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Die doppelte Enteignung der Sparer

Letztlich können Banken, die offiziell die Einführung von Negativzinsen auf Guthaben vermeiden wollen, auch einfach die elegantere Variante der Gebührenerhöhung wählen. Womit man offiziell keine Negativzinsen oder „Verwahrentgelte“ für Einlagen einführt, sondern eben nur „Gebühren erhöht“. Aber für den Kunden läuft es auf das selbe hinaus. Aktuelle Aussagen von McKinsey im Handelsblatt zeigen, dass die deutschen Bankkunden mit weiter drastisch steigenden Gebühren rechnen dürfen. Im Schnitt zahle man hierzulande derzeit 135 Euro für alltägliche Bankdienstleistungen – im europäischen Schnitt seien es 256 Euro. Da werde man sich dem europäischen Niveau angleichen – also nochmal eine Verdoppelung der Bankgebühren?

Immer mehr „Verwahrentgelte“

Aber zurück zu den Negativzinsen auf Einlagen. Die Banken nennen es in der Regel „Verwahrentgelt“. Kennen Sie das von ihrem Stromanbieter? Steigende Strompreise nennt man dort „Anpassungen“ und nicht Preiserhöhung. Aber wenn man prozentual Gebühren auf Guthaben berechnet, dann kann man wohl kaum von Gebühren sprechen, sondern von einer Zinsberechnung. Der Sparer nennt es wohl (meine bescheidene Meinung) Enteignung von Guthaben – die Bank nennt es Gebühr. Aber kann man es den Banken vorwerfen? Das Übel findet bei der EZB statt, die wiederum die Euro-Staaten am Leben halten möchte.

Die fortlaufende Untersuchung durch Biallo von knapp 1.300 Banken und Sparkassen zeigt, dass mittlerweile 450 Institute Negativzinsen von Privatkunden kassieren. Im ersten Halbjahr sind fast 200 Banken dazugekommen. Auch viele Genossenschaftsbanken und Sparkassen haben zuletzt Negativzinsen auf Guthaben eingeführt. Davon gewährt laut Biallo nur noch ein Drittel einen Freibetrag von 25.000 Euro oder weniger auf die Guthaben. Die Freibeträge reichen insgesamt von 5.000 Euro bis zu Millionenbeträgen. 18 Banken berechnen einen höheren Strafzins als die Europäische Zentralbank – das ist dreist!

Die Postbank gewährt laut Biallo seit dem 21. Juni für Neukunden nur noch einen Freibetrag von 50.000 Euro auf dem Girokonto, und 25.000 Euro auf dem Tagesgeldkonto. Auch Bestandskunden würden bereits angeschrieben. Der Druck der Wettbewerber sei dann doch zu groß gewesen auf die Comdirect, einer der großen Konkurrenten der ING. Die Comdirect hat den Freibetrag für Negativzinsen (Verwahrentgelt?) laut Biallo ab dem 1. Juli ebenfalls auf nur noch 50.000 Euro gesenkt. Die neue Regelung gilt wie bei der ING jetzt sowohl für neue Konten als auch für bestehende Konten nach separater Vereinbarung.



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3 Kommentare

  1. Guter Artikel, besten Dank. Ja das ist ein Dilemma in all den Staaten wo der Michel alle 4 Jahre bei stark reduzierter Auswahl zwischen Cholera- und Pest-Kandidaten ein Kreuzchen machen darf und dann zu schweigen hat. Das nennt sich komischerweise Demokratie und nicht, dass es eigentlich nur ein Alibi darstellt.
    Neutral betrachtet, muss man festhalten dass gilt, wenn Bürger schweigen, sind sie voll und ganz einverstanden.
    Auch dass zur Zeit sich alle Parteien überbieten mit verschärften Massnahmen zur CO2-Reduktion ohne wirklich die Zusammenhänge mit all den massiven Risiken durchgeplant zu haben, scheint den Bürgern kaum Sorgen zu bereiten – mindestens nach den Medien. Nur die Unternehmen mit hohem Energieverbrauch verlangen bereits eine Garantie der Energiepreis von ca. 4 Cent als Bedingung, um in Europa die notwendigen Investitionen vornehmen zu können, um die Abschreibungen über Jahre bei stabilen wettbewerbsfähigen Grössen einplanen zu können.

  2. Also das mit den Banken ist doch klar. Natürlich wollen und müssen die für ihre Leistungen und sei es eine Kontoführung, bezahlt werden. Bisher wurden diese Kosten im wesentlichen von denen getragen, die Geld in der Bank gelassen haben (Fristentransformation) und von denen die Kredite aufgenommen haben. Das geht vom Überziehungskredit bis zu Hypotheken. Für Hypothekenkredite gibt es nichts mehr (die Zinsen meiner letzten Hypothek dürften über die gesamte Laufzeit nicht mal die Provision des Kreditvermittlers decken). Auch bei den Konsumkrediten (inkl. Autofinanzierung) sind die realen Renditen massiv eingebrochen und zusätzlich geht das Volumen hier zurück.
    Also bleibt nur auf Gebühren auszuweichen. Ob man das jetzt an einzelne Aufgaben oder an angelegte Gelder hängt ist im Endeffekt egal.

    Um so niedriger die Gebühren sind umso mehr muss ich über Verwahrentgelte rein holen, weshalb bei vielen die Grenze nun schon bei 25.000 € liegt. Und die hat ein Mittelschichthaushalt schnell zusammen, wenn er etwas Liquiditätsreserve hält und vielleicht auf eine kurzfristige, etwas teurere Anschaffung spart. Wobei eine aktuelle Umfrage zeigt, das viele davon gar nichts mitbekommen haben. Wenn da einmal im Quartal 50 € Kosten abgebucht werden, kriegt das ein Großteil gar nicht mit oder es ist ihm egal.

    Und Geld zu „sparen“, mal von kurzfristigen Sparzielen abgesehen, war übrigens noch NIE eine gute Idee. Eine exakte Analyse zeigt das die Realzinsen praktisch immer negativ waren. Es gibt da nur ganz wenige sehr kurze Zeitabschnitte wo das anders war. Geld ist nämlich KEIN WERTAUFBEWAHRUNGSMITTEL, sondern lediglich eine Eigenschaft von Tausch. Wie schon öfter dargestellt, verbrieft Geld lediglich eine offene Liefertransaktion (auch bei gedeckten Währungen, hier stellt das Deckungsgut lediglich eine Art Versicherung dar). Und da ein Teil der Lieferverpflichtungen immer ausfällt kann das Horten von Geld nie eine positive Realverzinsung liefern.

    Wer „Geld“ zum Vermögensaufbau spart ist ein Depp. War er übrigens schon immer. Und das kann man den Regierungen nun wirklich nicht vorwerfen. Vorzuwerfen ist ihnen lediglich, das sie Versicherungen und Rentenfondverwalter rechtlich dazu gezwungen haben ihre Anleihen (Geld mit eingeschränkter Verfügbarkeit) zu kaufen.

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