FMW-Redaktion
Ein Hin und Her ist es mit den Aussagen der Notenbanker. Heute früh berichteten wir schon über die Aussagen von Mario Draghi bei einer Konferenz in Frankfurt, wo er klipp und klar durchblicken ließ, dass die Zinsen erstmal im Keller bleiben. Das saß, der Euro fiel gegen den US-Dollar um 50 Pips. Aber anscheinend hat es sich Bundesbank-Chef Jens Weidmann zur Aufgabe gemacht (es macht jedenfalls den Eindruck) den Euro stark zu reden gegen die Bemühungen der EZB.
So sprach Weidmann heute ebenfalls, aber bei einer Bankentagung in Berlin. Dort sprach er sich wie inzwischen gefühlt 3 Mal pro Woche für ein möglichst frühes Ende der EZB-Politik aus (also rauf mit den Zinsen, Schluss mit dem Gelddrucken). Das brachte den Euro wieder hoch. Denn theoretisch bringen steigende Zinsen und weniger Geld im Umlauf eine festere Währung mit sich, in diesem Fall den Euro. Zitat Weidmann von heute auszugsweise:
Nun habe ich die Deflationsbefürchtungen schon in der Vergangenheit für übertrieben gehalten. Mit den insgesamt positiven Konjunkturindikatoren, der höheren Inflationsrate und den jüngsten Inflationsprojektionen der EZB steht für mich außerdem fest, dass dieses ohnehin geringe Risiko nun noch deutlich kleiner geworden ist. Das sehen im Übrigen auch die Finanzmärkte so. Die aus Inflationsoptionen abgeleitete Wahrscheinlichkeit, dass die Inflationsrate in den nächsten fünf Jahren negativ sein wird, ist so gering wie seit 2011 nicht mehr.
Die Geldpolitik darf auf keinen Fall zum Gefangenen der Finanzpolitik werden. Sie darf nicht aus Rücksicht auf mögliche Folgen für die Zinslast einiger Mitgliedstaaten oder die Tragfähigkeit ihrer Staatsfinanzen den Ausstieg aus der sehr lockeren Geldpolitik aufschieben, wenn er aus Sicht der Preisstabilität geboten wäre. So hat auch mein EZB-Ratskollege Benoît Cœuré dieser Tage darauf hingewiesen, dass sich die Regierungen auf höhere Zinsen vorbereiten sollen.
EURUSD seit heute früh. Auch wenn die Ausschläge nicht groß sind, hat Weidmann „mal wieder“ den Kurs bewegt, und ihn in diesem Fall sogar vor Mario Draghi „gerettet“.
Bankgebühren
Und beim heutigen Bankentag in Berlin gab es auch interessante Äußerungen durch die Bankenfunktionäre. Der Tenor: Liebe Kunden, durch die bedauerliche Niedrigzinsphase waren wir gezwungen die Gebühren überall raufzusetzen, damit wir überhaupt noch Geld verdienen können. Wenn die Zinsen wieder steigen, werden wir diese Gebühren aber nicht senken. Denn wir haben im Zuge der aktuellen Effizienzsteigerungen festgestellt, dass die Banken in Deutschland und Europa generell zu niedrige Gebühren von ihren Kunden verlangen und zu unrentabel sind. Also bleibt es bei den diversen neuen Gebühren (fürs Geldabheben, für das einfache Besitzen der Bankkarte uvm)… so sehen wir die heutigen Aussagen einiger Funktionäre mal sinngemäß, wie sie diese Sichtweise in einem Gespräch gegenüber Bankkunden wohl rechtfertigen würden.
Das ist eigenlich gut vergleichbar mit diversen Steuern oder Zusatzabgaben, die für die „kurzfristige“ Finanzierung eines ganz bestimmten Projekts eingeführt werden, und nach fertiger Abzahlung des Projekts aber nicht eingestellt werden. Gewöhnt sich der Kunde an die neuen Gebühren, und machen die meisten Banken mit, hat der Kunde ja eh kaum eine Möglichkeit den Gebühren zu entfliehen. Deutsche Bank-Chef John Cryan sagte zum Beispiel, dass Bankprodukte in Europa günstiger seien in den USA – was natürlich im Umkehrschluss eine Forderung nach steigenden Preisen hierzulande darstellt.
