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24 Milliarden Kubikmeter Bedarf für 3 Jahre EU als Käufer-Kartell auf dem Gasmarkt – im April erster Schritt

Die EU will nun gemeinsam als Kartell am Gasmarkt auftreten, und ab April erste Schritte unternehmen. Blicken wir auf die Maßnahmen.

Gas-Tanker

Europa war nach dem russischen Angriff auf die Ukraine in Panik vor Gasknappheit. Der europäische Gasmarkt musste sich ändern. Kurzfristig überbot man auf dem freien Weltmarkt Länder wie Pakistan, und kaufte in den letzten zwölf Monaten zu Mondpreisen alles auf, was nicht bei Drei auf den Bäumen war (locker formuliert). Aber dauerhaft muss man wieder deutlich billiger einkaufen. Aktuell hilft der fallende Terminmarktpreis TTF für Europa, der mit heute unter 43 Euro pro Megawattstunde drastisch gefallen ist im Vergleich zum letzten Jahr (Hoch im August 2022 bei 342 Euro).

EU als Kartell am Gasmarkt

Die aktuelle Überflutung des europäischen Marktes mit Flüssiggas (LNG) aus den USA hilft aktuell, dazu auch Sparmaßnahmen und viel Gas aus Norwegen. Aber die EU will strukturell besser am Gasmarkt agieren. Und da hat man sich auf der Angebotsseite für Öl wohl etwas bei der OPEC abgeschaut? Die EU will als Einkäufer-Kartell für Gas auftreten, und mit dieser enormen Marktmacht von mehreren hundert Millionen Konsumenten niedrigere Einkaufspreise bei den Verkäufern erzielen zu können (hier die EU-Mitteilung vom 16. Januar). Die EU plant laut Bloomberg nun im nächsten Monat ihre ersten Schritte auf dem globalen Gasmarkt als Kartell.

Europäischer Block als Kartell mit 24 Milliarden Kubikmeter Bedarf für 3 Jahre

Ersten Schätzungen zufolge wird der gemeinsame Bedarf der 27 EU-Mitgliedstaaten und dreier Nachbarländer in den nächsten drei Jahren bei 24 Milliarden Kubikmetern liegen, so der Vizepräsident der EU-Kommission Maros Sefcovic. Nach dem Start der Ausschreibung am Gasmarkt im April rechnet die EU damit, dass die ersten Verträge mit Lieferanten aus den USA, dem Nahen Osten und Afrika im Juni unterzeichnet werden.

Gemeinsame Gaseinkäufe sind ein neues Instrument, das die EU einsetzt, um den sprunghaften Anstieg der Energiekosten zu begrenzen, der durch die Kürzung der russischen Lieferungen nach dem Einmarsch Moskaus in der Ukraine ausgelöst wurde. Auch wenn die Gas- und Strompreise derzeit nur einen Bruchteil der Rekordwerte vom August erreicht haben, treiben sie doch die Inflation der Verbraucher in die Höhe und belasten die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Unternehmen gegenüber ihren Konkurrenten in den USA und China.

„Wir müssen die wirtschaftliche Entwicklung in Europa eindeutig umkehren“, sagte Sefcovic in einem Interview. „Ich glaube, dass wir ein neues System schaffen, das den Wettbewerb erhöht, neue Anbieter ins Spiel bringt und die Energiepreise nach unten drückt. Seit wir damit begonnen haben, gibt es ein enormes Interesse von internationalen Anbietern“.

Lager auffüllen – und langfristig günstigere Einkaufspreise

Die EU hat im vergangenen Jahr eine Reihe von Notverordnungen erlassen, um sicherzustellen, dass sich die beispiellosen Preisspitzen nicht wiederholen. So wurde u. a. die Bündelung der Gasnachfrage für 15 % der Auffüllung der Reserven vorgeschrieben. Das wären etwa 13,5 Milliarden Tonnen, immer noch ein Bruchteil der 338 Milliarden Kubikmeter, die die EU im Jahr 2021 importieren wird. Sefcovic sagte, er habe Interesse an gemeinsamen Käufen von industriellen Gasverbrauchern in Sektoren wie Stahl, Aluminium, Keramik, Glas und Automobilproduktion festgestellt.

