 Handelskammer, und als krönenden Abschluss noch den Möbelriesen IKEA.
Wird das Thema so konstruiert, dass es ein gutes Angebot für die Verbraucher sein wird, oder für die Finanzindustrie? Bei der Liste der Berater dürfte die Antwort klar sein. Ein digitales Zentralbankgeld dürfte um die Bedürfnisse der Banken, Zahlungsabwickler und Fintechs herum gebaut werden. Man darf fragen: Wo sind denn in diesem Beratergremium zum Beispiel Finanzexperten von Verbraucherzentralen? Oder kritische Finanzexperten aus der Politik wie zum Beispiel Fabio de Masi? Oder ein hoch angesehener und renommierter Verfechter von Bargeld wie Norbert Häring als kritischer Gegenpart zur Finanzindustrie? Oder zum Thema Datenschutzkritisch berichtende Portale wie netzpolitik.org? Fehlanzeige. Digitales Zentralbankgeld dürfte wohl eine Party der Finanzindustrie werden in Sachen Datenschutz, Gebühren etc.
Aussagen der EZB
Die EZB sagt dazu, dass eine „hochrangige Task Force“ des Eurosystems für digitale Zentralbankwährungen zur Interessenbekundung aufgerufen habe, nachdem der EZB-Rat die Untersuchungsphase für digitales Zentralbankgeld (digitaler Euro) genehmigt hatte. Nach der Bewertung der Bewerbungen habe der Auswahlausschuss 30 hochrangige Wirtschaftsexperten mit nachgewiesener Erfahrung und einem umfassenden Verständnis des Massenzahlungsverkehrsmarkts im Euroraum ernannt.
„Ich freue mich, dass viele hochkarätige Experten aus der Privatwirtschaft bereit sind, zum digitalen Euro-Projekt beizutragen“, so EZB-Direktoriumsmitglied Fabio Panetta, Vorsitzender der hochrangigen Task Force. „Ihr Fachwissen wird es erleichtern, die Ansichten potenzieller Nutzer und Händler über den digitalen Euro während der Untersuchungsphase zu berücksichtigen.“ Die Mitglieder der Marktberatungsgruppe werden laut EZB in persönlicher Funktion tätig sein und das Eurosystem in Bezug auf die Gestaltung und den Vertrieb eines potenziellen digitalen Euro aus der Sicht der Branche beraten sowie in der Frage, wie ein digitaler Euro allen Akteuren im vielfältigen Zahlungsverkehrsökosystem des Euroraums einen Mehrwert bieten könnte. Ein Vertreter der Europäischen Kommission und Vertreter der nationalen Zentralbanken des Eurosystems werden ebenfalls an der Gruppe teilnehmen.
Die Sitzungen sollen ab November 2021 mindestens vierteljährlich stattfinden, und zwischen den Sitzungen werden schriftliche Konsultationen organisiert. Die ermittelten Themen werden auch in dem vom Eurosystem eingerichteten Forum für den institutionellen Dialog über Massenzahlungen, dem Euro-Retail Payments Board (ERPB), behandelt. Das ERPB besteht laut Aussage der EZB aus hochrangigen Vertretern von Branchenverbänden und repräsentiert ein breites Spektrum von Interessengruppen. Darüber hinaus werde das Eurosystem mit der Öffentlichkeit und den Händlern durch spezielle Umfragen (z. B. von Fokusgruppen) in Kontakt treten und weiterhin technische Workshops mit der Branche abhalten.
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