Von Claudio Kummerfeld
Darf man sich selbst Lob zusprechen? Deutschland macht im Vergleich zu vielen anderen Ländern einen sehr guten Job – das kann man so sagen, oder? Das heute veröffentliche deutsche Bruttoinlandsprodukt für das 4. Quartal 2014 fiel mit einer Steigerung von 0,7% gegenüber dem Vorquartal deutlich besser aus als erwartet. D.h. also ganz klar: kein noch so kleines Anzeichen von Rezession in Deutschland. Auch alle anderen Wirtschaftsdaten lassen die Schlussfolgerung zu, dass Deutschland sehr gut dasteht. Erst diesen Montag wurde für Deutschland das beste Außenhandelsergebnis aller Zeiten verkündet – ein Überschuss für 2014 in Höhe von 217 Milliarden Euro. Die offizielle (!) Arbeitslosenquote lag im Januar bei 7%. Die Zahl der Erwerbstätigen ist mit 42,6 Millionen Menschen auf einem Allzeithoch. Die Steuereinnahmen sprudeln wie nie aufgrund dieser Rekordzahl und der guten Unternehmensgewinne. Diese profitieren natürlich enorm vom schwachen Euro und billigen Öl… geschenkt.
Einen guten Job machen
Mit unseren heutigen Artikeln Ist es Zeit Deutschland zu shorten? und 11.000 Charttechnik haben wir einzelne Facetten der deutschen Wirtschafts- und Börsenlage angesprochen. Dass Deutschland vor Problemen steht und wahrscheinlich durch die Probleme in Südeuropa sowie China Probleme bekommen kann, besprechen wir in unseren Artikeln regelmäßig. Aber für die hohe Verschuldung der chinesischen Provinzen oder die Korruption und nicht vorhandene Industrieproduktion in Griechenland kann Deutschland nichts. Die deutsche Volkswirtschaft macht (abgesehen vom Niedriglohnsektor mit desaströsen Auswüchsen) einen guten Job. Wie siehst denn in anderen Ländern aus? Nur mal eine kleine nicht repräsentative Auswahl.
Australien
In „Down under“ wiederholt sich quasi die US-Immobilien- und Kreditblase von 2008. Auf Kredit gekaufte Häuser werden beliehen; von dem Geld kauft man sich noch ein Haus, was man beleiht – von dem Geld kauft man sich ein drittes Haus usw… der australische Notenbankchef hielt gerade erst eine Brandrede. Diese Blase kann jederzeit platzen.
USA
Die USA kann man gar nicht in Relation zu anderen Ländern setzen, da die dort veröffentlichten Statistiken einer derart immensen Kreativität der Ersteller ausgesetzt sind, dass der Vergleich kaum einen Sinn macht. Offiziell haben die Amerikaner eine Arbeitslosigkeit, die niedriger ist als unsere. Fährt man durch die Straßen ganz normaler US-Städte, kann man generell zu einem anderen Schluss kommen. Wir hatten uns aber auch schon mal statistisch diesem Thema gewidmet.
Russland
Das Land hat sich in den letzten zehn Jahren seine heutigen Probleme durch „Unterlassen“ selbst geschaffen. Präsident Putin hat sich auf seinen Öl- und Gasreserven ausgeruht und es versäumt die Wirtschaft auf breitere Beine zu stellen. So schwankt das ganze Land im Auf und Ab vom Ölpreis in Chicago und Rubelkurs am Interbankenmarkt hin und her.
Frankreich
Unser großer Nachbar hat mit einer Arbeitslosenquote jenseits der 10% zu kämpfen, dazu noch einer enorm hohen strukturellen Jugendarbeitslosigkeit und einer Wirtschaft, die gerade wieder Richtung Rezession taumelt.
Die Kritik der EU-Kommission, dass Deutschland etwas gegen seinen Handelsbilanzüberschuss tun müsse, können wir nicht gelten lassen. Weil jemand zu erfolgreich ist, kann man ihm wohl kaum sagen, er soll absichtlich weniger Erfolg haben. Kann man dem FC Bayern sagen sie sollen endlich mal reihenweise Eigentore schießen, damit andere auch mal wieder eine Chance haben Deutscher Meister zu werden? Nein, wohl kaum. Damit tut man den Anderen auch keinen Gefallen. Wenn sich die „Anderen“ mit Defiziten rumärgern, sollten sie nicht böse auf Deutschland sein, sondern auf sich selbst, und sich fragen, warum sie so wenig exportieren und so viel importieren.
Deutschland hat zwar einen Immobilienhype, aber keine Immobilienblase, die vergleichbar mit der in angelsächsischen Ländern ist. Kredite werden i.d.R. nur mit vorhandenem Eigenanteil vergeben, Schuldner müssen sich die Raten auch real leisten können, und eine „Beleihungs-und Erneut Kaufen“-Spirale gibt es hier nicht.
