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Italien-Urlauber vor Problemen? Eine Story symbolisch für Italien als Ganzes? Alitalia am Ende, blockende Belegschaft hofft wohl auf den Staat

Da ist die aktuelle Posse um Italiens "große" Airline Alitalia ein gutes Beispiel. Was Lufthansa für Deutschland, ist Alitalia für Italien. Der Platzhirsch. Letztes Wochenende rief der italienische Premierminister Paolo Gentiloni Unternehmen und...

FMW-Redaktion

Um Italien steht es nicht so rosig. Erst gestern berichteten wir, dass das Land im EU-Vergleich bei Staatsverschuldung und Haushaltsdefizit Spitzenwerte belegt. Die Finanzbranche ist kaputt, auch wenn sich (was ein positiver Sonnenschein ist) die größte Bank Unicredit erst kürzlich eine milliardenschwere Kapitalspritze einholen konnte. Die Bankenbranche bräuchte eine gigantische Entlastung des Bergs an Schrottkrediten, damit man die sehr gute mittelständige Wirtschaft vor allem in Nord-Italien wieder mit frischen Krediten versorgen kann.


Ein Alitalia-Flieger. Foto: Eric Salard/Wikipedia (CC BY-SA 2.0)

Aber solange das nicht passiert, geht eben nichts voran im ganzen Land. Man ist wie gelähmt, so wirkt es zumindest. Da ist die aktuelle Posse um Italiens „große“ Airline Alitalia ein gutes Beispiel. Was Lufthansa für Deutschland, ist Alitalia für Italien. Der Platzhirsch. Letztes Wochenende rief der italienische Premierminister Paolo Gentiloni Unternehmen und Belegschaft dazu auf den „Ernst der Lage“ zu erkennen. Gäbe es keine Einigung, steht Alitalia alleine da, weil es ja ein Privatunternehmen sei.

Denn Alitalia steht kurz vor dem Aus. Gewerkschaften und Unternehmen hatten einen verdammt harten Sparplan ausgehandelt, der nun der Belegschaft zur Abstimmung vorgelegt wurde. Dazu gehört zum Beispiel die Entlassung von 1.700 Mitarbeitern beim Bodenpersonal, sowie Gehaltskürzungen beim Flugpersonal von satten 8%. Nicht gerade wenig. Heute früh nun das Resultat: Mit 67% stimmte eine klare Mehrheit gegen diesen Rettungsplan! Nun steht das Unternehmen vor dem Aus.

Die Gewerkschaften hatten ihre Mitglieder eindringlich dazu aufgefordert dem Plan zuzustimmen. Der Verkehrsminister warnte extra noch, dass es keine Staatshilfen und erst recht keine Verstaatlichung von Alitalia geben könne. Der Verwaltungsrat der Airline wies vorher noch darauf hin, dass diejenigen, die mit Nein stimmen, die Verantwortung dafür tragen, dass die Airline abgewickelt werde. Gut, aus Sicht der Mitarbeiter kann man das als glatte Erpressung ansehen. Gehälter drastisch reduzieren, oder ihr verliert alternativ alle eure Jobs – eine einfache und klare Wahlmöglichkeit.

In Deutschland, UK und vielen anderen Länden würde es dann jetzt heißen: Airline defizitär, keiner steckt da noch Geld rein, auch der Staat nicht – also wird der Laden dicht gemacht. In Frankreich würde wohl der Staat irgendwie einspringen, und die Belegschaft von Alitalia scheint im Bewusstsein der Wichtigkeit der Airline für das Land wohl zu hoffen, dass hier Rom doch noch Geld zuschießt.

Alitalia macht gut 500.000 Euro Verlust pro Tag, und man munkelt, dass der Airline bald das Geld ausgeht. Zu 49% gehört die Airline dem Partner „Etihad“, und zu 51% einem italienischen Firmenkonsortium, an dem die Großbanken Intesa Sanpaolo und Unicredit mit 20% und 13% beteiligt sind. Es sieht derzeit nicht danach aus, als hätten diese Anteilseigner Lust immer weiter und weiter Geld in dieses Fass ohne Boden zu pumpen.

Was nun? Der Verwaltungsrat von Alitalia muss nun entscheiden. Macht man den Laden dicht, und setzt damit dem (finanziellen) Schrecken ein Ende, oder ruft man doch noch mal in Rom an, wo dann vielleicht irgendeine krumme Nummer zurechtgeschustert wird, um den Laden am Laufen zu halten? Es ist, wie es ist. Für die Mitarbeiter ist es egal, woher das Gehalt kommt, aus den Flugerträgen oder einem staatlichen Hilfstopf. Geld ist Geld.