Auf der Angebotsseite sind laut Sefcovic mehr als 50 Unternehmen aus der ganzen Welt daran interessiert, über die Energieplattform mit Europa in Kontakt zu treten. Nach der ersten Ausschreibung wird die EU regelmäßig weitere gemeinsame Einkäufe am Gasmarkt organisieren, um sicherzustellen, dass der Block über genügend Gas verfügt. Zwar sind die europäischen Gasspeicher vor allem dank des milden Winters noch zu etwa 61 % gefüllt, aber der Schwerpunkt liegt bereits auf dem Auffüllen der Reserven vor der nächsten Heizperiode ab Herbst 2023.

„Ich bin sehr gegen jegliche Selbstzufriedenheit oder das Gefühl, dass die schwierigen Zeiten des letzten Jahres vorbei sind, weil wir nicht wissen, was dieses Jahr für uns bereithält“, sagte Sefcovic. „Was immer wichtiger wird, ist, dass wir mit den Preisen umgehen müssen. Wir können unsere Wirtschaft nicht mit einem so großen Preisgefälle im Vergleich zu den USA oder China antreiben“.

FMW/Bloomberg



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10 Kommentare

  1. „Gemeinsame Gaseinkäufe sind ein neues Instrument, das die EU einsetzt, um den sprunghaften Anstieg der Energiekosten zu begrenzen, der *durch die Kürzung der russischen Lieferungen* nach dem Einmarsch Moskaus in der Ukraine ausgelöst wurde. “

    Die Wahrheit ist, daß Russland sogar noch heute Gas durch die Ukraine nach Europa liefert und stets darauf gedrängt hat auch NS2 für weitere Lieferungen freizugeben – bis die USA mit der Sprengung der Pipelines diesem Szenario ein Ende bereitet haben.

    Es sind die Sanktionen des Westens die maßgeblich für die Preissteigerungen im Energiebereich verantwortlich sind.

  2. 24 Milliarden m3 in 3 Jahren
    oder 8 Milliarden m3 im Jahr, ist etwa 1/7 der Kapazität von N1.
    Selbst die eine noch angeblich intakte Röhre von N1 würde mehr als diese 24 Milliarden m3 liefern können. *Allerdings pro Jahr*.
    Aber- da kauft die EU lieber zusätzlich das verflüssigte Ergas aus Russland zu einem vielfachen Preis. Und fördert damit einen gigantischen CO2 Ausstoß, alleine durch die Verflüssigung.
    Das ist der organisierte Wahnsinn.

    Viele Grüße aus Andalusien Helmut

    1. der Plan ist ja vermtulich, dass wir jetzt sinnlos CO2-Kontingente verprassen, damit wir später noch härter CO2 einsparen müssen. Der CO2 Ausstoß muss auch vielfach höher besteuert werden, wir brauchen schließlich das Geld, das man vorher aus dem Fenster warf um es wieder hinauswerfen zu können, Geldkreislauf und Umlaufgeschwindigkeit sind da die Schlagwörter.

    1. Hallo Helmut,

      interessant ist doch die Gesamtmenge an Gas, nicht die prozentuale Steigerung von LNG, dessen anteilige Liefermenge nach Europa sicherlich vergleichseise gering war, bevor Putin die Pipelines zudrehte.
      Vielleicht finden Sie einmal die Zeit zu recherchieren, wieviel Gas aus Russland vor dem Überfall auf die Ukraine insgesamt nach Europa floss, und was davon der Anteil an LNG war.

      Ich habe derzeit keine Zeit und Lust dazu, deshalb mache ich es wie Sie und ottonorma, und behaupte einfach mal, bis das Gegenteil bewiesen wird. Den weiteren, bei Ihnen beiden üblichen Schritt, die Beweise dann zu ignorieren und einfach wieder mit meinen Behauptungen von vorne zu beginnen, werde ich Ihnen allerdings ersparen. Versprochen!

