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Es wird erneut Geschichte geschrieben am Anleihemarkt: Darf eine Notenbank Anleihen entwerten?

FMW-Redaktion

Es wird „erneut“ Geschichte geschrieben am Anleihemarkt, so steht es im Titel. Was war denn vorher? Nun, letzte Woche hatte Argentinien Geschichte geschrieben mit der generösen Bedienung von US-Hedgefonds, in dessen Folge in Zukunft der Schuldenschnitt von Pleitestaaten extrem erschwert oder sogar fast unmöglich wird. Jetzt wird erneut Geschichte geschrieben. Gerichte müssen ab sofort klären: Darf eine Notenbank im ach so seriösen Europa einfach so Anleihen privater Gläubiger entwerten?

Konkret geht es um die portugiesische Notenbank „Banco de Portugal“. Die Novo Banco, hervorgegangen als sauberer Rest aus einer Pleitebank, war immer noch belastet mit Anleihen, die gehalten wurden u.a. von Großanlegern wie BlackRock und PIMCO, immerhin der größte Vermögensverwalter und der größte Anleiheinvestor der Welt. Die beiden müssen recht entsetzt gewesen sein, als sie feststellten, dass die Banco de Portugal 2015 einzelne Anleihen aus dem Bestand der Novo Banco entnahm und in die vorige Pleitebank umbuchte, die von niemandem mehr gerettet, sondern nur noch abgewickelt wird. Damit waren diese Anleihen von jetzt auf gleich wertlos.

Der eine nennt das Enteignung, der andere nur einen Schuldenschnitt oder eine „Umbuchung“ in die alte vorherige Schrottbank. Warum das? Im Rahmen einer europaweiten Bankenprüfung verkündete die EZB Ende 2015 die Novo Banco habe eine Kapitalunterdeckung von 1,4 Milliarden Euro. Also wurden einfach werthaltige Anleihen, die die Novo Banco hätte zurückzahlen müssen, aus ihren Büchern gestrichen und zurück zur Schrottbank verschoben. Die Alternative wäre gewesen, dass der portugiesische Steuerzahler hätte diese Kapitallücke decken müssen, um die EZB glücklich zu machen bzgl. ihres Banken-Stresstest.

Nun steht die Frage im Raum, worum es sich hier eigentlich handelt? Die Klage gegen die Banco de Portugal ist nun von diversen Investoren eingereicht, und ein Gericht muss nun Rechtsgeschichte schreiben. Kommt die Notenbank damit durch, könnten vielleicht auch italienische und griechische Banken auf vergleichbare Ideen kommen – nur so ein Gedankenspiel. BlackRock sagte dazu durch dieses Verhalten sei Geld unfairerweise aus den Taschen von einzelnen Pensionären und Sparern genommen worden, zum Vorteil von Novo Banco. In der Tat, so kann man es durchaus sehen. Denn BlackRock als Vermögensverwalter repräsentiert ja letztlich Gelder von z.B. Sparern und Pensionären, deren Vermögen dadurch real entwertet wurde. Nur ist diese Entwertung legal gewesen? Eine gute Frage.

Auch geht es um das Gleichbehandlungsgebot, weil nicht alle Schulden gleich behandelt wurden. Das könnte ein entscheidender Vorteil für die Kläger sein. Warum wurden diese Anleihen umgebucht, und nicht diese? Die Banco de Portugal versucht derweil just in diesen Tagen Tatsachen zu schaffen. Wie man letzte Woche verkündete, treibt man für den portugiesischen Staat als derzeitigen „Interimseigentümer“ der Novo Banco ihren Verkauf voran. Und wen hat man dabei als Berater ins Boot geholt laut offizieller Mitteilung? Die Deutsche Bank. Zu den aktuellen Klagen wollte die Banco de Portugal nichts sagen. Aber spannend kann es werden. Unrechtmäßige Entwertung von Vermögen oder legale Umbuchung?



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