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Erläuterung des Automatismus: Anleihen rauf – Rendite runter

Von Claudio Kummerfeld

Die Kursexplosion bei Anleihen und die nicht mehr vorhandene Rendite ist bei Börsen-Interessierten neben der Explosion im Dax derzeit eines der Hauptthemen. Da wir einige Anfragen zu dem Thema erhielten mit im Kern immer der selben Fragestellung, möchten wir den Automatismus „Anleihen rauf – Rendite runter“ hier erläutern.

Nennwert und Zins

Anleihen werden normalerweise mit einer runden Summe emittiert (herausgegeben), zum sogenannten Nennwert von 100%. Das bedeutet der Anleger kann normalerweise eine Anleihe zum Emissionszeitpunkt bequem und transparent mit einer runden Summe erwerben. Wenn er z.B. 10.000 Euro investiert, sind 10.000 Euro exakt 100% Nennwert. Ist der vom Emittenten versprochene Zinssatz pro Jahr bei z.B. 3%, so ist für diesen Anleger die Rendite auch 3%. Er erhält 300 Euro bezogen auf 10.000 Euro.

Börsenkurs einer Anleihe

Die meisten Anleihen wie die Bundesanleihe werden frei an der Börse gehandelt, damit Anleger jederzeit in der Lage sind sie in Bargeld umzuwandeln – extrem wichtig gegenüber Festgeld, „Geschlossenen Fonds“ usw. Deshalb haben Anleihen wie alle anderen an der Börse gehandelten Wertpapiere einen sich ständig verändernden Kurs, der durch Angebot und Nachfrage entsteht. Dieser Kurs ist aber kein Euro-Kurs, sondern ein Prozent-Kurs. Wenn es also in der TV-Berichterstattung heißt „der Bund-Future notiert bei 152“, dann sind damit 152% gemeint.

Börsenkurs über Nennwert

Steigt der Kurs der Anleihe (wie auch der Referenz-Index Bund-Future) nach der Emission an der Börse über 100%, ist das ein Indiz dafür, dass die Marktteilnehmer von Zinssenkungen in der Zukunft ausgehen – und da man ja eher höher-verzinsliche Anleihen haben möchte, kauft man die Anleihen bzw. den Bund-Future, der die aktuell vorhandenen Anleihen widerspiegelt. Steigt der Anleihekurs dadurch z.B. auf 120%, muss ich als aktueller Käufer nicht mehr 10.000 Euro für die selbe Menge Anleihen ausgeben, sondern 12.000 Euro. Die Verzinsung von 3% bezieht sich aber weiterhin wie vom Emittenten festgelegt auf den Nennwert von 100% beziehungsweise 10.000 Euro.

Automatismus

Steigt der Kurs der Anleihe, fällt die Rendite, und umgekehrt. Ein Rechenbeispiel, warum dies ein Automatismus ist, und gar nicht anders funktionieren kann.

Anleger 1)
Sie investieren zur Emission glatt 100% Nennwert, also 10.000 Euro. Zins 3%. Damit haben Sie eine Rendite von 3%. Einfach zu rechnen.

Anleger 2)
Sie entschließen sich nicht zur Emission, sondern erst später über die Börse die selbe Anleihe zu kaufen. Inzwischen sind die Anleihekurse aber in Erwartung zukünftig fallender Zinsen gestiegen, da ja alle noch die 3% Zinsen „abstauben“ wollen. Die Anleihe notiert jetzt bei 120%, sie müssen also 12.000 Euro für die selbe Menge Anleihen bezahlen wie Anleger 1. Die Verzinsung von 3% bezieht sich aber nicht auf Ihren Kaufpreis, sondern immer auf den Nennwert von ursprünglich 100%. Das bedeutet Sie bekommen genau wie der Anleger 1 auch nur 300 Euro Zinsen (3% bezogen auf 10.000 Euro/100% Nennwert). Da Sie aber tatsächlich 12.000 Euro investieren mussten, müssen Sie ihre 300 Euro Zinserlös auf ihr tatsächliches Investment beziehen, um Ihre persönliche Rendite bestimmen zu können. 300 Euro / 12.000 X 100 = 2,5%. Da Sie mehr Kapital einsetzen für den selben Zinserlös wie Anleger 1, ist die tatsächliche Kapitalrendite für Sie geringer, nämlich 2,5% statt 3% wie bei Anleger 1.

Anleger 3)
Der Kurs der Anleihe ist inzwischen auf 150% gestiegen. Sie kaufen zu 150% und bezahlen real 15.000 Euro. Sie erhalten aber wie Anleger 1 und Anleger 2 nur 300 Euro Zinsen. 300 / 15.000 X 100 = 2%. Sie haben somit eine reale Rendite von nur noch 2%. Je höher der Anleihekurs, desto mehr reale Euros investieren Sie in den tatsächlichen Kauf der selben Anleihemenge wie Anleger 1 und 2, und desto geringer ist ihre effektive Kapitalrendite, weil sie in Euro genau so viel Zinsen erhalten wie Anleger 1 und 2.

Diese Beispielkurse der Anleihen und die Zinsen haben nichts mit aktuellen Kursen zu tun. Sie sollen nur als Beispiel-Erläuterung dienen. Man sieht: es ist eine automatische Rechenveranstaltung. Je höher der Anleihekurs, desto geringer die Rendite, und umgekehrt.



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