      1. @Michael, da liegen Sie völlig richtig mit Ihrer Vermutung:
        https://www.consilium.europa.eu/de/infographics/eu-gas-supply/
        https://image.capital.de/32963496/t/vN/v2/w960/r0/-/bezug-im-wandel—bbg.jpg

        Sieht nicht so aus, als würden die Invasoren und Kriegstreiber noch eine sonderlich große Rolle spielen.
        Ohne den Verräter und Renegaten aus Ungarn wäre Russengas ebenfalls mit EU-Sanktionen belegt. Und auch Spanien bereichert sich noch etwas, doch insgesamt ist die Entwicklung sehr erfreulich.

  3. Ist ja nur noch bis 2025, maximal 2030, dann verkaufen wir das Gas, welches wir nicht mehr benötigen und jetzt für die nächsten hundert Jahre einkaufen, nach Russland. Ich weiß nicht warum Herr Fugmann die Genialität der EU so maßlos unterschätzt.

  4. Hallo Michael,
    selbst wenn in Erfahrung gebracht werden könnte, wieviel Gas und Öl Russland direkt in die EU liefert, wieviel als legale Beimischung, wieviel auf See umgepumpt wird, mit den 600 Tankern ohne Transponder irgendwo angeliefert wird, von Indien „gewaschen“ wird, auf hoher See umdrehen und zurück in die EU fahren, weil sie lieber die Vertragsstrafe in Asien zahlen, wegen dem hohen Preis in der EU, wieviel Öl Saudi-Arabien abnimmt, dann wissen wir immer noch nicht, wieviel mal teurer z. B. das LNG egenüber dem ehemalien Pipelinegas verkauft wurde.
    Und wir werden auch nicht alle Wege kennen, auf denen russisches Öl und Gas den Weg zu den Abnehmern in der Welt findet.
    Natürlich ist auch viel Propaganda im Spiel, und man redet sich gerne die Kosten hoch die Russland nun hat, bzw. Einnahmeverluste.
    Nur, dass alleine 2022 Deutschland Sonderschulden in der Höhe von etwa 9000 Tonnen Gold machen musste, damit für den Bürger die Sanktionen gegen Russland einigermaßen erträglich werden, gehen in den Regierungsmedien unter, wenn Russland 3 Tonnen Gold verkauft hat, die wahrscheinlich an eine Prägeanstalt gegangen sind.
    Was für Folgen der Krieg und die Sanktionen für den Handel und die Währungen haben wird, werden wir erst sehen, wenn nach dem Krieg ein Schlussstrich gemacht wird.
    Die USA mussten sogar 1971 wegen ihrer Kriege in der Welt die Golddeckung des Dollar aufheben.
    Ich kann mir aber vorstellen, dass Deutschland
    (abgesehen von dem Leid den das ukrainische Volk erleidet) der größte Verlierer sein wird, was sich noch „optimal“ durch die Sektenpolitik von Rot/Grün verstärkt.
    Mal sehen was kommen wird.

    Viele Grüße aus Andalusien Helmut

    1. Hallo Helmut,

      ich wollte eigentlich nur wissen, wie der Anteil von russischem LNG am Gesamtvolumen ist bzw. war. Der restliche Salmon bis hin zum historischen Ausflug in die 70er Jahre interessiert mich nicht im Geringsten, den kenne ich inzwischen schon auswendig. Dass LNG auf hoher See umgepumpt wird, halte ich für unwahrscheinlich, falls es technisch überhaupt möglich ist.
      Da hat mir die kurze knackige Aussage von Herrn Stiller wesentlich weiter geholfen. Dank dafür @Anton Stiller!

  5. Hier noch ein kleiner Beitrag.

    Wie Europas Öl-Geschäfte weiter Russlands finanzieren

    https://www.investigate-europe.eu/de/2023/europa-reedereien-oel-geschaeft-russland/

    Viele Grüße aus Andalusien Helmut

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