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Euro Stoxx 50: Indexumbau – kommt Europas Index aus seinem Tief?

Ausgerechnet der Euro Stoxx 50, der sich aus 50 großen Unternehmen aus der Eurozone - von Adidas bis Volkswagen - zusammensetzt, war in den letzten beiden Jahrzehnten für Investoren ein richtiger Reinfall

Das Investieren in einen Index ist zur Mode geworden: Ob in den MSCI World, den S&P 500 oder auch in ein Indexzertifikat auf den Dax oder den Euro Stoxx 50. Dabei weisen die großen Baskets ziemlich große Unterschiede in ihrer langfristigen Entwicklung auf. Ausgerechnet der Euro Stoxx 50 fällt hier als Investment im großen Wirtschaftsraum der Eurozone so richtig aus dem Rahmen – im negativen Sinne. Die Indexumstellung im September soll daran etwas ändern.

Die leidige Performance des EuroStoxx 50

Man kann es kaum glauben: Ausgerechnet der Euro Stoxx 50, der sich aus 50 großen Unternehmen aus der Eurozone – von Adidas bis Volkswagen – zusammensetzt, war in den letzten beiden Jahrzehnten für Investoren ein richtiger Reinfall.

Weit entfernt von seinem Hoch vom 6. März 2000 mit 5464 Punkten, stand er gestern gerade einmal bei 3324 Punkten. Klar hatte er im Zuge der Dotcom-Bubble 66 Prozent verloren, aber von diesem Einbruch konnte er sich bis heute nicht mehr richtig erholen. Auch die 10-Jahresbilanz spricht Bände, im Vergleich zu anderen Indizes (Stand 8.9. 2020):

S&P 500: plus 202 Prozent
DAX: plus 108 Prozent
EuroStoxx 50: plus 17 Prozent

Was waren die Gründe für diese Underperformance trotz boomender Börsen rund um den Globus? Sicherlich die Zusammensetzung des Index. Es war zu einem guten Teil der Finanzsektor, der sich seit Beginn der Jahrtausendwende immer mehr aufgebläht hatte, aber von da an in Europa nicht mehr richtig auf die Beine kam.

Der Euro Stoxx 50 ist, wie die meisten Indizes, mittels der Marktkapitalisierung aufgebaut – und da gab es reihenweise schwergewichtige Bankentitel. Wer erinnert sich nicht an Titel wie die Dresdner Bank, die Hypobank oder unsere verbliebenen Privatbanken Commerzbank und Deutsche Bank, vormals richtig schwere Aktien, die aber weit über 90 Prozent ihrer Marktkapitalisierung verloren haben und nicht mehr im Index vertreten sind. Trotz des Ausscheidens einiger Finanztitel hat die Branche immer noch ein Gewicht von 14 Prozent im europäischen Index. In den USA beträgt dieses Gewicht im S&P 500 10 Prozent, allerdings bringt der Tech-Sektor 28 Prozent auf die Waage. Beim Euro Stoxx 50 sind es bei den Tech-Werten nur 14 Prozent – klar, dass mit einem solchen Mix und einem taumelnden Bankensektor in der Eurozone damit kein Mithalten in der Performance zu den US-Indizes möglich war.

Der Umbau des Euro Stoxx 50 zum 21. September

Mit BBVA und Société Générale werden zwei Großbanken aus dem Euro Stoxx 50 eliminiert, dazu mit Orange und Telefonica zwei Telekommunikationskonzerne und unser deutscher Gesundheitskonzern Fresenius. Das Gewicht an Finanztiteln im Index schrumpft ein weiteres Mal, an Banken verbleiben nur noch vier Unternehmen: Intesa, ING, BNP und Santander. Kein Titel aus Deutschland, aber die Versicherungsriesen Allianz, Münchener Rück sowie die Deutsche Börse.

Neu aufgenommen werden mit Adyen und Prosus zwei holländische Tech-Werte. Adyen ist auf Zahlungsverkehr spezialisiert, ein sehr teurer Konkurrent der bankrotten Wirecard in dieser Wachstumsbranche mit einem KGV von 200.

Die zweite Neuaufnahme, Prosus, ist eine Holding mit Beteiligung an anderen internationalen Tech-Unternehmen, wie zum Beispiel an dem chinesischen Konzern Tencent (31 Prozent) und auch an unserem Dax-Aufsteiger Delivery Hero. Die Bewertung ist mit einem KGV von 40 deutlich niedriger als bei Adyen.

Der dritte Titel ist Kone, ein finnisches Unternehmen, welches Aufzüge, Rolltreppen und Ähnliches herstellt. Damit nimmt man einen klassischen Industriewert mit einem Börsenwert von 32 Milliarden Euro und einem KGV von 40 in den Index auf. Aufsteiger Nummer vier in den Euro Stoxx 50  ist der französische Spirituosenhersteller Pernod Ricard mit einem Börsenwert von 37 Milliarden Euro und einem KGV von 27. Getrunken wird immer, denn das Geschäft wurde weder in Europa noch in den USA durch Corona groß beeinträchtigt.

Der Letzte im Quintett ist der deutsche Wohnungskonzern Vonovia, ein Profiteur des Booms in einer Branche, die sehr von den europäischen Niedrigzinsen profitiert hat. Das Unternehmen mit seinem Portfolio von rund 400.000 Wohnungen in Deutschland, Österreich und Schweden kommt auf eine Bewertung von 32 Milliarden Euro und einem KGV von 32. Nach einem kleinen Kursrutsch wegen einer Kapitalerhöhung vor wenigen Tagen, erholt sich das Unternehmen bereits wieder und läuft interessanterweise im letzten Halbjahr fast synchron mit dem Dax nach oben.

Alles in allem sind die aufsteigenden Titel keine KGV-Schnäppchen, aber eben auch welche mit Zukunftsaussichten. Kurzfristig könnten die Titel von der Aufnahme in eine höhere Indexklasse deds Euro Stoxx 50 profitieren – Stichwort Indexkäufe – aber diese Aussichten wurden an den Börsen in letzter Zeit jedoch schon zuhauf antizipiert und überkompensiert.

Fazit

Der Umbau im Euro Stoxx 50 wird sicherlich ein wenig an seiner künftigen Wertentwicklung ändern. Der Index war lange „oberbanked“ und diese Branche steht im Zeitalter der Digitalisierung weiter unter Druck. Aber im Index befinden sich auch jede Menge an Industriewerten, von Automobil über Chemie Gesundheit, Telekommunikation und Versorgern, als eher Titeln aus der Value-Branche. Deren Renaissance könnte den Euro Stoxx 50 mehr beflügeln als die Aufnahme von Aufzug-, Sprituosen-, oder Immobilientiteln, ohne deren Zukunftsaussichten jetzt in Frage stellen zu wollen.

Der Euro Stoxx 50 wird umgebaut - entwickelt sich der Index dann besser?



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