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Reaktion auf hohe Energiekosten Wie die EU 140 Milliarden Euro Übergewinne an Verbraucher umleiten will

Die EU-Kommission hat Ideen gegen die Energiekrise verkündet. Unter anderem sollen 140 Milliarden Euro Übergewinne umgeleitet werden an die Verbraucher.

EU-Flaggen

Privatverbraucher, kleine Gewerbetreibende und große Industriekunden drängen gleichermaßen auf eine Lösung der Energiekrise. Die Energiekosten müssen endlich sinken. Ist die heutige Verkündung auf EU-Ebene ein großer Schritt in die richtige Richtung? Die EU will laut Bloomberg mehr als 140 Milliarden Euro an Gewinnen der Energieindustrie zu den unter den steigenden Preisen leidenden Verbrauchern umleiten. Das erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen heute in ihrer Grundsatzrede vor dem EU-Parlament in Straßburg. Diese Summe ergebe sich aus der geplanten Beschränkung der Einnahmen von Stromerzeugern, die mit erneuerbaren Energien oder Kernkraft arbeiten, und nicht mit dem immer teurer werdenden Erdgas, sagte von der Leyen.

“In unserer sozialen Marktwirtschaft sind Gewinne etwas Gutes”, sagte die Kommissionspräsidentin in ihrer jährlichen Rede zur Lage der Union. “Aber in diesen Zeiten ist es falsch, auf dem Rücken der Verbraucher außerordentliche Rekordgewinne (die „Übergewinne“) zu erzielen und so vom Krieg zu profitieren.”

Mit dem Strompreisdeckel und Maßnahmen zur Senkung des Stromverbrauchs will die Kommission die Energiekrise eindämmen, die seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine die Union erschüttert. Die Erklärung ist der Startschuss für Verhandlungen mit den Mitgliedsstaaten, die angesichts der Meinungsunterschiede zermürbend werden dürften. Die Idee, eine Preisobergrenze für russisches Gas einzuführen, musste Ursula von der Leyen laut Bloomberg bereits aufgeben. Allerdings geben die Gaspreise zuletzt nach – und das zum Teil aufgrund der Pläne der EU.

Kampf gegen die Energiekrise – Abschöpfung der Übergewinne – Pläne der EU im Detail

Werfen wir einen Blick auf die Detailaussagen von Ursula von der Leyen und die Pläne der EU-Kommission. Laut heutiger Mitteilung hat man entsprechende Notfallmaßnahmen auf den europäischen Energiemärkten vorgeschlagen. Dazu gehören zum einen Sondermaßnahmen zur Verringerung der Stromnachfrage. Zum anderen schlägt die EU-Kommission eine befristete Erlösobergrene für Stromerzeuger mit geringeren Kosten und einen Solidaritätsbeitrag auf der Grundlage der Übergewinne (oder auch Überschussgewinne) vor, die aus Tätigkeiten im Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriebereich anfallen. Die darüber erzielten Einnahmen sollen an Haushalte und Unternehmen umverteilt werden.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wird so zitiert: „Die Aggression und die Manipulationen Russlands beeinträchtigen die globalen und europäischen Energiemärkte und erfordern eine entschlossene Antwort von unserer Seite. Die Kommission legt heute weitere Vorschläge vor, die die Mitgliedstaaten rasch annehmen und umsetzen können, um die Belastungen für Haushalte und Unternehmen zu verringern. Wir stehen Putins Einsatz von Erdgas als Waffe weiter geschlossen gegenüber und werden die Auswirkungen der hohen Gaspreise auf unsere Stromkosten in diesen außergewöhnlichen Zeiten möglichst gering halten.“

Vier Maßnahmenblöcke schlägt die EU-Kommission zur Lösung der Energiekrise vor. Hier im Wortlaut:

Stromverbrauch soll während Spitzenpreiszeiten um mindestens 5 Prozent sinken

Als erste Reaktion auf die hohen Preise gilt es, die Nachfrage zu senken. Dies kann sich auf die Strompreise auswirken und insgesamt zur Beruhigung des Marktes beitragen. Um auf die Stunden am Tag abzuzielen, an denen der Stromverbrauch am teuersten ist und sich die Stromerzeugung aus Erdgas erheblich auf den Preis auswirkt, schlägt die Kommission eine Verpflichtung vor, den Stromverbrauch während ausgewählter Spitzenpreiszeiten um mindestens 5 Prozent zu senken. Die Mitgliedstaaten müssen die 10 Prozent Stunden mit dem höchsten erwarteten Preis ermitteln und die Nachfrage während dieser Spitzenzeiten verringern. Ferner sollen sich die Mitgliedstaaten nach dem Vorschlag der Kommission darum bemühen, die Gesamtnachfrage nach Strom bis zum 31. März 2023 um mindestens 10 Prozent zu senken.

Für diese Nachfragereduzierung können sie geeignete Maßnahmen wählen, der auch einen finanziellen Ausgleich umfassen kann. Eine Senkung der Nachfrage zu Spitzenzeiten würde den Gasverbrauch über den Winter um 1,2 Milliarden Kubikmeter verringern. Die Steigerung der Energieeffizienz ist auch ein wesentlicher Bestandteil unserer Klimaschutzverpflichtungen im Rahmen des europäischen Grünen Deals.