Was kann Deutschland noch besser machen? Höhere Löhne bei Werks- und Zeitarbeitern (oder diese Arten von Arbeit gleich ganz abschaffen), den Inlandskonsum stärken und die Anwerbung hoch qualifizierter Fachkräfte aus dem Ausland endlich professionalisieren!
Daten: Statistisches Bundesamt, Bundesagentur für Arbeit
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„Ein Lob für Deutschland muss auch mal erlaubt sein“
Was für ein oberflächlich undifferenzierte Analyse!…Da hätte ich von finanzmarktwelt etwas anderes erwartet…bin ziemlich entäuscht und werde die Seite aus meinen Lesezeichen löschen. Schade!
„Wenn sich die “Anderen” mit Defiziten rumärgern, sollten sie nicht böse auf Deutschland sein, sondern auf sich selbst, und sich fragen, warum sie so wenig exportieren und so viel importieren.“
Der Satz ist ein Brüller.
Hallo Herr Kummerfeld,
Sie verschweigen mal eben, daß dieser tolle Erfolg von Deutschland mit Billionnen von künstlich erzeugtem – geschöpften – Geld erst möglich wurde. Gleiches gilt für die USA, Japan und China. Wir leben zweifelsfrei in einer postwachstums Ökonomie und dem dummen Michel wird immer noch mehr Wachstum gepredigt.
Deutschland sitzt auf einem Billionen-Pulverfaß von Schulden und künstlich erzeugtem Geld. Allein das Target2 Saldo liegt immer noch bei gut 700 Milliarden Euro und steigt wieder.
Wenn hierzulande ein Kindergarten oder ein Jugendzentrum betrieben werden soll ist das Geld aber eher nicht vorhanden. Die meißten Städte in Deutschland sind pleite und eigentlich zahlungsunfähig. Nach wie vor 8 Millionen ALG2-Bezieher (wenn man nicht die künstlich nach unten gerechneten Zahlen der BA verwendet)….selbst in ehemaligen Wohlstandszonen der Republik müssen Tafeln die verarmte Bevölkerung versorgen.
Das ist in USA noch krasser und wird auch früher oder später zu uns kommen….
Hierzulande fehlt den meisten Menschen die Empathie, um über den Tellerrand hinauszusehen…Hauptsache mir geht es gut…
Und zum spekulieren vergibt Mario Draghie ab März 60 Milliarden pro Monat aus der sprichwörtlichen Notenpresse, ich nenne das pervers…
Das was Sie da über Deutschland schildern ist wie das Nullsummenspiel der Börse: Des einen Gewinn, ist des anderen Verlust….toll, wenn man da immer zu den Gewinnern gehört. Ich möchte das für mich aber nicht und so stelle ich mir auch keine Weltgemeinschaft vor: „Jeder gegen Jeden“.
Das ist nur ein klitzekleiner Ausriß, ich könnte hier sicher noch stundenlang weiterschreiben. Es ist und bleibt eben alles eine Frage der persönlichen Wahrnehmung
Viele Grüße und ein schönes Wochenende
GN
Hallo
Ich schliesse mich dem Kommentar von M.Schmidt an. Es ist sehr traurig auf diese Seite solche Schwachsinn zu lesen. Diese Artikel ist grundlegend falsch und oberflächlich. Klärt nichts, bringt nichts. Deutschland hat sich Grösse „Vorsprung“ verschaffen in dem (alle Deutsche Regierungen) seit Euro Einführung kontinuierlich die Löhne senkten und die vereinbarte Inflation von 2% pro Jahr nicht eingehalten wurde. Das alles führte zu dem Ergebnis, das die Deutschen Produkte einfach billiger als die den anderen EU Länder waren (und immer noch sind). Somit haben alle EU Länder Produkte aus Deutschland importiert, weil es einfach billiger war und ist als selbst zu produzieren. Die folge sind enorme Unterschiede – Deutschland ist Exportweltmeister, Applaus!!! Alle anderen sind „Importweltmeister“ – Arbeitslosigkeit, leben auf pump, Schulden usw.
Am ende bleibt die Frage, woher haben die Länder wie Griechenland Spanien Portugal usw. das Geld genommen um die Deutschen Produkte zu kaufen? Die machten Schulden, genau. Und wer ist der Gläubiger? – Deutsche Sparer.
Wir können aus Geschichte lernen, dass der Gläubiger der Verlierer ist – Schuldenschnitt usw.
In diesem Sinne „Ein Lob für Deutschland muss auch mal erlaubt sein“.
