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EU-Stahlzölle für den ganzen Planeten – unsere Meinung vs ifo-Institut

Ab heute erhebt die EU-Strafzölle auf alle Hersteller von Stahlprodukten außerhalb der EU. Also im Grunde genommen genau die Pauschalisierung, die Donald Trump ebenfalls vornimmt? Wir haben dazu gestern schon unsere (kleingeistige?) Meinung geäußert. Obwohl wir der EU-Kommission nicht oft zustimmen, so stimmen wir diesmal überein mit der Meinung von EU-Wettbewerbskommissarin Vestager, dass dieser Schritt nötig ist, weil Stahlproduzenten auf die EU als Absatzmarkt ausweichen mit ihrer Produktion, die sie nicht mehr in den USA absetzen können. Außerdem bleibt die Stahlimportmenge, die bislang schon in die EU kam, frei von Steuern – nur Überhänge, die erstmal in den nächsten 200 Tagen auftreten, sind betroffen.

Um also die künstlich herbeigeführte Vernichtung europäischer Stahlhersteller zu verhindern, muss die EU vorher handeln, und nicht nachher. In einem aktuellen Statement nimmt das ifo-Institut eine ganz andere Meinung ein. Es gebe zum Beispiel basierend auf vorliegenden Daten keine Anhaltspunkte, dass Preise in der EU sinken würden (Dumpingpreise von Ausländern um ihren Stahl hier loszuwerden). Dazu meinen wir: Ja klar gibt es diese Anzeichen noch nicht, weil man sowas erst in ein paar Monaten rückwirkend statistisch auswerten kann.

Soll man erst so lange warten, bis die Stahl-Flut schon monatelang in der EU „gewütet“ hat? Die Logik gebietet es, dass Zusatzmengen, die bislang in die USA verkauft wurden, nun zügig irgendwo anders abgesetzt werden müssen. Laut eigenem Wortlaut vom ifo-Institut von heute sei es noch viel zu früh um mögliche Strukturveränderungen erkennen zu können, weil die europäischen Handelsdaten erst bis April verfügbar sind. ifo nimmt diese Tatsache als Argument gegen EU-Zölle. Genau so kann man aber sagen, dass Vorsorge in diesem Fall besser ist, damit die Überschwemmung gar nicht erst eintritt.

So kann man auch sagen: Warum soll ein Deich befestigt werden? Die Flut ist doch gar nicht sichtbar… jetzt kann man auch ganz grundsätzlich argumentieren: Die EU habe sich auf Trumps Aufwärtsspirale im Handelskrieg eingelassen, und ist deswegen auch nicht besser als er. Wir meinen aber, dass es notwendig war, und dass Trump schuld hat, weil er nun mal damit angefangen hat. Geht man diesen Schritt nicht mit, zahlt die EU in Sachen Stahl den Preis für die Abschottung der USA. Aber gut, der eine sieht es so, der andere so. Hier die Meinung von ifo im Wortlaut:

Die von der EU für den 19. Juli 2018 geplanten Schutzzölle auf Stahl- und Aluminiumprodukte gegenüber allen Ländern sind aus Sicht des ifo Instituts eine kontraproduktive Maßnahme, die der EU insgesamt und auch dem Welthandel schadet. „Die Schutzzölle sind keineswegs Ausdruck ökonomischer Vernunft, sondern der Lobbystärke der Stahlbranche. Sie richten mehr Schaden an als Nutzen“, erklärt Gabriel Felbermayr, Leiter des ifo Zentrums für Außenwirtschaft.

Das Argument, sich vor einer durch die US-Zölle auf Stahl und Aluminium bereits jetzt ausgelösten Importflut zu schützen, lässt sich mit aktuellen Zahlen nicht belegen. Weder die Mengen noch die Importwerte der von Trump mit Zöllen belegten Produkte haben sich im Vergleich zu vergleichbaren Produkten auffällig entwickelt. Es ist auch kein systematischer Preisverfall bei Importen zu erkennen.

Weil die europäischen Handelsdaten erst bis April verfügbar sind, ist es noch viel zu früh, um mögliche Strukturänderungen zu erkennen. Zudem schwächt die EU die WTO und die Anti-Trump-Allianz mit diesen Schutzzöllen. Gleichzeitig provoziert die EU, dass auch andere Länder Schutzzölle nach derselben Argumentation erlassen. Es käme zu einer de facto Renationalisierung des globalen Stahl- und Aluminiumhandels (25% Importzölle an allen maßgeblichen Grenzen).

Leidtragende sind die stahlverbrauchenden Industrien und die Verbraucher, weil die Schutzzölle die Stahl- und Aluminiumpreise in die Höhe treiben.

Gerade im Stahlbereich sind bereits eine Reihe von Maßnahmen in Kraft, um die europäische Industrie vor Billigstahl ausländischer Herkunft zu schützen. Die EU sollte weiter konsequent daran arbeiten, gemeinsam mit den anderen Stahlproduzenten die globalen Überkapazitäten abzubauen.

Stahlzölle
Stahlproduktion. Foto: Deutsche Fotothek‎ / Wikipedia (CC BY-SA 3.0 de) – Ausschnitt aus Originalfoto



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2 Kommentare

  1. Also jetzt bin ich ja total überrascht. Die EU handelt vorsorglich, vorausschauend und so unglaublich rasch und ausgewogen. ABER, die ifo wird in einigen Monaten verlautbaren, dass sie ja doch mit ihrer Meinung Recht hatte, da sich ja der Stahlpreis nicht maßgeblich verändert habe. Die sollen doch schlicht weg Statistiken erheben und Markteinschätzungen denen überlassen die auch Ahnung davon haben. Daumen hoch für diese Entscheidung der EU( eine seltene Überzeugung meinerseits). Ich hoffe nur, dass diese Entscheidung auch massiv kommuniziert und erklärt wird. Allen nationalen Strömungen innerhalb der EU sei ins Stammbuch geschrieben, dass ich es gerne sehen würde wie sich nationale „Stahlkocher“ wohl schützen würden wollen.

  2. Die Stahlzölle sind doch nur eine Metapher für derzeit globale wirtschaftliche Dissonanzen, und Trump hat längst den Startschuss hierfür gegeben. Auge um Auge…wann verhängt China höhere Einfuhrzölle für ausländische Fahrzeuge..weil die Europäer jetzt noch mehr versuchen müssen, den chinesischen Markt zu fluten? Trump hat damit begonnen, aber der Rest der Welt hat gerade nichts Besseres zu tun als bei dem fatalen Spiel mitzuspielen.
    Grundsätzlich hat das ifo-Institut ja Recht, wobei jedoch die Ursachenbehebung bzw. die eigentliche Ursache nicht in die institutionellen Gedankenströme einfließt…

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