180 Euro/Megawattstunde: Befristete Erlösobergrenze für Stromerzeuger durch erneuerbare Energien, Kernenergie und Braunkohle

Die Kommission schlägt darüber hinaus eine befristete Erlösobergrenze für „inframarginale“ Stromerzeuger vor, d. h. für Technologien mit geringeren Kosten wie erneuerbare Energien, Kernenergie und Braunkohle, die Strom an das Netz zu Kosten liefern, die unter dem von den teureren „marginalen“ Erzeugern gesetzten Preisniveau liegen. Diese inframarginalen Erzeuger haben zu relativ stabilen Betriebskosten außerordentliche Erlöse erzielt, da teure Gaskraftwerke den Großhandelsstrompreis, den sie erhalten, in die Höhe getrieben haben.

Die Kommission schlägt vor, die Erlösobergrenze für inframarginale Erzeuger auf 180 Euro/Megawattstunde festzusetzen. Dies wird den Erzeugern die Deckung ihrer Investitions- und Betriebskosten gestatten, ohne dass Investitionen in neue Kapazitäten im Einklang mit unseren Energie- und Klimazielen für 2030 und 2050 gefährdet werden. Erlöse oberhalb der Obergrenze werden von den Regierungen der Mitgliedstaaten abgeschöpft und verwendet, um die Verbraucher bei der Senkung ihrer Energiekosten zu unterstützen.

Mitgliedstaaten, die mit Strom handeln, werden ermutigt, im Geiste der Solidarität bilaterale Vereinbarungen zu schließen, nach denen ein Teil der vom Erzeugerstaat abgeschöpften inframarginalen Erlöse an die Endverbraucher in dem Mitgliedstaat mit geringer Stromerzeugung weitergegeben wird. Solche Vereinbarungen werden bis zum 1. Dezember 2022 in Fällen geschlossen, in denen die Nettostromeinfuhren eines Mitgliedstaats aus einem Nachbarland mindestens 100 Prozent betragen.

Solidaritätsbeitrag auf Basis der Überschussgewinne für Erdöl, Erdgas und Kohle

Drittens schlägt die Kommissionen einen befristeten Solidaritätsbeitrag auf der Grundlage von Überschussgewinnen vor, die aus Tätigkeiten im Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriebereich erzielt werden, für welche die Erlösobergrenze für inframarginale Erzeuger nicht gilt. Mit diesem befristeten Beitrag blieben Investitionsanreize für den grünen Wandel gewahrt.

Der Beitrag würde von den Mitgliedstaaten auf Gewinne im Jahr 2022 erhoben, die um mehr als 20 Prozent über den durchschnittlichen Gewinnen der vorangegangenen drei Jahre liegen. Die Einnahmen würden von den Mitgliedstaaten erhoben und an Energieverbraucher, insbesondere an schutzbedürftige Haushalte, stark betroffene Unternehmen und energieintensive Branchen weitergegeben. Die Mitgliedstaaten können auch grenzübergreifende Projekte im Einklang mit den Zielen von REPowerEU finanzieren oder einen Teil der Einnahmen für die gemeinsame Finanzierung von Maßnahmen zum Schutz von Arbeitsplätzen oder zur Förderung von Investitionen in erneuerbare Energien und Energieeffizienz verwenden.

Energiepreis-Toolbox erweitern und Gaspreisdeckel prüfen

Als weiteren Eingriff in die Vorschriften für den Strommarkt schlägt die Kommission zudem vor, die zur Verfügung stehende Energiepreis-Toolbox zu erweitern, um die Verbraucher zu unterstützen. Die Vorschläge würden erstmals regulierte unter den Kosten liegende Strompreise ermöglichen und regulierte Preise auch auf kleine und mittlere Unternehmen ausweiten.

Die Kommission wird ihre Beratungen mit den Mitgliedstaaten über die beste Vorgehensweise zur Senkung der Gaspreise vertiefen. Sie wird dabei verschiedene Möglichkeiten für Preisobergrenzen prüfen und die Rolle der EU-Energieplattform bei der Erleichterung von Vereinbarungen mit den Lieferanten über niedrigere Preise durch eine freiwillige gemeinsame Beschaffung stärken.

Die Kommission wird zudem weiterhin an Instrumenten zur Verbesserung der Liquidität auf dem Markt für Energieversorgungsunternehmen arbeiten und den befristeten Krisenrahmen für staatliche Beihilfen überprüfen, damit dieser den Mitgliedstaaten – unter Gewährleistung gleicher Wettbewerbsbedingungen – weiterhin die erforderliche und verhältnismäßige Unterstützung der Wirtschaft ermöglicht. Auf der außerordentlichen Tagung des Rates „Energie“ am 9. September haben die Energieminister der Mitgliedstaaten die laufenden Arbeiten der Kommission in diesen Bereichen gebilligt.

FMW/Bloomberg/EU-Kommission



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1 Kommentar

  1. Die Energie-Preise sind schon lange vorher gestiegen. Künstlich Inflationiert durch die Notenbanken und die Regierungen mit Ihrem digitalem Gelddrucken. Der Markt war schon VOR der Invasion in die Ukraine Überkauft. Putin’s Invasion hat nur noch Feuer auf den Großbrand geschüttet.
    Die FED und die EZB tragen die Hauptverantwortung für die Inflation, sind sie nicht mit Unabhängigkeit von dem politischen Willen der Regierungen ausgestattet worden und einzig und alleine für Preisstabilität verantwortlich??!! Zumindest die EZB hat KEIN anderes Mandat, auch nicht die Eigenwillige Ermächtigung für/oder gegen den Klimaschutz zu finanzieren, das ist alleine dem Willen des Wählers überlassen und NICHT einer nicht gewählten Institution, wie der EZB!!!

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