Und ein Schwachsinn am Quadrat
„Russland – Das Land hat sich in den letzten zehn Jahren seine heutigen Probleme durch “Unterlassen” selbst geschaffen. Präsident Putin hat sich auf seinen Öl- und Gasreserven ausgeruht und es versäumt die Wirtschaft auf breitere Beine zu stellen. So schwankt das ganze Land im Auf und Ab vom Ölpreis in Chicago und Rubelkurs am Interbankenmarkt hin und her.“
Wenn Russlands, nach in den USA nicht einmal zugelassener Prüfung durch internationale Wahlbeobachter, demokratisch gewählter Präsident Putin der Diktator wäre, als der er in den US-geführten NATO-Medien dargestellt wird, hätte er vielleicht etwas ändern können, an den vom US-geführten Westen immer so hochgehaltenen sogenannten „Freihandelsabkommen“ aus der Jelzin-Zeit, die aus Russland einen, die eigene Wirtschaft lähmenden, kolonialen Absatzmarkt für westliche Produkte machten und am „Ausruhen“ der russischen Wirtschaft auf dem Verkauf der Öl- und Gas-Reserven. Nun wurde Präsident Putins seit Jahren geäußerten Forderungen nach mehr Produktion im eigenen Land, neue Überzeugungskraft verliehen und die heißt US-geführte EU-Sanktionen. Eine Entwicklung, die in einem anderen Land besagten Ausruhens aufmerksam verfolgt wird: Norwegen.
„Darf man sich selbst Lob zusprechen? Deutschland macht im Vergleich zu vielen anderen Ländern einen sehr guten Job – das kann man so sagen, oder? Das heute veröffentliche deutsche Bruttoinlandsprodukt für das 4. Quartal 2014 fiel mit einer Steigerung von 0,7% gegenüber dem Vorquartal deutlich besser aus als erwartet. D.h. also ganz klar: kein noch so kleines Anzeichen von Rezession in Deutschland. Auch alle anderen Wirtschaftsdaten lassen die Schlussfolgerung zu, dass Deutschland sehr gut dasteht. Erst diesen Montag wurde für Deutschland das beste Außenhandelsergebnis aller Zeiten verkündet…“
Wer die größten Banken und Konzerne als Geldgeber im Rücken hat, kann jedem Dorfverein zum Erfolg verhelfen, fragt sich nur zu welchem. Wohl nicht umsonst gilt Bayern München als Dorfverein mit zu viel Geld, dessen Erfolg weitgehend darauf beruht, dass anderen Vereinen die besten Leute weggekauft werden können.
So führt Deutschland mit Bayern München zu vergleichen, zu unfreiwillig komischen Ergebnissen, sind es doch im Fall von Deutschland die Banken- und Konzernebesitzer, die sich über den Gesetzgeber vom Volk alimentieren lassen, durch dessen Hinnehmen einer demokratiefeindlichen Wirtschaftsweise der sytembedingten Missachtung sozialer Menschenrechte, im Verhältnis zu den von allen gemeinsam erarbeiteten Produktivitätszuwächsen, bei einem zunehmenden Teil der Bevölkerung viel zu geringer Einkommen, von Abgeordneten durchgewunkenem, zur Überschuldung der Kommunen führendem Steuererlass für große Vermögen, mit denen im Börsenkasino gezockt wird, statt die erlassenen Steuern sozial nutzbringend anzulegen und der „Rettung“ dieser Vermögen auf Schulden der Bürgerinnen und Bürger, deren Steuerlast durch die damit zusätzlich zu den großen Vermögen umverteilenden Zinsprofite und damit dem Anteil von Ergebnissen der Arbeitsleistung, immer weiter steigt. Da werden wirklich Eigentore geschossen.
Guten Tag Herr Kummerfeld!
Ich bin mir nicht sicher,ob Sie es weiterhin wagen sollten über so wichtige Themen und Zusammenhänge des Wirtschafts und Finanzsystem schreiben zu dürfen. Die Sache ist zu ernst!
Bedenken Sie Ihre Verantwortung gegenüber der Leserschaft aber auch der Seite
Finanzmarktwelt. Bitte lesen Sie die Antworten jeder dieser sehr guten Kommentare. Diese könnten Ihren Horizont erweitern.Dank derer die sich mit dem Thema wirklich befasst haben, lohnt es sich nun doch den Beitrag einschließlich der Kommentare zu lesen.
Wir freuen uns immer über konstruktive Kommentare und Anmerkungen! Im ersten Kommentar wurde geschrieben „Was für ein oberflächlich undifferenzierte Analyse!… bitte sagen Sie mir ganz konkret Ihre Kritik, welcher Fakt Ihrer Meinung nach nicht stimmt. Ich schrieb z.B. „Die offizielle (!) Arbeitslosenquote lag im Januar bei 7%“. Wie Sie sehen, steht dort ein „!“ hinter „offizielle“, als Hinweis dafür, dass uns bewusst ist, dass diese Zahl arg geschönt ist.
An „GN“: Uns ist bewusst, dass auch die aktuell „schöne“ Situation in Deutschland auf Schulden und globalen Notenbankgeldern basiert. Der Artikel an sich sollte lediglich 1 X die Relation vor Augen führen, dass es uns hier in Deutschland in Relation zu anderen Ländern recht gut geht. Der Titel des Artikels heißt ja „ein Lob muss auch MAL erlaubt sein“…
Gerne diskutieren wir weiter mit Ihnen :-)