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Einkaufsmanagerindizes: Rückgang der Industrie erfasst Dienstleistungssektor

Der Einbruch der Frühindikatoren im Bereich der Industrie in Gestalt der Einkaufsmanagerindizes Verarbeitendes Gewerbe vollzieht sich bereits seit Monaten und manche Regionen ist bereits in den Rezessionsbereich abgerutscht. Lange Zeit wurden die Volkswirtschaften durch einen sehr stabilen Dienstleistungsbereich und sehr ausgabefreudige Konsumenten hochgehalten. Aber damit scheint es jetzt vorbei zu sein, wie neueste Zahlen andeuten.

Supermarktregale - Einkaufsmanagerindizes bei Dienstleistungen schwach
Supermarktregale als Symbol für den Dienstleistungssektor. Foto: unsplash / Hanson Lu

Der tiefe Fall der Industrieindikatoren

In vielen Regionen gilt die Rezession im industriellen Bereich als ausgemachte Sache. Während man in China mit allerlei Stimuli noch um die Marke von 50 Punkten im Einkaufsmanagerindex, also der Schwelle zur Schrumpfung kämpft (aktuell 49,8), ist dieser insbesondere in den klassischen Exportnationen tief in diesen Bereich eingetaucht. Südkorea 48,0, aber noch viel deutlicher in Deutschland mit 41,7 Punkten – der Automobilindustrie sei Dank. Aber die eigentliche Überraschung kam vor wenigen Tagen aus den USA als der ISM Einkaufsmanagerindex für die Industrie auf 47,8 Punkte eingebrochen war. Die Industrie hat in der 20 Billionen-Dollar-Ökonomie zwar noch nur noch einen Anteil von 17 % am Bruttoinlandsprodukt, die Gewinne der Firmen machen jedoch zwei Drittel an den Aktienmärkten aus. Umso gespannter wartete man auf die Veröffentlichung der Indizes aus dem Dienstleistungssektor, denen angesichts der Talfahrt der Industrie eine besondere konjunkturelle Bedeutung zukommt.

Der aktuelle Zahlenreigen der Einkaufsmanagerindizes

Am gestrigen Donnerstag wurden Zahlen aus Asien, Europa und den USA gemeldet und diese fielen im Servicesektor schlecht aus, mehr noch, es gab auch schon manchen Rutsch an oder sogar unter die Wachstumsschwelle. Skurrilerweise überraschte ausgerechnet das konjunkturelle Sorgenkind Italien mit einem Anstieg. Hier ein paar Daten zu den gemeldeten Einkaufsmanagerindizes (EMI):

EMI Dienstleistungen

Japan: 52,8 Punkte – Vormonat 53,3

Australien: 52,4 Punkte – 49,1

Spanien: 53,3 Punkte – 54,3

Italien: 51,4 Punkte – 50,6 gesamt: 50,6

Frankreich: 51,1 Punkte – 54,4 gesamt: 50,8

Deutschland: 51,4 Punkte – 54,8 gesamt: 48,5

Großbritannien: 49,5 Punkte- 50,6 gesamt: 49,3

Europa: 51,6 Punkte – 53,5 gesamt: 50,1

USA: 52,6 Punkte- 55,3

Der Trend ist auch im Servicesektor insgesamt klar abwärts gerichtet und auch im Gesamtindex befinden sich viele Regionen bereits ganz knapp an der entscheidenden Marke, die eine Schrumpfung signalisiert.

Spannung vor den US-Zahlen

Das Hauptaugenmerk am Tag der Bekanntgabe der Service-Indizes lag eindeutig auf dem ISM in den USA. Dieser sollte es richten und die Rezessionsängste nach dem ISM Verarbeitendes Gewerbe vertreiben – aber wie oben dargelegt, enttäuschte der Frühindikator mit einem Fall auf 52,6 Punkte. Rasch gingen die Aktienindizes in die Knie, aber….!

Claudio Kummerfeld hat am gestrigen Tag die seltsame Reaktion der US-Märkte beschrieben. Zunächst ein Einbruch des Dow Jones um 300 Punkte, als Erstreaktion auf den starken Rückgang des Service-Sektors und kurz darauf der Swing um 350 Punkte. Warum? Natürlich war es wieder einmal der reflexartige Turnarond aufgrund der erwachten Zinssenkungshoffnungen. Ich möchte hier eigentlich nicht schon wieder meine alte Platte vom wichtigsten Faktor an den Aktienbörsen zum Besten geben (außerhalb der Rezessionsphase) – die Bedeutung des monetären Faktors. Aber es kam wieder einmal zu diesem „einprogrammierten“ Verhalten, welches in der jetzigen Lage der niedrigen Anleihezinsen sogar nochmal etwas extremer ist als in früheren Zeiten. Die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung durch die Fed für Ende Oktober ist von 75 ist auf 93 Prozent gestiegen, für die Dezember-Sitzung bereits auf 57 Prozent.

Die US-Notenbank hat im Vergleich zur Europäischen Zentralbank noch einen Spielraum nach unten, was auch dem US-Konsumenten (temporär) zugute kommen dürfte. Man vergleiche nur die Höhe der Hypothekenzinsen in den USA und Europa.

Nach den fallenden Indikatoren sollten die Forderungen nach konjunkturpolitischen Stimuli lauter werden, insbesondere in Europa und Deutschland. Nach endlosen Diskussionen um die schwarze Null im deutschen Haushalt. Interessant ist auch die plötzliche Diskussion um die Wirkungslosigkeit von negativen Zinsen. Dazu auch eine kleine Anekdote zu unserem Finanzminister Olaf Scholz, welche auch Markus Koch immer wieder zum Besten gibt: Der Minister hasst das Schuldenmachen, aber noch mehr hasst er Minuszinsen (am Geldmarkt, nicht am Anleihemarkt!). Hat er in verschiedenen Interviews nicht immer betont, dass er keine Aktien oder Fonds besitzt und sein ganzes Geld auf Geldkonten parkt! Aus dieser Sicht ist seine Abneigung gegen Minuszinsen durchaus verständlich.

Honi soit qui mal y pense!

Fazit

Der Dienstleistungssektor, die große Stütze für viele Volkswirtschaften, scheint brüchig zu werden. Das Überschwappen aus dem schwächelnden Produktionsbereich nimmt Gestalt an. Noch sind die Arbeitsmärkte sehr solide, aber auch mit ersten Anzeichen der Schwäche. Damit wären wir bei dem für heute um 14:30 Uhr erwarteten Arbeitsmarktbericht in den USA. Gibt es eine Enttäuschung mit einer Zahl unter 100 000 Stellen und einer grünen Ampel für Jerome Powell (und seine Begründung zur Zinssenkung) oder eine Überraschung nach oben, dem Arbeitsmarktbericht des Dienstleisters ADP vom Mittwoch folgend?

Der Monat Oktober jedenfalls hat bereits in den ersten drei Tagen seinen Ruf als „Volatilitätskönig“ unter Beweis gestellt. Und es könnte so weitergehen mit den noch folgenden Terminen, insbesondere dem so erwarteten Entscheidungstreffen am 10. und 11. Oktober in Washington. Was wird sich Donald Trump gedacht haben, als sein Lieblingsindex Dow Jones in nicht einmal 72 Stunden um 1100 Punkte in die Tiefe gerutscht war?



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