Der Bankenverband in Person des Geschäftsführers Michael Kemmer sagte, dass die Zeiten der Kostenloskultur im deutschen Bankensektor schon vorbei seien. Dieser Trend werde wohl anhalten. Inzwischen kostenpflichtige Dienstleistungen seien nicht nur einer Delle wegen der Niedrigzinsphase geschuldet. Der Bankenverband ließ auch verlauten, dass die Banken ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern müssten – die Ertragslage sei generell noch nicht befriedigend. Auch hier ist klar, was das wohl zu bedeuten hat: Weiter runter mit den Kosten durch mehr Digitalisierung, weniger Filialen und Mitarbeiter – und gleichzeitig rauf mit den ganzen neuen tollen Extra-Gebühren.
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Na dann, Weidmannsheil! Allerdings traue ich diesem gestriegelten Weichei nicht sehr viel zu. Ein richtiges Merkelprodukt. Der Euro wird weiter in den Keller rauschen!
Das „gestriegelte Weichei“ ist zumindest einer der Wenigen, die dauerhaft und wahrnehmbar gegen uno uomo tutto d’un pezzo aus der amerikanischen Opportunistenschmiede opponieren.
Wozu eigentlich immer diese ständigen Assoziationen zu Mutti Merkel? Egal ob es ein Notenbankchef, ein Spitzenwissenschaftler …vieles dazwischen… oder ein sog. „deutscher Michel“ ist, immer liest man einen Kommentar pro oder kontra Merkel.
Ich mag und wähle sie auch nicht, aber in diesem Forum geht es erstens um andere Sachthemen, als reine grundsatzpolitische Biertischdebatten, zweitens hat noch nie ein Oppositionspolitiker spürbare Veränderungen an den bestehenden Ungerechtigkeiten (außer vielleicht Mahatma Gandhi) und Vermögensverteilungen bewirkt.
Betrachten Sie alleine das bisherige interne politische Versagen und die ständigen 180°-Wendungen von 1st-Mr-Invincible Trump, sollte klar werden, dass auch milliardenschwere Schreihälse im Land der unbegrenzten Möglichkeiten sich an die wahrhaft Herrschenden anzupassen haben.
Was sollte also Michels Mutti machen, wenn es gar Super-Donald nicht vermag?
Ätzen Sie gegen die Börsen, gegen die Big Player, gegen die Firmenkonglomerate, gegen die (ich betone) unkontrollierte Globalisierung, gegen all diese von den zu vielen Milliarden krank gefressenen Gehirne.
@Flachwix
Was würden Sie im Wortlaut als gestandener antimerkelscher Euro-Politiker Fundiertes bei einer Bankentagung in Berlin verkünden?
Die nächsten 200 Zeilen sind für Sie, keiner wird Sie unterbrechen:
…
Ähem, ich danke für die Ehre vor ihnen sprechen zu dürfen: Liebe Bankiers, leider muß ich sie auf das alternativlose Scheitern des Euros hinweisen. Der Euro wird keine Zukunft haben, oder wie es old Greenspan vor der Euroeinführung ausdrückte: Der Euro wird kommen – er wird aber auch wieder gehen. Ohne eine politische, oder zumindestens eine wirtschaftliche und fiskalische Union wird es nicht funktionieren, und diese im Nachhinein einzuführen, scheint mir ein Ding der Unmöglichkeit zu sein. Hinzu kommen die großen wirtschaftlichen Unterschiede zwischen den Nord- und Südländern…
So in etwa würde ich die Rede beginnen… Allen Politikern und Zentralbankern würde ich mal empfehlen, folgende Kommentare zu lesen (der SPON-Artikel selber ist für mich nicht besonders):
http://www.spiegel.de/forum/wirtschaft/zur-zukunft-der-eu-wie-wir-den-euro-und-damit-europa-retten-koennen-thread-586244-1.html
Den Politikern und Zentralbankern scheint ihr Job wichtiger zu sein, als das Wohl Europas. Die Leute haben alle kein Rückgrad mehr. Ich kann mich erinnern, daß vor Weidmann ein Bundesbankpräsident auch zurückgetreten ist, weil er die Euro-Politik nicht mehr mittragen wollte. Merkel umgibt sich ja nur mit Ja-Sagern, wozu – für mich – auch Herr Weidmann gehört. Na man wird sehen, wo das enden wird…