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Ein grüner Minister umschmeichelt das große Geld aus London

Das entspricht doch so gar nicht den Vorstellungen der Parteienlandschaft. Ein grüner Minister fliegt nach London um Hedgefonds, Banken und Vermögensverwalter nach Deutschland zu holen. Daran sieht man...

FMW-Redaktion

Das entspricht doch so gar nicht den Vorstellungen der Parteienlandschaft. Ein grüner Minister fliegt nach London um Hedgefonds, Banken und Vermögensverwalter nach Deutschland zu holen. Daran sieht man: Die alten ideologischen Parteigrenzen sind auch nicht mehr das, was sie mal waren. Aber jetzt genug der Häme! Der grüne Tarek Al-Wazir bekleidet in Hessen das Amt des Wirtschaftsministers. Und in dieser Funktion wird er morgen mit einer 30-köpfigen Delegation aus Verbänden und Unternehmen in den Flieger nach London steigen und dort zwei Tage verweilen. Der Grund der Reise: Im Rahmen des Brexit soll er versuchen vom Kuchen der Unternehmen, die möglicherweise London verlassen, möglichst viele nach Frankfurt zu lotsen. Konkurrenten sind Dublin, Paris, Amsterdam und Luxemburg.

Tarek al Wazir
Hessens Wirtschaftsminister Tarek Al Wazir. Foto: Sven Teschke/Wikipedia (CC BY-SA 3.0 de)

Welche Vorteile hätte Frankfurt zu bieten? In Relation zu London traumhaft günstige Büromieten, Wohnungsmieten und Grundstückspreise! Im Vergleich zu Dublin einen wirklich internationalen Flughafen, gute IT, Nähe zur EZB, Nähe zu deutschen Banken, und dann natürlich die Faktoren, die jeder anführt: Tolles Bildungsniveau, tolle Lebensqualität bla bla. Der große Nachteil: In Dublin z.B. wäre der Londoner Banken ebenfalls in der EU, und hätten den selben Sprachraum wie in London, und ein Wirtschaftsumfeld, das ähnlich wie in Großbritannien ziemlich liberal und offen eingestellt ist für die Finanzindustrie. Dort lässt man die Unternehmen machen, um es mal so einfach zu formulieren.

Vor einer deutschen Regulierungswut im Alltag dürfte man wohl am meisten Angst haben in London. So sagte Al-Wazir auch es ginge ihm darum in London Aufklärungsarbeit zu betreiben. Man wolle falsche Vorstellungen über Deutschland aus dem Weg räumen, die in London eventuell bestehen könnten zum Thema Arbeitsrecht und Steuern in Deutschland. Kurz nach dem Brexit-Vote Ende Juni sagte Al Wazir noch die sogenannte Leichenfledderei wolle man nicht betreiben. Dennoch wolle Hessen seine Chancen nutzen, die vielleicht für den Standort Frankfurt aus dem Brexit entstehen. Und was wird bei einem Zuzug nach Frankfurt aus den dortigen Wohnungsmieten und der Nachfrage nach Wohnungen? Drei Mal dürfen Sie raten!

Wenn wir schon die Themen „Al Wazir“ und „London“ besprechen, sollte man auch über die geplante Fusion zwischen London Stock Exchange und Deutscher Börse sprechen. Deutsche Börse-Chef Kengeter treibt die Fusion weiter voran, wohl mit dem Ziel Politik und Aufseher zu überrumpeln. Vollendete Tatsachen, bitte nochmal schnell genehmigen? In Sachen Sitz der neuen Holding hat sich noch nichts verändert. London besteht auf London, und die deutsche Politik auf einen Sitz in Frankfurt, oder wohl zumindest auf einen Sitz in der EU. Von Tarek Al Wazir, dem Mann der letztlich die Fusionsgenehmigung als deutsche Aufsichtsperson erteilen muss, ist zuletzt nichts zu hören gewesen. In der Frankfurter Bankenszene gilt eigentlich als sicher, dass Al Wazir und der CDU-Ministerpräsident Bouffier den Standort London so kaum durchwinken werden, alleine schon aus Prestige-Gründen. Nur worauf wartet man noch? Man kann seine ablehnende Haltung doch jetzt schon verkünden. Dann können sich die Fusionspartner eine halbwegs annehmbare Lösung ausdenken (Holdingsitz Amsterdam?), mit der die deutsche wie auch britische Politik leben kann.



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