Generell ist die Frage wohl erlaubt, ob für eine veraltete und ineffiziente Alitalia in Europa überhaupt noch Platz ist, wo die Billigflieger Druck machen, wo die arabischen Airlines Druck machen, dazu noch Turkish Airlines, Air France und Lufthansa, die auch alles versuchen um gut durchzuhalten. Was passiert, wenn Alitalia dicht gemacht wird? Nun, das würde erst einmal ein richtiges Chaos geben. Fraglich wäre, ob die Flugpläne für die Urlaubssaison reibunslos laufen werden. Es wird einige Zeit dauern, aber vermutlich werden dann ryanair, easyjet, Lufthansa, Air France und Co versuchen sich so viele Marktanteile in Italien zu sichern wie nur irgend möglich. Dadurch werden viele der jetzigen Alitalia-Mitarbeiter neue Jobs bei diesen Airlines finden, aber eben nicht alle!

Oder gibt es doch noch eine krumme Nummer aus Rom? Oder doch noch eine Geldspritze der Eigentümer? Falls eines dieser Szenarien eintritt, hätten die Gewerkschaften gewonnen, und wären in einer verdammt starken Position für die Zukunft. Sie wüssten nämlich, dass sie nur stur bleiben müssen, und irgendwer springt dann schon ein als Retter.



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4 Kommentare

  1. Alitalia ist doch schon seit über zehn Jahren ständig pleite ! Wird Zeit das der Laden endlich dicht gemacht wird und vom Markt verschwindet. Gegen die Billigflieger haben die sowieso keine Chance, geschweige denn gegen die Fluglinien aus dem arabischen Raum.
    Selbige Geschichte wie bei Air Berlin. Die Firma gehört schon lange in die Insolvenz, da sich das Geschäftsmodell ja nachweislich nicht bewährt hat.

    Marktwirtschaft bedeutet eben auch, das nicht mehr überlebensfähige Unternehmen vom Markt verschwinden, was eigentlich in der Bankenbranche auch angesagt wäre.

    1. Wenn die Swissair pleite ging, warum nicht Alitalia?
      Wird sie aber nicht, die Italiener sind einfach zu schlau, es fällt ihnen immer was ein. Nicht umsonst hat Italien seit 1800 nur einen Staatsbankrott erlebt, Deutschland und Österreich dagegen mehrere.

  2. Wofür ich schon seit zwei Jahren plädiere:
    Wenn man schon nicht bereit ist, einige zusätzliche Milliarden locker zu machen, um vom Krieg bedrohte Menschen in deren Heimatnähe eine sichere Bleibe zu bieten, dann sollte man die w i r k l i c h Bedürftigen und vorm Tod Fliehenden mit dem Flugzeug abzuholen.

    Statt unbeschränkt Massen anzulocken, die ihr reichlich vorhandenes Geld hergeben, um mit Schleppern den lebensgefährlichen Weg übers Mittelmeer nach Italien zu wagen. Privilegierte, die sich für 5000-10000Dollar pro Person einen Schlepper erlauben können. Und die letztlich nur deshalb nicht alle ertrinken, weil mit Frontex ein kostenintensiver Shuttledienst initiert wurde.
    Für das Geld könnte man auch Flugtickets bezahlen.

    Damit könnte man in der Tat Menschen vorm Tod bewahren. Die Ärmsten der Armen vor Ort, insbesondere diejenigen, die zwar am stärksten verfolgt werden und wo die Not am größten ist – die aber leider keine finanziellen Mittel haben, um Schlepper zu bezahlen und deshalb elendig zugrunde gehen.
    Und auch diejenigen, die ihr Leben auf dem Meer riskieren.
    Und den Menschen Italien würde auch Erleichterung zuteil, insbesondere den Einwohnern von Lampedusa und anderen überquellenden Anlaufstellen.

    Und jetzt kommt der Clou – den Menschen, die dank Alitalia ihren Lebensunterhalt verdienen, wäre bei einer höheren Kapazitätsauslastung auch geholfen. Selbst wenn nicht ausschließlich italienische Flugzeuge eingesetzt würden.

    O.K., Schweine können fliegen. Oder doch nicht?

  3. Klarstellung: „And pigs can fly“, sagt der Engländer, wenn ihm was höchst Unrealistisches erzählt wird.

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