Ein weiteres Zeichen für die Deeskalation zwischen EU und USA? Die Europäische Union erklärt sich bereit, die Verhandlungen mit den USA zu beschleunigen, um einen transatlantischen Handelskrieg zu vermeiden. Damit signalisierte sie nur wenige Tage, nachdem Präsident Donald Trump der EU vorgeworfen hatte, die USA auszunutzen und die Verhandlungen zu verzögern, eine versöhnlichere Haltung.
„Es gibt jetzt einen neuen Impuls für die Verhandlungen“, sagte Paula Pinho, eine Sprecherin der Europäischen Kommission, heute Nachmittag laut Bloomberg gegenüber Reportern, einen Tag nachdem Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit Trump telefoniert hatte. „Sie haben vereinbart, die Handelsverhandlungen zu beschleunigen und in engem Kontakt zu bleiben.“
Nach dem Telefonat verlängerte Trump die Frist für die Einführung von 50-prozentigen Zöllen auf EU-Importe um mehr als einen Monat bis zum 9. Juli, um weitere Verhandlungen zu ermöglichen. „Wir hatten ein sehr nettes Gespräch, und ich habe zugestimmt, die Frist zu verlängern“, sagte Trump am Sonntag gegenüber Reportern.
Die bisherigen Gespräche waren von einer Vielzahl von Problemen geprägt, und es gibt keinen klaren Weg zu einer Einigung, die beide Seiten zufriedenstellen würde. Die Europäer haben sich darüber beschwert, dass nicht klar sei, was die USA wollen oder wer überhaupt für den amerikanischen Präsidenten spricht, während die USA der EU vorwerfen, US-Unternehmen mit Klagen und Vorschriften unfair zu behandeln.
Der EU-Handelsbeauftragte Maros Sefcovic sollte heute mit US-Handelsminister Howard Lutnick sprechen. Die EU-Botschafter wollten ebenfalls heute zu einer kurzfristig anberaumten Sitzung zusammenkommen, um die jüngsten Entwicklungen mit der EU-Kommission zu erörtern. Die US- und europäischen Aktienindex-Futures stiegen am Montag zusammen mit den asiatischen Aktien.
Trumps Drohung mit 50-prozentigen Zöllen würde laut Berechnungen von Bloomberg Economics den Handel zwischen den USA und der EU im Wert von 321 Milliarden Dollar treffen, das US-Bruttoinlandsprodukt um fast 0,6 % senken und die Preise um mehr als 0,3 % in die Höhe treiben. Nach einem ersten Austausch von Dokumenten lehnte die USA letzte Woche einen Vorschlag der EU-Kommission ab, die Handelsangelegenheiten im Namen der 27 EU-Mitgliedstaaten wahrnimmt. Die EU hatte angeboten, gemeinsam Zölle auf Industriegüter abzuschaffen, den Zugang für einige amerikanische Agrarprodukte zu verbessern und gemeinsam KI-Rechenzentren zu entwickeln, berichtete Bloomberg.
Die EU hat zwar erklärt, dass ihre Priorität darin besteht, eine Verhandlungslösung mit den USA zu finden, aber sie hat sich auch auf Vergeltungsmaßnahmen vorbereitet, falls diese notwendig werden sollten. Als Reaktion auf Trumps Metallzölle hat die EU Zölle auf US-Waren im Wert von 21 Milliarden Euro genehmigt, die schnell umgesetzt werden können. Sie zielen auf politisch sensible US-Bundesstaaten ab und umfassen Produkte wie Sojabohnen aus Louisiana, der Heimat des Sprechers des Repräsentantenhauses Mike Johnson, sowie landwirtschaftliche Erzeugnisse, Geflügel und Motorräder.
Die EU bereitet außerdem eine zusätzliche Liste mit Zöllen auf US-Produkte im Wert von 95 Milliarden Euro vor. Diese Maßnahmen, die eine Reaktion auf Trumps „gegenseitige“ Zölle und Automobilzölle sind, würden Industriegüter wie Flugzeuge von Boeing, in den USA hergestellte Autos und Bourbon betreffen.
Einige Mitgliedstaaten haben angesichts der nahenden Frist für die Zölle zur Besonnenheit gemahnt. Die deutsche Wirtschaftsministerin Katherina Reiche sagte, die EU und die USA müssten sich vor den Gesprächen „beruhigen“. „Wir müssen eine gemeinsame Basis finden. Das muss das Ziel sein“, sagte Reiche heute bei einer Veranstaltung des Handelsblatts in Heilbronn. Gleichzeitig müsse die USA verstehen, dass Zölle auch ihr selbst schaden, sagte sie. „Es bleiben noch sechs Wochen, um eine Lösung zu finden“, so Reiche.
FMW/Bloomberg
Kommentare lesen und schreiben, hier klicken
Die Gemeinsamkeit von Präsidentin der Europäischen Kommission Dr. Ursula von der Leyen und Bundeskanzler Friedrich Merz ist die, daß beide mit dem 47. US-Präsidenten Donald John Trump regelmäßige Treffen/Kontakte vereinbart haben, und bereits jetzt mit Säbelrasseln in Sachen mögliche Vergeltungsmaßnahmen in Verbindung gebracht werden müssen. Konstruktiv/zielführend wäre es, zunächst die Resultate der vereinbarten Treffen/Kontakte mit Präsident Trump abzuwarten, und dann möglicherweise als Ultima Ratio Vergeltungsmaßnahmen auf den Weg zu bringen.
Hinzu kommt noch, daß Bundeskanzler Friedrich Merz und die Bundesministerin für Wirtschaft und Energie Katharina Reiche diesbezüglich wohl nicht mit einer Stimme sprechen. Ein Fall für den Chef des Bundeskanzleramtes Thorsten Frei.